Flüssiges Brot
Felix vom Endt öffnet den Zapfhahn und frisches Bier sprudelt aus dem Tank direkt ins Glas: noch etwas trüb, aber mit einer cremigen Schaumkrone. „Das sieht schon sehr brotig aus“, sagt der 35-Jährige und lacht. Denn seinen außergewöhnlichen Inhaltsstoff sieht man dem Bier nicht an. Die kleine Craftbier-Brauerei Orca Brau in Nürnberg braut Bier aus Brot, das sonst in der Mülltonne landen würde. Das mag ungewöhnlich klingen. Für den Brauerei-Chef ist es aber nur konsequent: „Man spart mit etwas, das sonst weggeworfen würde.“ Etwa 30 Prozent des Braumalzes ersetzt vom Endt mit Brot, das in den 35 Filialen der Bäckerei Fehl in der Region nicht verkauft wurde.
Brotbier blickt auf lange Tradition zurück
Brotbier hat laut vom Endt im skandinavischen und baltischen Raum eine lange Tradition. In den vergangenen Jahren ist diese Idee auch in Deutschland, Großbritannien und anderen europäischen Ländern verstärkt aufgekommen, um zumindest einen Teil der unzähligen Tonnen Brot, die niemand mehr essen will, vor dem Abfall zu retten. Meist sind es Start-ups, die die Spezial-Biere in kleiner Auflage brauen.
Nische wächst
Deren Zahl ist in Deutschland nach Angaben des Deutschen Brauerbunds sehr überschaubar. Im Vergleich zu den großen Brauereikonzernen besetzt der Frankfurter Daniel Anthes mit seinem Brotbier „Knärzje“ nur eine Nische, diese aber wächst. Waren es anfangs noch 400 Liter, die er pro Abfüllung braute, sind es inzwischen bis zu 5000 Liter alle drei bis vier Wochen. Anthes freut sich über den Erfolg, gibt aber auch zu: „Wir werden mit dem Bier nicht die Welt retten.“ 500 Laib Brot verwendet er pro Brauvorgang. Umgerechnet rette eine Flasche Bier damit eine Scheibe Brot, sagt Anthes. Es gehe ihm vor allem darum, ein Zeichen zu setzen und den großen Brauereien zu zeigen, dass es auch anders gehe.
Brauerbund skeptisch
Abfälle vermeiden und gleichzeitig Rohstoffe sparen – auch der Nürnberger Felix vom Endt sieht im Brotbier viel Potenzial für mehr Nachhaltigkeit. „Das wäre eine Möglichkeit nicht nur für uns, auch für die großen Brauereien.“ Der Deutsche Brauerbund ist jedoch skeptisch. „Aus unserer Sicht lässt sich der Malzbedarf aus verschiedenen Gründen nicht einfach durch Brot ersetzen“, erklärte Sprecher Marc-Oliver Huhnholz. Neben den technischen und lebensmitteltechnologischen Herausforderungen spreche auch dagegen, dass Brot für größere Produktionsmengen und längere Produktionszeiten eingelagert werden müsste. „Ein Aufwand, der aus unserer Sicht nur in einem kleineren Rahmen realisierbar erscheint.“
(dpa/NZ)