„Clean Eating“: Britischer Mediziner schimpft über Ernährungstrend
Sich „frei essen“ von industriell produzierten Speisen: immer mehr Instagram-User und YouTuber schließen sich der „Clean-Eating-Bewegung“ an und verzichten auf vermeintlich „unsauberes Essen“. Den „schwarzen Peter“ schieben die Social-Media-Nutzer der Lebensmittelindustrie in die Schuhe. Wer sich „clean“ isst, der greift bei der Lebensmittelzubereitung nur auf frische Zutaten zurück und lehnt verarbeitete Nahrung wie industriell gezüchtetes Fleisch, gespritztes Gemüse und Milchprodukte grundsätzlich ab.
Ein gefährlicher Trend, warnt der britische Arzt Dr. Max Pemberton. In einem Gastbeitrag für die „Daily Mail“ berichtet der Mediziner von Jugendlichen, die sich mit dieser Ernährungsmethode fast zu Tode gehungert hätten. Er selbst habe als behandelnder Arzt die Folgen aus diesem lebensgefährlichen Trend hautnah beobachtet. Hinter dem „Clean Eating“ stünde keine gesunde Lebensweise, sondern die reale Gefahr einer Mangelernährung, so Pemberton. „Sie essen fast nur noch Gemüse“. Das Problem dabei: der Körper bekommt nicht mehr genügend Energie aus der Nahrungsaufnahme. Die Folge: Die Muskeln bauen dramatisch ab. „Ihr Körper sucht verzweifelt nach einer Energiequelle und beginnt quasi damit, seine eigenen Muskeln zu essen.“
Motorische Probleme durch Mangelernährung
Patienten, die sich dem „Clean Eating“ verschrien hätten, würde einfachste Gleichgewichtsübungen oder muskelintensive Bewegungen kaum noch schaffen. Sie klagten zudem häufig über extreme Müdigkeit und Kopfschmerzen, was eine Folge aus der Unterzuckerung sei. Bei weiblichen Patienten bliebe zum Teil auch die Periode aus. „Wir mussten Patienten direkt als Notfall abholen lassen – sie wären sonst bald gestorben“, schreibt Dr. Pemberton weiter.
Die dogmatischen Züge, die solche Trends auf Social-Media-Plattformen annehmen, führten zu lebensbedrohlichen und ignoranten Verhaltensweisen der User. Leute, die behaupteten, sie hätten keine Essstörung und lebten durch „Clean Eating“ gesünder, kann Max Pemberton überhaupt nicht verstehen: „Papperlapapp. Die tragende Säule, der Hauptkern dieses Glaubenssystems ist schon falsch. Die ganze Idee, dass manche Nahrungsmittel gut und andere böse seien – das ist nicht so.“ Es gehe um eine ausgewogene Ernährung, die keine Lebensmittel generell ausschließe, sondern nur Konsummengen kritisch betrachten sollte. „Die Ironie des ‚Clean Eating‘ ist, dass es trotz allem, was es vorgibt zu sein, ganz grundsätzlich schädlich ist.“ (Stern.de / Daily Mail / FL)