„Corona war in vielerlei Hinsicht ein Brandbeschleuniger“
Mirko Silz, CEO der FR L´Osteria SE, hat sich Gedanken über das noch junge 2021 gemacht und auf LinkedIn seine Einschätzungen zu den Gastronomie-Trends des Jahres veröffentlicht. Im Fokus seiner Überlegungen steht vor allem der Einfluss der Pandemie auf die Branche.
„Die Onsite-Gastronomie wird von der Sehnsucht der Menschen profitieren“
„Es ist nicht so, dass sich die Gastronomie nicht immer schon in einem steten Wandel befinden würde. Aber Corona war in vielerlei Hinsicht ein Brandbeschleuniger, der unter anderem auch das Verhalten von Gästen sowie Kunden rabiat verändert hat“, schreibt Silz. Das sehe man auch an der rasant gewachsenen Offsite-Gastronomie – also dem Take-away- und Delivery-Markt. Dieser Trend, so Silz, werde sich auch künftig durchsetzen: „Umsätze werden sich also noch weiter in Richtung Offsite verschieben, wie man unter anderem auch an den Schätzungen der Experten sehen kann.“
In diesem Zusammenhang sei vor allem die Unabhängigkeit von Lieferdiensten ein Riesenthema. „Erst recht für jene Gastronomien, die mit einem hohen Qualitätsanspruch wie auch Kundenbindung an die Sache rangehen, damit das eigene Essen unter anderem auch als Food-to-Complete nahezu servierfertig bei den Kundinnen und Kunden ankommt, wie es gedacht ist“, erklärt der L’Osteria CEO. „Die Onsite-Gastronomie wird im Gegenzug von der Sehnsucht der Menschen nach Erlebnissen profitieren. Sobald es wieder problemlos möglich ist ins Lieblingsrestaurant, die Stammkneipe oder das Café als zweites Wohnzimmer zu gehen, werden die Menschen das tun.“
Wie vor der Pandemie wird es allerdings auch hier nicht sein. „Allein bei der Bestuhlung werden wir – je nach dann greifendem Hygienekonzept – Veränderungen erleben. Das Thema Abstand ist gekommen, um zu bleiben – mit Auswirkungen auf den Umsatz. Mit einer weiter großzügig ausgelegten Gast-pro-Quadratmeter-Regelung muss man zwangsläufig von geringeren Umsätzen pro Quadratmeter ausgehen. Das lässt sich vielleicht teilweise über den Preis abfangen. Guter Service vor Ort und die Besonderheit der Onsite-Gastronomie müssen dann aber auch greifen und dürfen nicht nur eine Konzeptidee sein“, so die Einschätzung von Silz.
„Viele haben in der Pandemie ihren Stadtteil neu entdeckt“
Da durch den langen Lockdown einige Händler und Gastronomen bereits aufgeben mussten, werden gerade in den Großstädten exquisite Räumlichkeiten frei werden, so Silz weiter. „Für alte, widerstandsfähigere Wettbewerber wie auch neue Player wird es dann weitaus einfacher sein, eine Präsenz in bester Lage aufzubauen, die vorher besetzt war.“
Jedoch habe sich auch die Definition einer „besten Lage“ verändert. „Viele haben in der Pandemie ihren Stadtteil neu entdeckt“, so der L’Osteria-CEO. „Gerade in den Metropolen, in denen das eigene Viertel und Kieze als Mikrokosmos in der großen Stadt wirken, wird es reizvoll neue Locations in eben diesen Stadtteilzentren aufzumachen, statt immer auf die City zu schielen.“ Auch die veränderten Shopping-Gewohnheiten könnten dazu beitragen, dass die beste Lage künftig in einer kaufkräftigen Wohngegend ist. „Aber auch die Offsite-Gastronomie und insbesondere Ghost Kitchens werden hier weiter massiv profitieren. Denn wenn man weder rausgehen kann noch will, dann ist das vielseitige Angebot einer zentralisierten Küche, die ebenfalls nahezu überall stationiert sein kann und nur wenige Klicks entfernt ist, genauso verlockend.“
„‘Kontaktärmere‘ Lösungen finden immer öfter in der Gastronomie wieder“
Daneben hinaus wird laut dem Gastronomen auch die Digitalisierung in der Branche wichtiger werden. „Egal ob Gästekommunikation in sozialen Medien, Prozesssteuerung sowie (neue) Business-Modelle, alle haben einen Sprung nach vorn gemacht. Als Ergebnis finden sich ‚kontaktärmere‘ Lösungen wie Kiosk-Bestellung per Terminal und App, Drive Thrus und Automatisierungen immer öfter in der Gastronomie wieder.“ Auch das kontaktlose Bezahlen gewinne immer mehr an Bedeutung.
Zudem habe die Pandemie beim Thema Nachhaltigkeit lediglich auf die Pause-Taste gedrückt. „Und so wird auch beim Essen immer genauer hingeschaut, wie es um die CO2-Bilanz aussieht. Wer seine Zutaten explizit nur aus lokalem, saisonalem Anbau bezieht, geht damit hausieren. Wer die Möglichkeit für mehr hat, spielt diese gemäß ‚Tue Gutes und rede darüber‘ aus.“
(Mirko Silz/NZ)