Riesige Nachfrage

„Bio ist viel besser“

Das BIO Siegel nach EG-Öko-Verordnung
Bio-Bananen auf der Fruit-Logistica. (Foto: picture alliance / dpa Themendienst)
Glückliche Kühe auf grünen Weiden, Bergkäse direkt vom Almbauern – noch immer verbinden Millionen von Verbrauchern mit dem Begriff „Bio“ Landidylle – höchste Zeit für die Naturkostbranche, dem Verbraucher reinen Wein einzuschenken, finden besorgte Experten.
Dienstag, 13.02.2018, 09:42 Uhr, Autor: Markus Jergler

„Bio ist eine gute Grundlage. Es schafft bei Lebensmitteln Sicherheit durch hohe Standards. Und es steht ein strenges Kontrollsystem dahinter“, sagt der Agraringenieur Stephan Illi aus Prien am Chiemsee. Illi, der heute als freiberuflicher Berater und Projektentwickler arbeitet, war sieben Jahre lang geschäftsführender Vorstand beim Bioerzeugerverband Demeter. Ob aber die Produkte aus der eigenen Region stammen oder aus China, sie zu fairen wirtschaftlichen Bedingen produziert würden und der Erzeuger für landwirtschaftliche Vielfalt statt für Einfalt stehe, darüber sage das Label überhaupt nichts aus. „Bio ist viel besser als die konventionelle Landwirtschaft, aber es ist nicht die heile Welt.“

Denn Branchen-Experten haben inzwischen gemerkt: Mit der wachsenden Präsenz von Bio-Produkten in Supermärkten und den Discountern droht womöglich eine Entzauberung des verzerrten Bio-Images – mit schwer absehbaren Folgen für das Geschäft. Daher sprechen sich zunehmend Branchenexperten dafür aus, beim Verbraucher mehr Transparenz bezüglich des Begriffes „Bio“ zu schaffen.

Haben die Verbraucher keine Ahnung?
Nach Illi’s Einschätzung bekommt der Kunde die Entwicklungen, denen auch der ökologische Landbau infolge des Preisdrucks unterliegt, durch die verbreiteten Heile-Welt-Bilder kaum mit. So gingen viele Verbraucher davon aus, dass Bio-Kühe 150 Tage im Jahr auf der Weide stehen. Tatsächlich aber haben nach Illis Schätzung bis zu 50 Prozent des Bio-Milchviehs gar keinen Weidegang. Immerhin bekommen sie Grünfutter statt Silage in den Trögen und haben Auslauf auf befestigtem Boden im Freien.

Durch die immer größer werdende Nachfrage nach Bioprodukten in Supermärkten, stehen Biolandwirte unter zunehmenden Druck noch wirtschaftlicher zu produzieren und sich zu vergrößern. „Wenn ich bei einem Discounter ein billiges Bio-Brötchen kaufen kann, dann müssen auch die Rohstoffe günstig gewesen sein. Und die bekomme ich nur, wenn ich keinen Wert darauf lege, die Herkunft der Bio-Rohstoffe exakt zurückverfolgen zu können“, sagt etwa der Fachjournalist Leo Frühschütz aus Sulzberg/Allgäu.

Betrugsgefahr wächst
Aufgrund der steigenden Nachfrage müssen immer häufiger Produkte aus Nachbarländern importiert werden. „Die Ware wird damit anonymer und die Anonymität ist der Freund des Betrugs“, sagt Bernd Nagel-Held, der im ostwestfälischen Lemgo seit 30 Jahren eine Biomühle betreibt. Einschätzungen von Branchenexperten, deutsche Kontrollbehörden gingen Verdachtsmomenten auf Biobetrug nicht konsequent nach, weist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zurück. So würden staatlich zertifizierte private Biokontrollstellen die Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften für den Öko-Landbau überwachen.

Importierte Bioerzeugnisse gelangten nur nach strengen Zollkontrollen in die EU. Die dabei überprüften Kontrollbescheinigungen für die Öko-Ware erlaube seit Herbst 2017 eine Rückverfolgbarkeit der Lieferung. Für Bio-Importe aus Osteuropa, Kasachstan und Russland sei das Kontrollsystem am Jahresanfang 2018 sogar noch einmal verschärft worden. (dpa/MJ)

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