Alkoholfreier Wein: 5 Fakten, die man kennen sollte
Sicherlich waren die meisten von uns schon mal in einer Situation wie der folgenden: Man ist zum Essen oder einer Feier bei Freunden eingeladen. Wein fließt in Strömen aus Flaschen mit schimmernden Etiketten hinein in edle Gläser. Gemeinsam sinniert man über das sich entfaltende Bouquet. Ein gesellschaftliches Ritual, das zelebriert wird, an dem man aber nicht teilnimmt – vielleicht weil man an diesem Abend gerne noch unfallfrei mit dem Auto nach Hause kommen möchte, aus gesundheitlichen Gründen auf Alkohol verzichtet, oder einem schlicht und ergreifend Alkohol nicht schmeckt. Gründe keinen Alkohol zu trinken, gibt es viele. Sexy alkoholfreie Alternativen allerdings weniger – so zumindest bislang der allgemeine Tenor. Also hält man sich fürs Erste am Wasserglas fest und muss sich womöglich noch das eine oder andere Mal für seine doch recht ungewöhnliche Getränkewahl erklären.
Ein Szenario, das sich so oder so ähnlich nur allzu häufig ereignet und der Getränkeindustrie eigentlich eine große Zielgruppe beschert. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch der soziale Aspekt. Gerade das Trinken von Wein, einem Genussmittel, verbindet. Und wer nicht mittrinkt, ist nicht dabei. Nun gibt es inzwischen aber speziell bei Weinen diverse alkoholfreie Rot-, Weiß- und Rosé-Weinvarianten, die sich nicht nur optisch, sondern auch geschmacklich zunehmend ihren alkoholhaltigen Pendants annähern. Trotzdem fristet alkoholfreier Wein zu Unrecht noch immer ein Nischendasein, sodass an dieser Stelle ein paar Fakten Aufklärung schaffen sollen.
5 Fakten zu alkoholfreiem Wein
- Das steckt wirklich drin
Alkoholfreier Wein – ist doch bloß Traubensaft in hübscher Verpackung. Nein, ganz und gar nicht. Tatsächlich durchläuft alkoholfreier Wein dieselben Prozessstufen wie bei einer herkömmlichen Weinherstellung – angefangen dabei, dass, je nachdem ob Rot- oder Weißwein, Most bzw. Maische unter Zugabe bestimmter Hefekulturen in Fässern vergoren wird, wodurch sich Zucker in Alkohol umwandelt. Der Unterschied zum „normalen Wein“: Am Ende der Reifung wird dem fertigen Wein mit einem Alkoholgehalt von 9 bis 14 Vol. % der Alkohol in einem schonenden Entalkoholisierungsverfahren wieder entzogen, in der Regel mittels Vakuumdestillation. - Ja, alkoholfreier Wein lohnt sich
Das Argument, dass Wein durch den Entzug von Alkohol seinen wesentlichen Geschmacksträger verliert und gar seine Seele einbüßt, stimmt nur zum Teil. Denn inzwischen haben Winzer ihre Herstellungsverfahren für alkoholfreien Wein immer weiter verbessert und viele Kinderkrankheiten überwunden. So werden unter anderem gezielt besonders bouquetreiche Rebsorten verwendet, das heißt solche, die von Anfang an sehr aromaintensiv sind. Außerdem entziehen manche Winzer dem Wein während der Herstellung die Aromastoffe, damit sie sich bei der Entalkoholisierung nicht verflüchtigen und danach wieder zugeführt werden können. An Geschmack und Bouquet fehlt es alkoholfreiem Wein damit weitaus weniger, als viele Kritiker und Skeptiker behaupten. Bei alkoholfreien Schaumweinen (Sekten) ist es übrigens noch besser, denn hier kompensiert die Kohlensäure geschmacklich den fehlenden Alkohol. Sie enthalten nur rund ein Drittel der Kalorienanzahl einer vergleichbaren Menge an alkoholhaltigem Wein. Damit eignen sie sich vor allem für Ernährungsbewusste, oder in der Mittagspause zum Lunch. - Vorsicht: „Alkoholfrei“ bedeutet nicht „ohne Alkohol“
Was gerne synonym verwendet wird, unterscheidet sich rechtlich gesehen. Laut deutschem Lebensmittelrecht dürfen als „alkoholfrei“ deklarierte Weine einen Restalkohol-Gehalt von maximal 0,5 Vol. % aufweisen. „Ohne Alkohol“ bedeutet dagegen, dass das Lebensmittel gar keinen, sprich 0,0 Vol. % Alkohol, besitzt. - Was Sommeliers bei alkoholfreiem Wein oftmals nicht beachten
… dass sie ihn mit der geschulten Nase und Zunge eines ausgewiesenen Experten für alkoholhaltigen Wein beurteilen. Bei der Verkostung legen Sommeliers also einen Kriterienkatalog an, den alkoholfreie Varianten von Haus aus gar nicht zu hundert Prozent erfüllen können. Oftmals folgt daher ein eher zurückhaltendes Urteil zu alkoholfreiem Wein, da die Weinspezialisten noch einen zu großen Unterschied zum Original-Wein sehen. Wie jedoch wissenschaftliche Untersuchungen und Verkostungen ergeben haben, sehen Konsumenten das zum Teil ganz anders und beurteilen den Geschmack als gut oder gar sehr gut. - Alkoholfrei liegt im Trend
Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Wein mit geringem Alkoholgehalt und alkoholfreier Wein werden zunehmend beliebt. So teilte zum Beispiel das Deutsche Weininstitut mit, dass pro Jahr geschätzt etwa drei bis fünf Millionen Flaschen alkoholfreier Wein produziert werden – bezogen auf die gesamtdeutsche Weinproduktion macht das etwa ein halbes Prozent aus. Noch nicht allzu viel, aber Tendenz steigend, wie beinahe alle Anbieter berichten. Bei alkoholfreiem Sekt sind es immerhin schon rund 15 Millionen Flaschen pro Jahr.
Ebenso vielversprechend ist das Ergebnis einer Studie, die die Speyerer Beratungsagentur Carta zusammen mit der Hochschule Heilbronn und dem Heilbronner Institut für angewandte Marktforschung vor rund einem Jahr zum Thema alkoholfreier Wein in Deutschland durchgeführt hat. 1001 Teilnehmer wurden dazu befragt. Im Detail ergab die Untersuchung unter anderem, dass 72 Prozent der Konsumenten schon von alkoholfreiem Wein gehört und knapp 30 Prozent ihn auch bereits getrunken haben. 86 Prozent würden ihn sogar wieder trinken. Und der Geschmack? Mehr als die Hälfte der Teilnehmer bewerteten ihn als gut oder sehr gut.
Alkoholfreier Wein hat also durchaus großes Potenzial und kann eine genussvolle, stilechte Alternative zu alkoholhaltigen Varianten sein, die man probiert haben sollte.