Erstes Craftbier aus Abwasser gebraut
Genießbares Bier aus Abwasser? Und das auch noch im Land des Reinheitsgebots? „Wir wollen zeigen, dass gereinigtes Abwasser nutzbar ist und man damit auch hochwertige Getränke herstellen kann“, lässt Jens Scheideler von der Herforder Wassertechnologiefirma Xylem zu dieser Innovation verlauten. Das Unternehmen präsentierte sein Bier mit dem englischen Namen „Reuse Brew“ dieser Tage bei einer Konferenz zur Wassergewinnung und Wiederverwertung, von welchem die Herforder insgesamt vier Hektoliter haben brauen lassen. Allerdings nicht zum Verkauf, sondern für Werbezwecke. „Unser Reuse Brew ist nach allen Regeln der deutschen Braukunst gebraut und enthält neben recyceltem Wasser die besten Zutaten, die ein Craftbier benötigt“, sagt Xylem-Anwendungsmanager und Brauingenieur Jan-Karl Nielebock.
„Ein Zeichen für die Wiederverwendung von Abwasser setzen!“
Gerade in Zeiten von drohender Wasserknappheit will die Firma mit der Bierneuheit ein Zeichen für die Wiederverwendung von Abwasser setzen. Europa gelte zwar als wasserreich, sagt Scheideler, doch nicht in allen Regionen seien die Wasservorräte wirklich groß, wie etwa in in Berlin und Brandenburg. Stephan Natz, Sprecher der Berliner Wasserbetriebe ergänzt: „Wir haben mit Spree und Havel zwei Gewässer, die die Bezeichnung Fluss nicht wirklich verdienen, weil sie zu wenig Wasser führen“. Und das trockene Jahr 2018 habe gezeigt, dass die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser durchaus eine Entlastung für die Grundwasservorräte sein könnte. Die Berliner Wasserbetriebe beteiligen sich als Partner an dem Projekt, denn auch das Unternehmen erforscht seit Jahren die Aufbereitung von Abwasser.
Auch Tschechien und die USA setzten auf Abwasser
Noch wird das gereinigte Wasser aus den Berliner Klärwerken nur in Fließgewässer geleitet und damit ins Grundwasser, von welchem aus das Trinkwasser gewonnen wird. Doch wird Bier aus Abwasser tatsächlich die Zukunft sein? Der Sprecher der Wasserbetriebe zeigt sich realistisch: „Wir wollen zeigen, dass es zumindest technisch möglich ist.“ Er glaube auch, dass Bier aus herkömmlichem Wasser aufgrund der Mineralien besser schmecke. Die ungewöhnliche Bier-Idee ist zudem nicht ganz neu. Auch in den USA habe es schon ähnliche Brauprojekte gegeben und selbst im Bierland Tschechien gäbe es Hopfensaft aus Recyclingwasser. An vielen Orten der Welt werde diese Technologie bereits eingesetzt, so etwa in Afrika und auch im Weltall: „Die Astronauten der ISS zum Beispiel können nur 50 Liter pro Kopf mit ins All nehmen und müssen damit monatelang auskommen“, sagt Natz dazu.
Einsatz von Ozon, Aktivkohle und UV-Licht
Laut Xylem kann das Wasser in einem mehrstufigen Verfahren so sauber werden, dass es die Qualität vieler Tafelwässer sogar noch übertrifft. Neben Ozon und Aktivkohle können demnach auch Wasserstoffperoxid und UV-Licht eingesetzt werden, um Viren, Keime, Industriechemikalien und andere Schadstoffe zu entfernen. „Wenn die Energie keine Rolle spielt, kriegen wir Wasser sonstwie sauber“, sagt Natz. Doch die Reinigung bis zur höchstmöglichen Stufe sei momentan noch sehr teuer und aufwändig. Der Deutsche Brauer-Bund indes kann das neue Projekt eigenen Worten zufolge nicht beurteilen, denn es sei dem Verband nicht bekannt, so Sprecher Holger Eichele. „Das beste Wasser ist das, bei dem sich die Frage der Reinigung und Aufbereitung überhaupt nicht stellt, weil es ausreichend und in bester, naturreiner Qualität vorhanden ist.“