Ökosiegel

Alles Öko oder was? Im tiefen Dschungel der Biosiegel

Eine Ökobauerin mit ihren Hühnern
EU-Siegel, Deutsches Biosiegel, dazu noch Siegel von Bioland, Demeter, Naturland & Co. – mittlerweile tummeln sich mehr als 100 verschiedene Bio-Zertifizierungen auf den Verpackungen.
Dienstag, 06.03.2018, 13:52 Uhr, Autor: Stefan Ost

Kann man sich in diesem Etiketten-Dschungel überhaupt noch zurechtfinden? Und ist tatsächlich überall Bio drin, wo diese drei Buchstaben aufgedruckt sind? Ein spannendes Thema, das weitaus mehr als sieben Siegel hat.

Der Mindeststandard aus Brüssel: das Europäische Bio-Siegel
Zunächst einmal eine gute Nachricht, die geradewegs aus Brüssel kommt: „Bio“ und „Öko“ sind geschützte Begriffe und dürfen in der Tat nur dann verwendet werden, wenn die Produkte alle lebensmittelrechtlichen Standards seitens der EU erfüllen. Das Europäische Bio-Siegel kennzeichnet demnach ganz klar biologisch erzeugte Waren. Die Kehrseite der grünen Medaille: Es handelt sich hierbei schlichtweg um die Mindeststandards, die vielen Verbänden und Verbrauchern nicht weit genug gehen. Doch auch zwischen den alternativen Siegeln bestehen letztendlich ganz gravierende Unterschiede.

Die „Privaten“ – Produzieren Demeter, Bioland & Naturland besseres Bio?
Diese Frage kann mit einem ganz klaren „Ja“ beantwortet werden. Wie eine EU-Etikettierung immer noch besser ist als gar keine Auszeichnung, so bezeugen die Siegel der Verbände nochmals sehr viel mehr Nachhaltigkeit als die EU-Plakette. Der einfache Grund: EU-Standards dürfen nicht unterschritten, wohl aber noch strenger ausgestaltet werden. Und bei genauerer Betrachtung der EU-Richtlinien sticht eine Tatsache schnell ins Auge: Hinsichtlich vieler Aspekte sind deren Auflagen um einiges dünner, als es der Verbraucher erwartet und fehlen in manchen Bereichen sogar ganz. Während etwa die EU pro Bio-Hektar 14 Schweine bzw. 580 Masthühner als zulässig erklärt, dürfen es bei den drei Verbänden nur 10 Schweine bzw. 280 Hühner sein. Zudem erlaubt es die EU, teils konventionell, teils ökologisch zu produzieren, was unter Umständen eine Übertragung von Pestiziden auf Bio-Produkte verursachen kann. Die Verbände verbieten solche Mischformen von vornherein.

Welcher Anbauverband nun der Richtige ist
Ob man nun besser auf Bioland, Demeter oder Naturland zurückgreift, hängt in erster Linie davon ab, in welchem Ausmaß einem ganz persönlich die ökologische Landwirtschaft am Herzen liegt. Beispielsweise erlaubt Naturland 12.000 Legehennen pro Betrieb, Bioland 6.000, Demeter nur 3.000. Und während EU, Bioland und Naturland die Enthornung von Rindern prinzipiell genehmigen können, ist diese schmerzhafte Prozedur bei Demeter ausdrücklich verboten. Ein weiteres Beispiel: Die EU erlaubt bei Bioprodukten 47 Zusatzstoffe – Bioland 23, Naturland 22 und Demeter nur 13. Wem also alle Aspekte der tier- und umweltgerechten Landwirtschaft gleichermaßen wichtig sind, dem bleibt nichts anderes übrig, als sich mit den Richtlinien eines jeden einzelnen Verbandes auseinanderzusetzen.

Bio vom Discounter? Gibt’s nur zum ökologischen „Mindestpreis“
Auch in Aldi, Netto & Co. haben Bioprodukte längst die Regale erobert. Doch aufgepasst: Diese tragen grundsätzlich nur das Europäische Biosiegel und erfüllen damit gerade einmal die dünnen Mindeststandards der EU. Darüber hinaus sollten grundsätzlich immer Zweifel angebracht sein, wenn vermeintlich beste Nachhaltigkeit zu niedrigsten Dumpingpreisen angeboten wird. Fazit: Bio ist eben doch nicht immer gleich Bio.

