Warum Hopfen und Malz noch nicht verloren sind
Alles mechanisiert, alles digitalisiert, alles automatisiert – hat das traditionsreiche Berufsfeld des Bierbrauers ganz allmählich ausgedient? Viele glauben, dass in der heutigen Zeit auch zwischen Schrotmühle und Sudkessel alles von ganz alleine funktioniert. Dass dem keineswegs so ist, musste unter anderem der Brauer und Mälzer Clemens Roth-Kleyer während seiner Ausbildung in einer kleinen Gasthausbrauerei erfahren: „Ich dachte vorher nicht, dass es so anstrengende Arbeit ist“, erinnert er sich heute zurück. Und in der Tat: Wer es sich zur Aufgabe gemacht hat, seine Leidenschaft in die tägliche Arbeit mit Hopfen und Malz zu stecken, muss nicht nur einen erlesenen Geschmack mitbringen, sondern auch eine gute Portion Muskelkraft. Denn selbst im digitalen Zeitalter gilt es, zentnerschwere Säcke und Fässer zu schleppen, mit armdicken Schläuchen zu hantieren und den kompletten Betrieb rund um die Uhr sauber zu halten.
Sabine Droste, Ansprechpartnerin für Brauerausbildung am Dortmunder Fritz-Henßler-Berufskolleg sieht allerdings nicht nur in der körperlichen Arbeit, sondern auch in der hygienischen Verantwortung ein ganz zentrales Element in diesem traditionsreichen Berufsumfeld. Ihr zufolge sollte der heutige Brauer gleichermaßen auch ein naturwissenschaftliches und technisches Verständnis sowie genügend Sensibilität für Lebensmittel mitbringen können. Aber auch die Fachexpertin muss eingestehen: In zahlreichen großen Betrieben besteht die Hauptaufgabe des Brauers heute darin, die Herstellungsprozesse mittels digitaler Anlagen zu überwachen, wogegen in kleineren Brauereien der Mitarbeiter wie schon in früheren Zeiten mit sämtlichen Schritten der Bierherstellung in Berührung komme.
Der Brauer – vom alten Klischee zum neuen Zukunftsberuf
Aber auch für den Braumeister von morgen ist Hopfen und Malz noch lange nicht verloren. Zwar erhalten Brauer nach gutem alten Brauch noch immer rund 15 Liter kostenlosen “Haustrunk“ pro Woche zugesprochen, doch das Klischee des muskelbepackten und trinkfesten Bierfassträgers habe schon lange ausgedient, wie Roland Michl, Studienrat an der Ulmer Ferdinand-von-Steinbeis-Schule zu berichten weiß: „Das Image hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt.“ Vor allem der momentane Hype um hochwertige Craft-Beere trage seinen Anteil dazu bei, bei jungen Leuten wieder ein ganz neues Interesse für den Brauerberuf zu wecken. Viele würden auch frische Ideen in die Arbeit mit einbringen oder sich später gleich ganz selbständig machen. „Wir sind zufrieden mit dem Nachwuchs in der Branche“, weiß auch der Geschäftsführer des Bayerischen Brauerbunds Walter König zu berichten.
Angehenden Bierbrauern stünden laut Michl mittlerweile viele lukrative Zukunftswege offen und außer deren eigentliche Kernkompetenz sei gleichermaßen eine Beschäftigung in Zulieferbetrieben, in der Lebensmittelbranche oder gar in Pharmaunternehmen möglich. Walter König erkennt noch einen weiteren wichtigen Trend: Auch die Damenwelt habe noch nicht den Geschmack am goldenen Gerstensaft verloren und es würden sich immer mehr Frauen für eine Ausbildung zur Brauerin oder Mälzerin entscheiden. „Der Anteil wächst“, sagt der Fachexperte zufrieden, „und das ist auch gut so.“ (dpa/TH)