Wie Winzer jetzt neue Märkte erschließen
Rhein und Romantik beflügeln erfahrungsgemäß die Umsätze deutscher Winzer in China. Dies ist auch der Grund, weshalb Louis Konstantin Guntrum die Weine seines Guts in Nierstein für den chinesischen Markt mit Etiketten im Stil der 1950er und 1960er Jahre versieht. „Man muss sich jeden Markt genau anschauen“, lässt Guntrum dazu verlauten. Das hat nun auch die Politik erkannt, denn dieser Tage möchte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner den heimischen Winzern Türen in China öffnen. Der Delegation gehört auch Michael Schlink aus Bad Kreuznach an. „China ist für deutsche Winzer ein Wachstumsmarkt“, ist Schlink überzeugt. Auf seinem Programm stehen nun Begegnungen mit chinesischen Unternehmen, ein Weinseminar sowie der Besuch von Supermärkten und Weinlagern. „Ich hoffe, dass ich neue Kunden kennenlerne“, sagt Schlink. Dabei kommt er den chinesischen Weintrinkern auch geschmacklich entgegen und baut seinen Riesling nicht ganz so trocken aus wie für den deutschen Markt. Am meisten gefragt seien dort liebliche Weine, doch langsam setze in China auch eine Nachfrage nach trockenen Weißweinen ein.
Lukratives Importland Russland
In der Exportstatistik deutscher Weine ist China in den vergangenen sechs Jahren vom achten auf den fünften Platz aufgestiegen. Mit 17 Millionen Euro liegt der chinesische Markt damit vor Kanada (14 Mio), Schweden (13 Mio), Japan (11 Mio) und der Schweiz (9 Mio). Insgesamt sank jedoch die Menge der aus Deutschland exportierten Weißweine im vergangenen Jahr um 5,2 Prozent auf 1,009 Millionen Hektoliter, was das Deutsche Weininstituts auf die vergleichsweise geringe Ernte des 2017er Jahrgangs zurückführen will. In diesem Jahr haben die Winzer in Deutschland nach einer überdurchschnittlich guten 2018er Ernte mit 10,9 Millionen Hektolitern zumindest im ersten Quartal wieder mehr Wein exportiert. Das DWI unterstützt die Vermarktung im Ausland mit Büros in 14 Ländern, seit Januar auch in Moskau. Das Interesse an Wein nehme in Russland gerade deutlich zu, sagt die Leiterin des DWI-Büros in Moskau, Tatiana Böhm. „Es vergeht kaum eine Woche, in der in Moskau oder St. Petersburg nicht eine neue Weinbar eröffnet wird.“
„Trocken“ in Schweden, „Lieblich“ in den USA
Die Hauptanbaugebiete für den Export deutscher Weine liegen in Rheinland-Pfalz. Dabei erzielen Moselweine mit durchschnittlich 4,49 Euro je Liter im Ausland die höchsten Preise, gefolgt von der Pfalz (3,06 Euro) und Rheinhessen (2,73 Euro). Einen Exportanteil von 90 Prozent hat etwa das Weingut S.A. Prüm. „Die Mosel ist traditionell ein sehr exportorientiertes Anbaugebiet“, sagt Winzerin Saskia Prüm und verweist auf die Wende zum 20. Jahrhundert, als Moselweine und Wein aus dem Rheingau in Europa gefragter gewesen seien als Bordeaux. Das Mosel-Weingut orientiert sich an den unterschiedlichen Geschmacksvorlieben im Ausland. „Da gibt es extreme Unterschiede“, sagt Prüm. Während in Schweden und Finnland sehr trockene Weine gefragt seien, werde der Export in die USA von Weinen mit ausgeprägter Restsüße bestimmt. „Trocken sei jedoch auch hier im Kommen“. (lrs/TH)