Zukunftsstudie

Fraunhofer-Institut erforscht Ernährungtrends 2035

Ein Stück künstliches Fleisch in einem Labor
Fleisch aus der Petrischale ist nur einer der Zukunftsszenarien, die das Fraunhofer Institut unter die Lupe genommen hat. (© HQUALITY/stock.adobe.com)
Eine Studie des Fraunhofer ISI zeigt: Die Foodtrends der Zukunft werden sich nicht mehr länger nur auf einzelne Speisen beschränken, sondern von globalen und digitalen Faktoren geprägt sein.
Mittwoch, 13.11.2019, 13:07 Uhr, Autor: Thomas Hack

Was essen wir 2035? Wie lassen sich Lebensmittel mit weniger Ressourcenverbrauch herstellen? Und wie sieht die Lebensmittel-Industrie der Zukunft aus? Diese und andere Fragen sind Teil des EU-Horizon 2020-Projekts FOX.  In diesem Projekt werden Zukunftsszenarien für den europäischen Lebensmittelsektor im Jahr 2035 entwickelt, wobei mehr als 100 Trends identifiziert wurden, die den Lebensmittelsektor beeinflussen könnten. Aus diesen wählten das FOX-Konsortium und externe Experten 50 Trends aus und hoben davon die 15 relevantesten hervor.

Lokale Lebensmittel-Kreisläufe

Was sind nun die wichtigsten Food-Trends und wie könnte die Lebensmittelindustrie der Zukunft aussehen? Der Trend „Lokale Lebensmittel-Kreisläufe“ etwa hat das Potenzial, ganze Ernährungssysteme zu verändern. Der Direktverkauf von Landwirten an Kunden hat zu verschiedensten Innovationen wie z.B. Abonnements für Essenskisten mit saisonalen Produkten oder von Bauernhöfen betriebene Online-Shops geführt. Diese Innovationen haben etliche Vorteile, darunter die Frische der Produkte, weniger Verpackungsmüll oder geringere Umweltschäden durch den entfallenden Lebensmitteltransport. Aus Klima- oder saisonalen Gründen kann es aber vorkommen, dass Verbrauchern der Zugang zu manchen Lebensmitteln verwahrt bleibt. Dennoch könnten die lokalen Lebensmittelkreise dazu beitragen, die Nahrungsmittelproduktion bis 2035 von zentralen Strukturen auf dezentrale und teilweise autonome Ernährungssysteme umzustellen.

Staatliche Vorschriften gegen Lebensmittelverschwendung

Eine weitere zentrale und im Projekt erforschte Frage ist, wie sich der Ressourcenverbrauch im globalen Ernährungssystem reduzieren lässt – der Trend zu Verringerung von „Lebensmittelabfällen und Verschwendung“ wird dabei sicherlich eine wichtige Rolle spielen. Die hohe Menge an Lebensmittelabfällen in den Industrieländern, die sich auf rund ein Drittel der jährlichen globalen Nahrungsmittelproduktion bzw. auf etwa 1,3 Milliarden Tonnen beläuft, zeigt die Ineffizienz des globalen Ernährungssystems auf. Das in vielen Teilen der Welt durch erschwerten Lebensmittelzugang verursachte Leid von Menschen und eine rasch wachsende Weltbevölkerung machen es unerlässlich, die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen. Das wachsende öffentliche Bewusstsein für dieses Thema könnte den gesellschaftlichen Druck und die staatlichen Vorschriften hierbei erhöhen und die Produktions- und Logistikprozesse verbessern. Niedrigere Kaufpreise könnten eine direkte Folge dieser Entwicklungen sein, die auf flexiblere Lebensmittelpreise und Rabatte für Lebensmittel nahe dem Verfallsdatum zurückzuführen sind.

Fleisch aus der Petrischale

Abschließend bleibt die Frage, was wir in Zukunft essen. Der Trend „alternative Proteine“ zeigt, dass Innovationen wie rein pflanzliche Fleischalternativen, Produkte auf Insektenbasis oder mittels modernster Biotechnologien hergestelltes Fleisch aus der Petri-Schale notwendig sein könnten, um den Proteinbedarf einer wachsenden Weltbevölkerung nachhaltig zu decken. Neben der Entwicklung alternativer Proteinprodukte müssen sich in Zukunft auch die Produktionssysteme und das Verbraucherverhalten ändern. Fleisch stellt aufgrund seines hohen Pro-Kopf-Verbrauchs in den USA (97 kg) und Europa (67 kg) und der damit verbundenen hohen Treibhausgas- und sonstiger Schadstoffemissionen eine besondere Herausforderung dar. Der Trend könnte zu einer Koexistenz von Fleisch- und alternativen Protein-Industrien führen, die sich gegenseitig ergänzen.

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen

Dr. Björn Moller, FOX-Projektkoordinator am Fraunhofer ISI, weist noch auf andere wichtige Trends hin, die es bei der Diskussion über das zukünftige Ernährungssystem zu berücksichtigen gilt: „Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen werden einen wichtigen Einfluss auf die Nahrungsmittelproduktion haben und beispielsweise die Basis für die ›smarte Landwirtschaft‹ darstellen. KI könnte auch dazu beitragen, die Qualität und Frische von Lebensmitteln zu verbessern und deren Verschwendung verringern, indem Kundenanforderung und -nachfrage bereits im Voraus bekannt sind. So können Supermärkte die richtige Menge der benötigten Lebensmittel zum richtigen Zeitpunkt bereitstellen. Dies ist besonders für den E-Commerce-Bereich relevant, bietet aber auch für lokale Händler ein immenses Potenzial, um in jeder Filiale ein spezifisches, maßgeschneidertes und differenziertes Sortiment anbieten zu können.“

Hier sind die wichtigsten 15 Trends und Herausforderungen der Zukunft:

  • Lokale Lebensmittelkreise
  • Alternative Proteine
  • Nachhaltige Lebensmittel für alle
  • Teilen statt besitzen
  • Präzisionslandwirtschaft
  • Lebensmittelverluste und -verschwendung
  • Vooking – vegan – glutenfrei
  • Neue Formen der Lebensmittelproduktion
  • Klimawandel – Naturkatastrophen
  • Blockchains und intelligente Verträge
  • Erhöhte Marktmacht von Einzelhändlern
  • Etikettengenauigkeit und -transparenz
  • Neue Ernährungsmuster
  • Nachhaltige Produktion und Wertschöpfungsketten
  • Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen

Die komplette Studie zu den Ernährungstrends 2035 ist hier zu finden.

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