Kann Junk Food wirklich blind machen?
Ungesunde Ernährung hat einen Jugendlichen in Großbritannien nach Ansicht seiner Ärzte fast erblinden lassen. Auch sein Hörvermögen sei beeinträchtigt, berichten die Mediziner um Rhys Harrison vom Bristol Eye Hospital im Fachmagazin „Annals of Internal Medicine“. Der Junge habe sich jahrelang von nur wenigen Junk-Food-Dingen wie Pommes und Chips ernährt. Vermutlich leide er unter einer bestimmten Form einer Essstörung. Der Ernährungsforscher Stefan Kabisch vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam hält den beschriebenen Zusammenhang zwischen Fehlernährung und Seh- und Hörverlust allerdings für nicht wahrscheinlich. Auch Hans Konrad Biesalski von der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin meint, dass vermutlich andere gesundheitliche Auffälligkeiten die Beschwerden zumindest mitverantworten.
Er denke nicht, dass die Seh- und Hörprobleme des Patienten allein mit seiner Ernährung zu tun haben, meint Kabisch. Es sei keine Frage, dass sich der Junge nicht gesund ernährt habe. „Seine Vitamin-Werte sind dafür aber immer noch relativ gut, sie liegen im niedrigen Normalbereich und können meines Erachtens die Seh- und Hörstörungen nicht erklären.“
Stoffwechselstörung als mögliche Ursache
Bei Menschen mit einem massiven Mangel an Vitamin B12 komme es etwa zu Kribbeln in den Füßen und später zu Gangstörungen. Im beschriebenen Fall seien solche Beschwerden nicht aufgetreten. Womöglich habe der Patient eine Stoffwechselstörung, die dazu führe, dass er das aufgenommene Vitamin B12 nicht ausreichend nutzen könne. Die Ernährung liefere also trotz der schlechten Nahrungsauswahl genügend Vitamin B12, der Körper verwerte es nur nicht korrekt. Die weiteren Mangelerscheinungen hätten ein eigenständiges Potenzial für Gesundheitsstörungen, könnten aber den Gehör- und Sehverlust auch nicht sinnvoll erklären.
Ernährungswissenschaftler Biesalski von der Universität Hohenheim weist darauf hin, dass Lebensmittel wie die beschriebenen bei hoher Energiedichte nur eine geringe Nährstoffdichte haben. Er vermutet, dass bei dem Patienten zu der schlechten Ernährung weitere Probleme hinzukommen, wie etwa eine ungünstige genetische Veranlagung. „Dass eine langfristige sehr schlechte Ernährung eine Schädigung des Sehnervs nach sich zieht, ist bekannt, wenn auch sehr selten. Meist tritt das im Zusammenhang mit exzessivem Alkoholkonsum auf.“ Dennoch sollten Augenärzte bei unklarem Sehverlust auch an die Ernährung denken, auch bei normalgewichtigen Patienten.
„Vermeidend/restriktive Essstörung“
Den Autoren des Fallberichts zufolge leidet der Jugendliche vermutlich an einer sogenannten „vermeidend/restriktiven Essstörung“. Die davon Betroffenen essen sehr wählerisch – aber nicht, um ihr Gewicht oder ihre Figur zu beeinflussen, sondern weil ihnen die Beschaffenheit bestimmter Nahrungsmittel zuwider ist. Zudem kann das Essen mit Ängsten verbunden sein, etwa zu ersticken oder sich erbrechen zu müssen. (dpa/CK)