Milch aus Katar: Schicken die Scheichs unsere Kühe in die Wüste?
Es ist ein ehrgeiziges Vorhaben, das Al Chajat als Vize-Präsident der Firma Baladna mit zu verantworten hat. Schon jetzt hält das Unternehmen nördlich der Hauptstadt Doha mitten in der Wüste mehr als 20.000 Schafe und Ziegen, aus deren Milch es Molkerei-Produkte herstellt, eine gepflegte Anlage. Auch Kuhmilch füllt es schon ab.
Innerhalb kürzester Zeit will Baladna nun Ställe für 4.000 neue und eigene Kühe aus dem Boden stampfen. Allein 1.000 sollen aus Deutschland eingeflogen werden, die restlichen aus den USA und Australien. „Wir arbeiten sieben Tage die Woche“, sagt Al Chajat.
Seine Worte klingen fast trotzig, doch solche Reaktionen sind in diesen Tagen immer wieder in Katar zu hören. Vor vier Wochen haben die Golfnachbarn Saudi-Arabien, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) alle Kontakte zu dem Emirat abgebrochen und die Grenzen geschlossen. Aus Ärger über Katars angebliche Unterstützung für Terrorgruppen und seine guten Kontakte zum schiitischen Iran.
Wirtschaftliche Not macht Katarer erfinderisch
Diese Blockade setzt Katars Wirtschaft unter Druck. Milchprodukte sind dafür ein gutes Beispiel, von denen das Emirat bisher rund 80 Prozent vom großen Nachbarn Saudi-Arabien importierte. Vor allem der Konzern Al-Marai versorgte die katarischen Supermärkte mit Milch, Joghurt und Käse. Das Logo der Firma ist zwar immer noch als Werbung in Kühlregalen zu sehen – doch seit Saudi-Arabien jeden Export nach Katar untersagt, haben vorerst türkische Milchprodukte die Lücken geschlossen, die kurzfristig die Kataris erschreckt hatten.
Geht es nach Al Chajat, soll aber auch das nur eine vorübergehende Lösung bleiben. „In neun Monaten“, prophezeit der Geschäftsmann, „kann sich Katar autark versorgen.“ Schon jetzt werben Händler in Doha für einheimische Waren: „Ja zu katarischen Produkten“, steht an den Eingangstüren vieler Geschäfte in der Hauptstadt.
Saudi Arabien überschwemme den Markt mit Billigprodukten
Aber selbst wenn Al Chajats Vorhersage eintreten sollte, wäre nur eines der Probleme gelöst, die Katars Wirtschaft drohen. Das Emirat gilt als reichstes Land auf der Erde. Das größte Gasfeld der Welt vor der Küste, das sich Katar mit dem Iran teilt, beschert Einheimischen ein Durchschnittseinkommen von fast 130.000 US-Dollar im Jahr.
Doch Katar, von der Fläche gerade einmal halb so groß wie Hessen, ist genau deswegen auch verwundbar. Von den Einnahmen aus dem Verkauf des Flüssiggases hängt in dem Land so ziemlich alles ab. Der Wohlstand, der Etat, die Fußball-Weltmeisterschaft 2022, die Katar ausrichten wird.
Ramis Al Chajat jedenfalls sagt der Konkurrenz aus dem Nachbarland den Kampf an. Die Saudis, stöhnt er, hätten bis zur Blockade den Markt mit billigen Produkten überschwemmt: „Aber was sie verloren haben, werden sie nicht wieder zurückgewinnen.“ (dpa / FL)