Wundervolle braune Bohne
Um Starbucks die Stirn zu bieten, kam ein junger Taiwaner auf die Idee, den Kaffee seiner Gäste nicht mehr namentlich, sondern mit einem Bild von ihnen zu personalisieren. Das funktionierte: Der Selfie-Coffee erfreut sich im technikverliebten Asien großer Beliebtheit. Auf der anderen Seite des Kaffeegenuss-Spektrums wird in Singapur und anderen schnellen Metropolen mit Miezen um die Wette geschnurrt und geschlürft: Katzencafés versprechen Momente der Ruhe. Funktioniert so etwas auch bei uns? Wir haben im Gegensatz zu vielen asiatischen Ländern immerhin eine lange Kaffeetradition. Allein die Deutschen trinken 162 Liter pro Jahr pro Kopf.
Was sagt Deutschlands aktuelle Baristameisterin?
Im Februar wurde Nicole Battefeld zu Deutschlands bester Barista gewählt. Sie bereitet sich gerade auf die vom 20. bis 23. Juni in Amsterdam stattfindende Weltmeisterschaft vor und ist eine Verfechterin des Cold Brew. Battefeld verschreibt sich, ganz die trendige Berlinerin, dem Filterkaffee. Doch bevor Sie den Kopf schütteln: Battefeld ist gelernte Köchin, kennt die Gastronomie von der Pike auf und empfiehlt ihn nicht aus Lifestyle-Gründen. „Das Equipment ist günstig, der Geschmack eines guten Filterkaffees sensationell“, sagt sie, „Definitiv auch für die gehobene Gastronomie ein absolutes Muss.“
Kaffee ist für alle da
Guter Kaffee jenseits von Ketten ist kein Großstadtprivileg, beharren die „Kavaliere“. So nennen sich Mitarbeiter und Inhaber des Café Kava in Traunstein. „Wir wollten einen Ort schaffen, an dem sich jeder wie zu Hause fühlt, egal ob Hipster, Anwalt, Mama oder die Omi mit ihrer Turngruppe“, so Chef-Kavalier Simon Lange. Besser kann man ein Konzept auch für den Bankberater nicht umreißen! Im April dieses Jahres eröffneten sie in zentraler Lage noch eine Rösterei, betreiben ein Coffeemobil und einen Popup-Store in Rosenheim und können fünf (!) Festangestellte bezahlen. Der USP: ein Mix aus Instagram-Optik und Alpenidylle, beispielsweise bei der regionalen Biomilch. Das Erfolgsgeheimnis: „Erstinvestitionen so niedrig wie möglich halten, ein Budget machen und sich daran halten.“
Fairtrade – ein Trend, der bleibt
Fairtrade ist beim Röster J.J. Darboven schon seit 1993 ein Thema. Aus ihrem Pionier-Engagement machte die Hanseatenfamilie die Marke Café Intención. Auch bei Seeberger setzt man auf fairen Kaffee. Hatten Fair-trade-Produkte anfangs mit dem Problem der Qualität zu kämpfen, schwärmt Carsten Rocholl, Leiter des Geschäftsbereichs Kaffee, jetzt von seinem neuen Produkt Valioso: „Die Bohnen stammen aus den besten Anbaugebieten Süd- und Mittelamerikas. Mit Aromen von Schokolade, Karamell und Zitrusfrüchten eignet sich der Valioso perfekt für die Zubereitung als Filterkaffee, Caffè Crema und Milchkaffee.“ Starbucks legt auf das Thema Lieferanten-Rückverfolgung ebenfalls großen Wert, denn immerhin schon vor 14 Jahren schloss sich das Unternehmen mit der NGO Conservation International kurz, um eine langfristige Versorgung mit hochwertigem Kaffee zu schaffen. Bis heute ist das Unternehmen der weltweit größte Abnehmer von Fairtrade-Kaffee. Und es weiß natürlich, dass sich der Konsument das gute Gewissen gerne etwas mehr kosten lässt.
Kalter Kaffee auf dem Vormarsch
Und noch einen Trend sollte man in diesem Sommer im Auge behalten: Cold Brew – darunter versteht man kalt gepressten Kaffee, der 20 Stunden lang zieht. Durch die Zubereitung mit kaltem Wasser lösen sich mehr Aromen, aber weniger Säure und Bitterstoffe. Diese Spezialität ist hierzulande noch nicht so bekannt, in den USA aber schon für einen erheblichen Teil des Umsatzes in coolen Ketten verantwortlich. Hier können sich auch Kleinere positionieren. Der Grazer Röster und Lieferant Hornig schätzt das Wachstumspotenzial für den österreichischen Markt jenseits von Einspänner und Melange als riesig ein und hat für die Gastronomie gerade eine haltbare Flasche herausgebracht. Bei Starbucks steht Cold-Brew-Kaffee bereits seit 2016 auf der Karte.
Und was ist mit Espresso?
Francesco Cantini ist Managing Director Northern Europe bei der MZB Group und der Marke Segafredo. Nachhaltigkeit spielt auch hier eine Rolle, ebenso die Filteroptionen, Cold Brew und mit Stick-stoff versetzter Nitro-Kaffee. Aber unterm Strich sieht er Deutschland nicht als trendorientierten Markt. „Deutschland mag Kaffee, der mit Liebe gemacht ist und nicht mit Schnickschnack überladen“, sagt Cantini. Was den Geschmack in puncto Espresso angeht, lieben es die Deutschen erwartungsgemäß typisch italienisch. Das bestätigt auch Franz Schwaiger, Geschäftsführer Segafredo Zanetti Deutschland: „Unser erfolgreichster Kaffee in der deutschen Gastronomie ist Segafredo Extra Strong. Dies ist ein Mix aus Arabicas und Robustas, den die Röster bei uns für alle Länder gleich rösten, damit Gäste auf der ganzen Welt darauf setzen können, immer diesen gleichen Geschmack zu bekommen – den typischen italienischen Geschmack.“
Text: Gabriele Gugetzer
Bildquelle: Getty Images/klenova