Nachhaltige Küche

Ganz oder gar nicht

Simon Tress
Bio-Koch Simon Tress verwertes alle Teile von Gemüse und Tier. (Foto: © Ralph Koch; Simon Tress)
Nose-to-Tail und Leaf-to-Root: Bio-Koch Simon Tress über die Food-Trends und das Vorurteil, dass Bio zu teuer und damit nicht rentabel ist.
Mittwoch, 12.05.2021, 11:00 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Eine Mousse aus Schweinezunge oder eingelegte Kohlrabistiele – das klingt für die meisten Menschen gewöhnungsbedürftig. Sollte es aber nicht, findet Bio-Spitzenkoch und Bioland-Partner Simon Tress. In seinen Gerichten verwertet er alle Produkte in Gänze – vom Blatt bis zur Wurzel, von der Nase bis zum Schwanz.

Alle verwertbaren Teile nutzen

Für manche ist Simon Tress ein Vorbild, andere werfen ihm vor, polarisieren zu wollen. Für ihn selbst ist das, was er da tut, einfach normal. „Meine Familie arbeitet schon seit 71 Jahren ökologisch. Da ist doch klar, dass man den nächsten Schritt geht“, erklärt er. Der nächste Schritt, das ist nicht nur der Grundsatz, alle Bio-Produkte für seine Gerichte aus einem Umkreis von maximal 25 Kilometern zu beziehen oder die Etablierung eines CO2-Menüs. Es ist eben auch der klare Anspruch, alle verwertbaren Teile von Gemüse und Tieren zu nutzen.

Eine Knolle – etliche Möglichkeiten

Schön angerichtete Speise
Statt seine Gerichte zu benennen, listet Tress die Zutaten auf (Foto: © Ralph Koch; Simon Tress)

„Nicht wir machen den Teller, sondern die Natur“, so Tress. In seiner Küche landet daher nur, was gerade verfügbar ist – und das wird dann vollständig ausgekostet. So zum Beispiel bei Kohlrabi: Aus den Blättern werden Chips, die Stiele werden dünn aufgeschnitten und roh mariniert, aus der Schale stellt Tress ein geschmackintensives Pulver her, das er als besonderen Kick über die fertige Speise streuen kann, und das eigentliche Fruchtfleisch wird fermentiert.

Alles verwerten ist wirtschaftlich sinnvoll

Tress ist selbst auf dem Bauernhof großgeworden. Und was man heute als Food-Trends mit „Nose-to-Tail“ oder „Leaf-to-Root“ bezeichnet, war dort einfach Alltag. Die Familie verwertete alles, was das jeweilige Produkt hergab – nicht nur, weil es ökologisch sinnvoll ist, sondern auch aus reiner Wirtschaftlichkeit. Aus dem klassischen Bauernhof ist inzwischen ein Bio-Unternehmen geworden. Gemeinsam betreibt die Familie Tress ein Bio-Hotel, vier Bio-Restaurants und stellt zusätzlich Fertigprodukte in Bio-Qualität her. Überall setzt sich das fort, was Simon und seine drei Brüder in ihrer Kindheit auf dem Bauernhof gelernt haben.

Bio kann auch rentabel sein

Oft wird gesagt, dass bio zu teuer sei – auch in der Gastronomie. Simon Tress sieht das anders und beweist mit seinem Ansatz das Gegenteil. Denn der Einsatz regionaler und saisonaler Lebensmittel im Ganzen sowie der Fokus auf Gemüse statt auf Fleisch machen sein Konzept rentabel. Er findet: „Nachhaltigkeit darf keine Bürde sein. Man muss sich selbst fordern und aufs Produkt konzentrieren.“ Wenn sich mehr Hobby- und Profi-Köche für „Nose-to-Tail“ und „Leaf-to-Root“ begeistern, könnten diese nachhaltigen Geschmackserlebnisse für viele weitere Menschen zur Normalität werden.

