„Der Gast erkennt gute Qualität“
Fast 170 Liter Kaffee tranken die Deutschen 2020 pro Kopf. Für die Gastronomie ist der Wachmacher daher ein guter Umsatzbringer. Doch Kaffee ist nicht gleich Kaffee – wie der Specialty Coffee zeigt. Doch was verbirgt sich eigentlich hinter diesem Begriff und warum ist es so wichtig, guten Kaffee anzubieten? Im Interview erklärt Holger Preibisch, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Kaffeeverbandes, die Veränderungen auf dem Markt.
Was ist Specialty Coffee?
Ein Specialty Coffee zeichnet sich durch seine besondere Rohqualitäten, ein ausgewogenes Röstverfahren und die Rückverfolgbarkeit des Kaffees aus. Zudem werden entsprechende Produkte üblicherweise mit ihren besonderen Geschmackattributen vermarktet. Wie beim Wein gibt es hier Aroma-Räder, mit denen man ein detailliertes Geschmacksprofil erstellt.
Was hebt den Specialty Coffee von dem herkömmlichen Kaffee ab?
Der typische Standardkaffee ist in der Regel eine Mischung aus verschiedenen Kaffees, damit immer dasselbe Geschmacksbild entsteht. Denn auch beim Kaffee variierte die Ernte – nicht nur im Volumen, sondern auch im Geschmack. Jeder Jahrgang hat eine andere Geschmacksausprägung. Hinzu kommen Wetterumschwünge oder politische Gegebenheiten, wodurch eine Sorte, die im letzten Jahr verfügbar war, es im aktuellen nicht mehr ist. Um das alles auszugleichen, nimmt man Mischungen und der Konsument erhält immer dasselbe Geschmacksprofil. Anders ist das beim sortenreinen Kaffee. Da entscheiden sich Konsumenten bewusst für diese eine Sorte. Bei diesem Kaffee kann man dann auch zurückverfolgen, woher er genau stammt. Dagegen ist die genaue Herkunft des Kaffees bei Mischungen für den Konsumenten normalerweise nicht erkennbar.
Gibt es beim Specialty Coffee Besonderheiten bei der Röstung?
Ja gibt es und man achtet auch mehr auf die sogenannte Aufbereitung. Beim Kaffee ist es ein besonderer Prozess, wie das Fruchtfleisch von der Kaffeekirsche entfernt wird. Das kann entweder durch die sogenannte Wasseraufbereitung geschehen oder es wird „natural“ gemacht, das heißt die Kaffeebohne wird in der Sonne getrocknet und dann entfernt. Auch die unterschiedlichen Qualitätsstufen und das Anbaugebiet sowie die Anbauhöhe finden dabei Berücksichtigung. Das Rösten selbst kann man mit dem Braten eines Stück Fleisches vergleichen: Man kann es entweder kurz und scharf anbraten oder lange in der Pfanne brutzeln lassen. So ist es auch bei der Kaffeekirsche: Sie kann entweder ganz kurz oder ganz lange geröstet werden und dementsprechend unterscheidet sich am Ende das Geschmackserlebnisse. Beim Specialty Coffee wird daher immer ein auf die Sorte abgestimmtes Röstprofile gesucht und entwickelt, damit eben alle Aromen aus dieser einen Kaffeesorte herausgekitzelt werden.
Warum sollten Gastronomen einen entsprechenden Kaffee anbieten?
Jahrelang wurde gesagt, dass die Kaffeequalität in der Gastronomie besser ist als die zuhause. Nun hat sich das Blatt jedoch gewendet: Allein im letzten Jahr wurden fünf Millionen Kaffeemaschinen in Privathaushalten gekauft. Das ist bei 36 Millionen Haushalten eine Nummer. Zudem stellen wir fest, dass zuhause immer hochwertigerer Kaffee genutzt wird. Das heißt, der Gast erkennt auch hier zunehmend gute Qualität. Dadurch und durch die Tatsache, dass Kaffee mittlerweile ein Lieblingsgetränk der Deutschen ist, erwartet der Gast in der Gastronomie mittlerweile einen genauso guten Kaffee wie er sich ihn zuhause zubereitet – und da gibt es glaube ich Nachholbedarf. Entsprechend qualitativ hochwertigen Kaffee anzubieten ist also notwendig, um die Menschen überhaupt von ihrer eignen Kaffeemaschine wegzulocken und auch im Wettbewerb mit den anderen Kaffeeausschank-Gelegenheiten zu bestehen.
Vielen Dank für das Gespräch!