SPD-Rettungspaket für kleine Brauer

„Damit Hopfen und Malz nicht verloren sind“

Hopfen und Malz vor einem Bierglas
Wahlkampf oder Hilfe: Die SPD will ein neues Rettungspaket für kleine Brauer beschließen. (Foto: © Printemps/stock.adobe.com)
Wie kann den kleinen Brauereien geholfen werden? Mit einem einfachen Rettungspaket, dass auf einen Bierdeckel passt, meint die SPD. Dafür will sie im Landtag werben. Die CDU spricht von Wahlkampfmanöver.
Dienstag, 23.02.2021, 09:09 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Mit einem Rettungspaket, das auf einen Bierdeckel passen soll, will die SPD in Nordrhein-Westfalen regionale Brauereien und kleine Hausbrauereien vor dem Aus bewahren. „Für die regionale Brauwirtschaft ist jetzt dauerhaft Fastenzeit, und das schon seit Monaten“, sagte der Fraktionschef der oppositionellen SPD im Landtag, Thomas Kutschaty, am Montag. Die Umsatzeinbrüche seien gerade für kleine und mittlere Brauereien dramatisch, die einen hohen Fassbieranteil hätten und stark von Veranstaltungen abhängig seien. Die CDU warf der SPD Wahlkampf vor. Das Konzept sei untauglich.

„Rettungspaket, das auf einen Bierdeckel passt“

„Damit Hopfen und Malz nicht dauerhaft verloren sind in Nordrhein-Westfalen, haben wir als SPD-Landtagsfraktion ein Rettungspaket geschnürt, das auf einen Bierdeckel passt“, betonte er.

Zu dem wenige Punkte umfassenden Konzept gehörten die Erstattung der Biersteuer für kleine und regionale Brauereien in NRW über drei Jahre, das Ausweiten der Bundeshilfen auf diese Betriebsgrößen und das Abwenden von Insolvenzen mit Landesmitteln. Kutschaty kündigte an, für dieses Rettungspaket im NRW-Landtag werben zu wollen.

„Es geht um Heimat- und Brauchtumspflege“

„Es geht um Arbeitsplätze natürlich, es geht aber auch um Tradition in der Region, es geht auch um Heimat- und Brauchtumspflege“, betonte der Oppositionsführer. Die regionale Biervielfalt müsse erhalten bleiben. Die nationalen Großbrauereien sowie die internationalen Brau-Konzerne verzeichnen in der Regel laut SPD verkraftbare Umsatzverluste. Eine Biersteuer-Erstattung für Brauereien mit bis zu 200.000 Hektolitern Ausstoß pro Jahr würde im Landeshaushalt für die Jahre 2020, 2021 und 2022 insgesamt etwa 20 Millionen Euro ausmachen.

„Das erste Quartal ist auch schon verloren“

Axel Stauder, Geschäftsführer der Essener Privatbrauerei Stauder, wies auf die Folgen der vier Monate langen Gastronomie-Schließungen im vergangenen Jahr hin. Etwa 50 Prozent der sonst üblichen Menge an Fassbier in Deutschland sei nicht konsumiert worden. Dabei schlügen Umsatzverluste durch das gar nicht erst produzierte Fassbier viel stärker zu Buche als Fassbier, das im Einzelfall nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums weggeschüttet werden müsse.

Auch für 2021 sehe es für die Branche bisher nicht gut aus: „Das erste Quartal, ein Viertel ist auch schon wieder komplett verloren, was den Fassbier-Absatz angeht“, unterstrich Stauder. Wesentliche Nachhol-Effekte seien nach möglichen Lockerungen in den kommenden Monaten nicht zu erwarten. Er sehe neben Insolvenzen in der Branche die Gefahr, dass andere kleine und mittelständische Brauer geschwächt aus der Corona-Krise gegenüber den großen Wettbewerbern hervorgingen.

Brauereien für den Wahlkampf entdeckt

Nach Ansicht des finanzpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Olaf Lehne, hat die SPD die Brauereien und Biertrinker für ihren Wahlkampf entdeckt. Unstrittig sei, dass den Brauern Absatzmärkte weggebrochen seien und Hilfsprogramme des Bundes noch besser greifen könnten. „Die SPD fordert aber jetzt in Freibierlaune: Weg mit der Biersteuer, die mit etwa 9 Cent pro Liter erhoben wird“, betonte er. Der Brauereichef aus Kutschatys Wahlkreis habe bei dem Pressegespräch am Montag selbst erklärt, dass die Brauereien derzeit deutlich weniger Bier produzierten. „Was Brauereien weniger produzieren oder gar wegschütten mussten, darauf wird auch keine Biersteuer erhoben.“ Der Vorschlag helfe also nicht weiter.

Offener Brief der Brauereien

Der Deutsche Brauer-Bund veröffentlichte am Montag einen Offenen Brief, in dem er vor einer Insolvenzwelle und einem Kulturverlust warnt. „Wenn Bund und Länder hier nicht gezielt, entschieden und schnell mit finanzieller Unterstützung gegensteuern, droht vielen unserer Betriebe die Insolvenz, obwohl sie bislang solide, nachhaltig und verantwortungsbewusst gewirtschaftet haben“, heißt es in dem Brief, der von über 300 Brauereien unterzeichnet worden sei. In Brauereien wie auch im Gastgewerbe stünden zahllose Arbeitsplätze auf dem Spiel, aber auch ein Teil „unserer vielfältigen Kultur“.

