Gästewünsche: Weder Fisch noch Fleisch
Die Teilzeit-Vegetarier und –Veganer scheinen immer mehr zu werden. Und die Fleischesser sterben trotzdem nicht aus, wie neueste Untersuchungen zeigen. Da blicken Sie nicht mehr durch? HOGAPAGE zeigt Ihnen den Weg durch den Dschungel der Essgewohnheiten.
Die Restaurants der Zukunft bewegen sich, so das deutsche Trendinstitut 2b Ahead, im Wesentlichen in drei Richtungen: Auf der einen Seite wird es auch in zehn Jahren noch Fast-Food-Restaurants für das billige, schnelle Essen geben.
Daneben sind da die Premium-Restaurants, die vor allem als »Identitäts-Orte« dienen. Hier sind nicht Qualität und Preis zentral, sondern dass der Gast durch den Besuch seinen Freunden, Kollegen, Angehörigen imponieren kann. Und zwischen diesen beiden Segmenten entsteht das dritte Segment, in dem die Speisen und das Erlebnis besonders individuell sind oder sich perfekt in das momentane Alltagsbedürfnis des Kunden einpassen.
Trend-Individualismus: Wer kennt sich da noch aus?
Besonders vom Trend zum Individualismus konnten sich Wirte in den vergangenen Jahren überzeugen. Früher gab es nur Vegetarier, die man mit einem eigenen Angebot an Gerichten zu berücksichtigen hatte – und die schon mal als sonderbare Spezies »Öko-Freaks« belächelt wurden. Dann kamen die Veganer dazu und immer mehr Begriffe: Die Vegetarier teilten sich in Lakto und Ovo, Pollo und Pesco. Und dann wären da noch die Frutarier und Pescetarier. Die Verwirrung ist perfekt: Weder Fisch noch Fleisch, hier bloß keine Milch, da kein rotes Fleisch und dort kein Ei – wer kennt sich da noch aus?
Eine gastronomische Lücke, die übersehen wird?
Laut Trendinstitut 2b Ahead werden die Europäer in Zukunft zwar etwas weniger Fleisch essen, allerdings sei das ein ganz langsamer und sanfter Rückgang, der in der Gesamtessensbilanz kaum ins Gewicht falle. In weltweiter Perspektive werde sich der Fleischkonsum in den kommenden Jahren sogar stark erhöhen. Denn die wachsenden Mittelschichten in Asien und Afrika werden viel mehr Fleisch konsumieren, so das Institut. Wenn das so ist, rentiert es sich denn überhaupt, auf die paar Vegetarier oder Veganer, die es gibt, als Gastronom mit speziellem Angebot einzugehen?
Diese Frage kann mit einem klaren »Ja« beantwortet werden, denn diese Zahlen können auch anders gelesen werden. Denn gerade der Anteil der sogenannten Flexitarier – jener Menschen, die meistens vegetarisch/vegan essen, auf Fleisch aus Genussgründen aber nicht ganz verzichten wollen – sollte nicht übersehen werden. Oft sind es heute ethische und gesundheitliche Umstände, die Menschen dazu bewegen, ihre Ernährung umzustellen: Zu viele Lebensmittelskandale haben unter anderem zu diesem Umdenken geführt. Wahrscheinlich würden also sogar noch mehr Menschen vegan essen, wenn das Angebot in Restaurants geschmacklich sowie optisch ansprechender wäre – und kreativer.
Der Teilzeit-Vegetarier als Zielgruppe
Fakt ist, die vegetarische/vegane Ernährungsweise ist durchaus ein Trend und zunehmend auch ein wichtiger Faktor in der Gastronomie. Schon eine bessere Ansprache der immer zahlreicher werdenden Flexitarier als Teilzeit-Vegetarier kann sich deshalb bezahlt machen. Diese fühlen ihr Bedürfnis, sich auch auswärts bewusster, ethisch vertretbarer und gesünder ernähren zu können, oft nicht ausreichend erfüllt. Statt also mehr Angebot in Richtung vegan zu schalten, würde es sich allein schon auszahlen, wenn Gastronomen den Gästen sagen, wo beispielsweise die Zutaten, das Fleisch, das Gemüse, das im Gericht formvollendet kredenzt wird, überhaupt herkommen.
Text: Petra Sodtke, Foto: Getty-Images