Jahrhundertdürre: Hohe Verluste bei Südafrikas Winzern
Besorgt inspiziert Adi Badenhorst seine Rebstöcke. Die grünen Blätter sind aufgrund der Dürre in diesem Jahr zu schnell verwelkt, sagt der Winzer. Badenhorst baut im Hinterland von Kapstadt seit zehn Jahren auf 40 Hektar die Rebsorten Chenin Blanc, Cinsault und Grenache an. Es habe in dieser Saison nur gut die Hälfte an Niederschlag gegeben als in anderen Jahren, sagt er. Besonders die jungen Rebstöcke hätten während vieler Wochen ohne Regen schwer gelitten. Ihre Wurzeln sind noch nicht lang genug, um tiefer liegende Wasserreserven anzuzapfen. Badenhorsts Farm in der südafrikanischen Weinregion Swartland liegt mitten in der bei Touristen beliebten Provinz Westkap, die dieses Jahr die schlimmste Dürre seit 1904 erlebt hat. Einwohner müssen ihren Wasserverbrauch seit Wochen drastisch reduzieren; sie sollen zum Beispiel kürzer duschen, der tägliche Verbrauch soll 100 Liter pro Person nicht überschreiten. Ende Mai rief das Westkap offiziell eine „Dürrekatastrophe“ aus.
Auswirkungen auch auf dem deutschen Markt spürbar
Die gesamte südafrikanische Landwirtschaft muss nach Angaben der Regierung Ernteausfälle in Millionenhöhe verbuchen. Auch die Weinbauern wurden hart getroffen. «Dürre und hohe Temperaturen haben zu erheblichen Verlusten geführt», so der Landwirtschaftsminister des Westkaps, Alan Winde. Bereits 2016 hätten Weinbauern aufgrund mangelnden Regens einen fünfprozentigen Ernterückgang verbuchen müssen und damit rund 35 Millionen Euro Verlust gemacht, so Winde. In dieser Saison soll es ähnlich aussehen – wenn nicht noch schlimmer.
Auch deutsche Konsumenten werden die Auswirkungen der Dürre indirekt zu spüren bekommen. Als siebtgrößter Weinhersteller der Welt produziert Südafrika nach Angaben des Verbands südafrikanischer Weinexporteure, Wines of South Africa, mehr als eine Million Liter Wein pro Jahr. Fast die Hälfte davon wird ins Ausland exportiert. Deutschland und England sind die größten Absatzmärkte. „Wassermangel bedeutet kleinere Trauben und daher ein geringeres Erntevolumen“, erklärt Conrad Schutte, ein Weinbauberater bei VinPro, dem Dachverband für rund 3500 südafrikanische Weinerzeuger und Kellereien. Diese Saison sei eine „große Herausforderung“ für alle südafrikanischen Winzer gewesen, so Schutte.
Sehr hohe Qualität hohe Wintertemperaturen
Aufgrund der ungewöhnlich hohen Wintertemperaturen sind die Trauben allerdings süßer, das Aroma intensiver. Experten erwarten daher einen außergewöhnlich guten Jahrgang. „Wir sind von der Qualität der Trauben begeistert. Ich würde mich nicht wundern, wenn südafrikanische Weine dieses Jahr viele Preise gewinnen würden“, sagt Schutte. Auf der Südhalbkugel findet die Weinlese zwischen Februar und April statt. Jetzt gärt der Traubensaft in Fässern für optimalen Geschmack. In ein paar Monaten dürften genau diese Weine dann in deutschen Supermarktregalen stehen.
Auf lange Sicht gesehen werden Südafrikas Winzer jedoch um ihre Trauben kämpfen müssen. Experten rechnen aufgrund projizierter Klimaveränderungen – es soll im Westkap über die nächsten Jahrzehnte immer wärmer und trockener werden – mit „schwerwiegenden Langzeitfolgen“ für die Weinregion mit 96 000 Hektar Anbaufläche, nur etwa ein Siebtel der Gesamtrebfläche Italiens. „Wassermangel wird ein großes Risiko für die Weinindustrie werden“, warnt Schutte.
Weinexperten prüfen bereits, welche Rebsorten sich für ein wärmeres Klima mit weniger Niederschlag eignen würden. Bislang habe man das Klima des Westkaps mit den nördlichen Gegenden des Mittelmeers wie das französische Loiretal vergleichen können, so Schutte. Jetzt richte man die Augen mehr gegen Süden und untersuche, ob Sorten wie Assyrtiko aus Griechenland, Verdelho aus Portugal und Vermentino aus Korsika im Westkap gut gedeihen könnten. Auch Badenhorst meint, er wolle nur noch Rebstöcke pflanzen, die als Dürreresistent gelten. „Wir müssen uns verstärkt technisches Know-how zulegen, vor allem was das Wassermanagement betrifft“, sagt er. „Wir können nur mit der Natur arbeiten, nicht gegen sie. Wer sich nicht anpasst wird scheitern.“ (dpa/MJ)