Foodtrends

Kommt jetzt der Burger aus der Petrischale?

Burger mit zwei Patties und Pommes als Beilage
Fleisch ohne Massenschlachtungen? Unternehmen wollen das in den kommenden Jahren ermöglichen. (Foto: © Grafvision/stock.adobe.com)
Was wäre, wenn für Burger oder Steaks nicht mehr Tiere in Massen sterben müssen? Für Forscher ist das keine Utopie – sie tüfteln an gezüchtetem Fleisch aus Muskelzellen. 
Montag, 30.08.2021, 08:31 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Burgerhack aus dem Labor, das gewöhnlichem Fleisch sehr ähnlich sieht und sich im Geschmack kaum unterscheidet: Geht es nach Start-ups und Lebensmittelexperten, könnte Fleisch aus gezüchteten Zellen von Tieren schon in wenigen Jahren Realität sein.

Von der Gewebeprobe zum Burger-Patty

„In Zukunft könnte der Fleischmarkt dreigeteilt sein“, glaubt Thomas Herget, Leiter der Innovation Hubs von Merck in Kalifornien und China. Der Pharma- und Chemiekonzern tüftelt seit rund drei Jahren an Technologien, die zur Produktion von kultiviertem Fleisch und Fisch benötigt werden. Die Idee: Statt Schweine oder Hühner in Fabriken für die Schlachtung zu mästen, entnimmt man im ersten Schritt chirurgisch nur eine kleine Gewebeprobe von einem Tier. Danach werden die Zellen im Labor isoliert und kultiviert, bevor sie in großem Stil in Bioreaktoren gezüchtet und umgewandelt werden. Zum Schluss wird die Zellmasse verarbeitet und kann etwa zu Burgerfleisch geformt werden.

Der Umwelt zuliebe

Für Laborfleisch sprechen Umweltschutz und Tierwohlgedanken: Laborfleisch habe gemessen an konventionell erzeugtem europäischem Fleisch das Potenzial, die landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen um 78 bis 96 Prozent zu senken, 99 Prozent weniger Flächen und 82 bis 96 Prozent weniger Wasser zu verbrauchen, schätzten Forscher der Universität Amsterdam und Oxford. Andere Studie betonen, dass bei Vergleichsrechnungen der Einsatz von erneuerbaren Energien entscheidend ist.

„Prinzipiell ist es zu begrüßen, wenn für Fleisch keine Tiere sterben müssen und Umweltschäden begrenzt werden“, meint auch Stephanie Töwe, Landwirtschaftsexpertin bei Greenpeace. Es sei aber mehr Transparenz über die Klimabilanz von Laborfleisch sowie den Einsatz von Antibiotika in der sehr sterilen Umgebung nötig. Fleisch aus Tierzellen sei keine ferne Zukunftsmusik mehr, meint Töwe. Aus Greenpeace-Sicht gibt es aber mit Ersatzprodukten auf Pflanzenbasis genug Alternativen.

Der Geschmack ist ausschlaggebend

In der Tat haben Fleischersatzprodukte auf Pflanzenbasis einen Markt gefunden. Doch warum dann das aufwendige Züchten von Laborfleisch? Viele Menschen wollten nicht auf Fleischgenuss verzichten und lehnen Produkte auf Basis von Pflanzen ab, sagt Herget. „Kunden fragen nach Bestandteilen von echtem Fleisch wie Aminosäuren und auch dem richtigen Fleischgeschmack.“

Viele Hürden zu meistern

Bis kultiviertes Fleisch bei Merck ein größeres Geschäft wird, ist es noch ein weiter Weg. „Wir befinden uns in einer Pilotphase in einem noch kleinen Markt“, sagt Herget. Hürden bei Laborfleisch gibt es schließlich viele: Sei es die Entnahme und Isolation der Muskelzellen vom Tier, das Züchten von Laborfleisch im großen Stil und das Nachahmen von strukturiertem Fleisch wie Rindersteaks. „Das ist quasi der Heilige Gral des kultivierten Fleischs“, sagt Herget. Einfacher sind Zellmasse für Burger-Patties.