Text: Thomas Hack
Bildquelle: Getty Images/TommL

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Blick in das neue Bio-Fine-Dining-Restaurant 1950
Restauranteröffnung
Restauranteröffnung

Fine-Dining trifft konsequente Bio-Qualität

Mit dem Restaurant „1950“ eröffnet Anfang August 2020 ein besonderes Gourmetlokal auf der Schwäbischen Alb: Alle Zutaten, die Spitzenkoch Simon Tress verarbeitet, haben Demeter- oder Bioland-Qualität.
Daniel Deglow, Felicja Heinen, Andrea Nunne
Umweltbewußtsein
Umweltbewußtsein

Bio-Siegel in Bronze für die Scandic Hotels

Das Unternehmen hat eine Vorreiter-Rolle in Sachen Nachhaltigkeit eingenommen. Als erste Hotelkette Deutschlands wurde es nach der Bio-AHV-Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zertifiziert.
Cem Özdemir
Beschluss
Beschluss

Bundesrat gibt grünes Licht für Bio-Label und Tierhaltungslogo

Beim Auswärtsessen und beim Fleischkauf im Supermarkt soll bald klarer zu erkennen sein, unter welchen Bedingungen Lebensmittel hergestellt werden. Der Bundesrat hat jetzt ein freiwilliges Bio-Siegel für Großküchen und eine verpflichtende Tierwohl-Kennzeichnung gebilligt. 
Kind mit Äpfeln
Initiative
Initiative

Aktion für mehr Bio in Kitas

Unter dem Motto „Bioland fürs Klima“ verteilen Bioland-Betriebe in der Woche vom 12. September bundesweit frisch geerntete heimische Äpfel an Kindertagesstätten in ihrer Region. Die Aktion soll als Signal an die Politik verstanden werden, den Bio-Anteil in der Kita-Verpflegung zu erhöhen. 
Romantik Berghotel Astenkrone erhält Bioland-Partnerschild
Romantik Berghotel Astenkrone
Romantik Berghotel Astenkrone

Zum Bioland-Gold-Partner zertifiziert

Die Hotelküche des Romantik Berghotels Astenkrone bezieht mehr als 90 Prozent der Zutaten seines Speisenangebots aus der ökologischen Landwirtschaft. Damit hat das Hotel jetzt den Gold-Status der Bioland-Partnerschaft erreicht.
Eine Frau bedient sich an einem Salatbüfett

Bioland fordert mehr Bio in der Gastronomie

Eine Bio-Quote von 50 Prozent für öffentliche Kantinen: Zum Tag der nachhaltigen Gastronomie fordert Bioland die Politik auf, heimisches Bio im Außer-Haus-Markt zu stärken. 
Salatthecke
Außer-Haus-Markt
Außer-Haus-Markt

Bioland fordert verbindliche 50-Prozent-Bio-Quote

In Deutschlands Kantinen ist der Anteil an Bio-Produkten sehr gering. Vor der Wahl fordert Bioland daher eine verbindliche 50-Prozent-Bio-Quote für den Außer-Haus-Markt.
Gericht mit Bioland-Fahne
Tag der nachhaltigen Gastronomie
Tag der nachhaltigen Gastronomie

Bio nimmt Fahrt auf

Aktuell gibt es – auch bedingt durch die Pandemie – einen Trend zu mehr Nachhaltigkeit und zur Bio-Zertifizierung unter Gastronomen: Seit Jahresbeginn zählt Bioland bereits 25 neue Gastropartner.
Person bewertet seine Erfahrung mit Sternen auf seinem Smartphone
Münchner Landesgericht
Münchner Landesgericht

HolidayCheck klagt gegen gekaufte Top-Bewertungen

Verbraucher im Internet verlassen sich auf Hotelbewertungen. Oft sind sie sogar ausschlaggebend für eine Buchung. Ein Glaubwürdigkeitsproblem für Urlaubsportale, wenn diese gefälscht sind.