Hochprozentiges aus der Heimat
Wer in einer gut sortierten Bar vor nicht allzu langer Zeit einen deutschen Gin bestellt hat, musste mit einer heftigen Gesichtsentgleisung des Barkeepers rechnen. Denn Gin, die wohl englischste Spirituose überhaupt, kam schon immer aus England. Der Wacholderschnaps musste von der Insel oder aus einer früheren Kolonie Großbritanniens kommen, um überhaupt als Gin akzeptiert zu werden. Vorbei. Die – weltweit betrachtet – bedeutendste In-Spirituose dieses Jahrzehnts, punktet längst auch als »Made in Germany«!
Gin aus der Münchner City
Zum Beispiel »The Duke«, ein erfolgreicher Gin aus München. »The Duke«, der »Bavarian Gin« hat sich mehr als etabliert. Es sind Hopfen und Malz, die dem handabgefüllten Wacholderschnaps eine typisch bayerische Note verleihen und den Drink »nach hinten raus weich und mild machen«, so die Macher. Gin brennen in der eigenen Destilliere – das war die Schnapsidee von den »Duke«- Erfindern Daniel Schönecker und Maximilian Schauerte, die in der Münchner Maxvorstadt selbiges tun. Obwohl es so nicht geplant war, schmückt die »Duke«-Flaschen ein Bio-Siegel. Denn: »Wir kamen zu dem Schluss, dass Zutaten aus biologischem Anbau am hochwertigsten sind«, so Daniel Schönecker.
Gin aus dem Schwarzwald – „Monkey 47“
Der Monkey 47 wurde vor drei Jahren auf der International Wine and Spirit Competition (IWSC) als bester Gin der Welt ausgezeichnet. Gebrannt wird das »Schwarzwaldschnäpsle« im Heimbachtal im mittleren Schwarzwald. Der Name soll an einen britischen Kommandeur namens Montgomery Collins erinnern, der einst im Nachkriegsdeutschland Gin brannte. Nicht weil ihn ein Affe lauste, sondern weil Collins ein Gästehaus eröffnete, das er »Zum wilden Affen« getauft hatte. Als dieses zur Jahrtausendwende renoviert wurde, fand man eine Kiste mit »Max the Monkey 47 – Schwarzwald Dry Gin« – und das Rezept, das seitdem originalgetreu rekonstruiert wird. Die Wiedergeburt ist eine Erfolgsstory. Vielleicht auch, weil dem Flaschendesign von damals, das an alte Apotheken-Gefäße erinnert, die Treue gehalten wird
Ein bayerisches Whisky-Märchen
Whisky-Freaks müssen nicht mehr zwingend nach Edinburgh fliegen oder mühsam unter Billigung einer starken Erkältung auf eine stürmische Islay-Insel schippern, um dort bei einer Destillerie-Tour um die Wette zu torkeln. Ein Ausflug zum Schliersee tut es auch – und ist nicht minder charmant. Mehr als 30.000 pilgern jährlich zur Destillerie in Oberbayern. Klein und fein ist sie, die Whisky Manufaktur Slyrs in Neuhaus.
Produziert wird hier ein milder Whisky mit malzigem Charakter und fruchtbetonten Aromen, der schnell seine Fans findet – nicht nur in Bayern. Das Produkt vom Schliersee hat eher weniger mit dem rauchigen, torfigen Whisky der Schotten gemein, so mancher Whisky-Fundi verspottet die milde Note des »Slyrs« sogar. Neben der Expertise Florian Stetters, der die familiäre Tradition der Brau- und Destillateurskunst in dritter Generation ausübt, ist die Qualität des Produktes auch ein Ergebnis regionaler Zutaten. »Slyrs«, benannt nach der alten Bezeichnung für seine Gegend, ist ein zu 100 Prozent regionales Erzeugnis: Naturreine Gerste wird über heimischem Buchenholz geräuchert; die Maische im Kupferkessel zweifach destilliert. Der Whisky wird mindestens drei Jahre in Eichenholzfässern gelagert. Das kalksteinfiltrierte Wasser aus der nahe gelegenen Bannwaldquelle schließlich senkt den mit 55 Prozent Alkoholgehalt gelagerten Whisky auf die Trinkstärke von 43 Volumen-Prozent ab.
Text: Sebastian Bütow, Foto: Getty-Images