(Bioland/NZ)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Steffen Disch
Todesfall
Todesfall

Spitzenkoch Steffen Disch ist gestorben

Trauer in der Gastronomieszene: Völlig überraschend ist Steffen Disch verstorben. Der Spitzenkoch war überregional für TV-Auftritte bei „Kabel eins“ bekannt.
Tom Kitchin
Nature to Plate
Nature to Plate

Tom Kitchin bringt seinen Signature-Style ins Brown’s Hotel in London

Spitzenkoch Tom Kitchin bringt seine „From Nature to Plate“-Philosophie nach London. In der Donovan Bar im Brown’s Hotel können Gäste bis zum 25. Mai 2025 saisonale Small Plates mit den besten Zutaten Schottlands genießen.
Tim Mälzer
TV-Tipp
TV-Tipp

Tim Mälzer: Altwerden ist nichts für Feiglinge

Der bekannte Koch war schon in vielen Formaten im TV zu sehen. Nun startet er ein neues Projekt. In der vierteiligen Doku „Herbstresidenz“ erlebt Mälzer gemeinsam mit dem Schauspieler André Dietz den Alltag in einem Pflegeheim.
Oberbürgermeister Manuel Just und Spitzenkoch Tristan Brandt
Pachtvertrag
Pachtvertrag

Tristan Brandt plant gastronomisches Erlebniskonzept für das Schlossparkrestaurant in Weinheim

Spitzenkoch Tristan Brandt und Oberbürgermeister Manuel Just haben am 24. Februar 2025 den Pachtvertrag für das Schlossparkrestaurant in Weinheim unterschrieben. Der kulinarische Unternehmer plant dort die Umsetzung eines neuen gastronomischen Konzepts, das einen kulinarischen Wohlfühlort in dem altehrwürdigen Gebäude bieten soll.
Ali Güngörmüs
Spitzenkoch
Spitzenkoch

Ali Güngörmüs setzt klare Grenzen bei Respektlosigkeit

Ali Güngörmüs ist Spitzenkoch und regelmäßig im Fernsehen zu sehen. Jetzt sprach er in einem Podcast über seine Erfahrungen als Koch und wie wichtig er es findet, sich in seine Mitarbeiter einzufühlen und Respekt voreinander zu haben. 
Franz-Josef Unterlechner
Historischer Sieg
Historischer Sieg

Erster deutscher Spitzenkoch gewinnt Prix International ArsNova

Er gilt als „Everest der Gastronomie“ – seit 1967 wird der ArsNova International Culinary Prize, der bis 2024 unter dem Namen Le Taittinger bekannt war, verliehen. Nun wurde erstmals ein Deutscher mit dem Preis ausgezeichnet. 
Dominik Wachter
Interview
Interview

Wie die Küchenpsychologie das Gästeerlebnis beeinflusst

Nicht nur das kulinarische Erlebnis, sondern auch die Psychologie der Gastronomie sorgt für ein unvergessliches Gesamterlebnis bei Gästen. Wie es Dominik Wachter gelingt, seine Gäste auf eine Reise mit allen Sinnen zu nehmen, verrät der Spitzenkoch im Interview. 
Simon Tress
Auszeichnung
Auszeichnung

Tressbrüder für vegetarisches Fünf-Gänge-Menü ausgezeichnet

„Miteinander für Mensch und Natur“ – das ist die Mission der Tressbrüder. Wie kein anderes Unternehmen stehen sie für biologische Qualität und Nachhaltigkeit. Eines ihrer vier Biorestaurants kann sich jetzt über eine Auszeichnung freuen. 
Thomas Bühner
Casual Fine Dining
Casual Fine Dining

Thomas Bühner bringt Winter-Pop-up nach München

Modern, überraschend und entspannt – genau so soll das „Casual Fine Dining“-Erlebnis sein, das Thomas Bühner Ende der Woche eröffnet. Der Genuss soll dabei an erster Stelle stehen – ohne Zwang und feste Menüfolge.