(dpa/NZ)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Fleisch im Labor
Fleischersatz
Fleischersatz

Cellzero Meat: Millionenförderung für Laborfleischforschung

Alternativen zur konventionellen Fleischproduktion – danach sucht ein Wissenschaftsverbund unter Federführung des Forschungsinstitutes für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf (Mecklenburg-Vorpommern). Im Mittelpunkt des mit rund 1,2 Millionen Euro geförderten Projektes „Cellzero Meat“ steht das im Labor hergestellte zellbasierte Fleisch.
Fleisch aus der Petrischale
In-vitro-Fleisch
In-vitro-Fleisch

Wiesenhof-Chef fordert Freigabe für Fleisch aus der Petrischale

Wiesenhof-Chef Peter Wesjohann fordert von der EU die Freigabe für den Verkauf von Fleisch aus der Petrischale. Sollte eine Ausweitung der Produktion möglich sein, kann er sich den Bau einer Fabrik für „Cultivated Meat“ in Deutschland vorstellen.
Brunch Platzl Hotels (Foto: © Platzl Hotels)
Geschmack
Geschmack

Food-Trends 2024 aus den Münchner Platzl Hotels

Der kulinarische Leiter des Hauses, Alex Raddatz-Bianco, gibt einen Einblick in die aktuellen Wünsche seiner Gäste. Auffällig ist dabei der Trend zu alkoholfreien Weinen und tierfreien Produkten in der bayerischen Landeshauptstadt. 
Die Berliner Food Week findet dieses Jahr im Oktober statt. (Foto: © Berlin Food Week)
Gastronomie
Gastronomie

10 Jahre Berlin Food Week

Vom 7. bis 13. Oktober 2024 findet das diesjährige Food-Festival wieder in der Bundeshauptstadt statt. Nunmehr in seiner zehnten Ausgabe. Im Jubiläumsjahr gibt es gleich mehrere positive Nachrichten.
Die Internorga 2024 in Hamburg zieht viele Besucher in ihren Bann (Foto: © Karoline Giokas)
Außer-Haus-Markt
Außer-Haus-Markt

Internorga präsentiert zahlreiche Highlights für ein begeistertes Publikum

Die diesjährige Internorga hält für das Fachpublikum wieder zahlreiche Lösungen und Innovationen bereit. Die Messehallen sind gefüllt mit neuen Produkten und Ideen. Einige davon wollen wir Ihnen hier vorstellen.
Hotdog-Genuss ganz ohne Reue bald möglich? Ein Heidelberger Unternehmen will eine neue Ära der Lebensmittelproduktion einläuten.
Novel Food
Novel Food

The Cultivated B. beantragt Zulassung für Laborfleisch

Fleisch aus dem Labor? Ja! Das Heidelberger Unternehmen The Cultivated B. hat als erstes Bio-Tech-Unternehmen ein zellkultiviertes Fleischprodukt bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) registriert. 
Pierre Nierhaus.
Ankündigung
Ankündigung

Trend-Expedition 2023: Mit Pierre Nierhaus um die Welt

Sie wollten schon immer einmal ferne Länder bereisen, die Welt sehen und die neuesten Foodtrends ausprobieren? Dann begeben Sie sich im Herbst 2023 auf Entdeckungsreise mit Pierre Nierhaus.
Laborfleisch
Kommentar
Kommentar

ProVeg reagiert auf den ersten Zulassungsantrag für zellkultiviertes Fleisch in Europa

Das Food-Tech-Unternehmen Aleph Farms hat bekannt gegeben, dass es in der Schweiz den Verkauf der weltweit ersten zellkultivierten Rindersteaks beantragt hat. Mathilde Alexandre, Corporate and Institutional Engagement Manager bei ProVeg International, bezeichnet den Schritt als überaus ermutigend.
Laborfleisch
Fleischersatz
Fleischersatz

USA genehmigen den Verkauf von Laborfleisch

Beginn einer neuen Ära: In den USA darf zum ersten Mal im Labor gezüchtetes Fleisch verkauft werden. Zwei Unternehmen haben nach eigener Aussage eine Genehmigung dafür erhalten.