Brauereien haben in der Corona-Krise die Möglichkeit bekommen, sich die Biersteuer stunden zu lassen, um ihren finanziellen Spielraum zu verbessern. Das bedeutet aber eine Belastung in der Zukunft, wenn die Biersteuer nachgezahlt werden muss, hielten Kritiker entgegen. Die Biersteuer steht den Bundesländern zu und betrug 2019 nach Angaben des Bundesfinanzministeriums insgesamt rund 650 Millionen Euro.

(dpa/NZ)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Brauer steht mit Zettel in der Hand vor der Abfüllanlage
Hilferuf
Hilferuf

Offener Brief der Brauereien

300 Brauereien wenden sich mit einem Hilferuf an die Politik. In einem offenen Brief kritisieren sie die fehlenden staatlichen Hilfen und machen auf die Ware im Wert von mehreren Millionen Euro aufmerksam, die bereits vernichtet werden musste.
Dr. Claus Stauder
Nachruf
Nachruf

Dr. Claus Stauder ist gestorben

Am 29. Juni 2024 ist Dr. Claus Stauder, der ehemalige geschäftsführende Gesellschafter der Privatbrauerei Jacob Stauder, im Alter von 86 Jahren verstorben. Er prägte nicht nur die Brauereibranche, sondern auch das Gastgewerbe.
Corona-Wirtschaftshilfen: Letztmalige Fristverlängerung zur Einreichung der Schlussabrechnungen bis zum 30. September 2024. (Foto: © picture alliance / Bildagentur-online/Ohde)
Rückzahlung
Rückzahlung

Corona-Wirtschaftshilfen: Letztmalige Fristverlängerung

Am Donnerstag einigten sich Bund und Länder auf einen letzten Aufschub für die Einreichung der Schlussabrechnung. In der Sonder-Wirtschaftsministerkonferenz wurde der Schlusstermin auf Ende September 2024 festgesetzt. 
Die Absatzkrise der Brauereien in Deutschland geht weiter.
Bierabsatz
Bierabsatz

Das Bier läuft nicht mehr – Brauereien in Alarmstimmung

So wenig Bier wie im Jahr 2023 haben die deutschen Brauer seit der Wiedervereinigung noch nie verkauft. Höhere Preise sind nur schwer durchsetzbar. Doch die wirklichen Probleme kommen erst noch.
V. l. n. r.: Dr. Werner Gloßner (Doemens Academy), Michael König (Biersommelier Maisel & Friends), Markus Briemle (Leiter Technologie Brauerei Gebr. Maisel) und Christian Wolf (Verkostungsleiter Meininger Verlag)
Auszeichnung
Auszeichnung

Brauerei Gebr. Maisel ist „Brauerei des Jahres“

In freudige Gesichter durfte man bei der Verkündung der Ergebnisse der Finest Beer Selection in Neustadt an der Weinstraße blicken. Die Familienbrauerei Maisel aus Bayreuth konnte beim Award auf ganzer Linie überzeugen und für sieben ihrer Biere eine rekordverdächtige Punktzahl erzielen.
Auszubildende beim Bierbrauen
Bierprojekt
Bierprojekt

Auszubildende der Brauerei Gebr. Maisel brauen ihr eigenes Bier

Krönender Abschluss: Bei dem „Project Maisel“ dürfen die Auszubildenden des Abschlussjahrgangs als Gesellenstück ihr eigenes Bier brauen. Dabei übernehmen sie die Verantwortung für alle Schritte – von der Kreation über den Brautag bis hin zur Vermarktung. Das Projekt ging in diesem Jahr bereits in die vierte Runde.
Bundeskanzler Olaf Scholz und Brauer Michael Albrecht
Hoher Besuch
Hoher Besuch

Olaf Scholz zu Gast bei „Gold Ochsen“

Am 16. Januar 2023 war es soweit: Anlässlich ihres 425. Jubiläums besuchte Bundeskanzler Olaf Scholz die Brauerei „Gold Ochsen“. Neben einem Rundgang durch die Produktion stand der persönliche Austausch mit der Belegschaft im Fokus.
Bierkenner Oliver Wesseloh degustiert ein Bier.
Interview
Interview

Schmeckt Bier vom Fass besser?

Es ist eine Streitfrage unter allen, die gerne einmal ein Bier trinken: Schmeckt es frisch vom Fass gezapft wirklich besser als aus der Flasche? Ein Bierexperte klärt auf.
Prof. Dr. Ludwig Narziß
Nachruf
Nachruf

Trauer um Prof. Dr. Ludwig Narziß

Der Deutsche Brauer-Bund trauert um Prof. Dr. Ludwig Narziß, der am 29. November im Alter von 97 Jahren verstorben ist. Als Brauwissenschaftler hat Prof. Dr. Ludwig Narziß den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis verstärkt und dadurch die Branche geprägt.