Hotel mit Nervenkitzel

Flüchtlinge im Knast: Als Hoteliers

Flüchtlinge managen Knast-Hotel „The Movement“ in Amsterdam. (Foto: © facebook.com/the Movement Hotel)
Flüchtlinge managen Knast-Hotel „The Movement“ in Amsterdam. (Foto: © facebook.com/the Movement Hotel)
Ein Hotel mit Nervenkitzel: Bis vor kurzem schliefen berüchtigte Kriminelle in den Zimmern. Nun ist es eine hippe Herberge und ein Arbeitsplatz für Flüchtlinge.
Freitag, 22.09.2017, 08:40 Uhr, Autor: Markus Jergler

Das Amsterdamer Hotel „The Movement Hotel“ gehört zur Kategorie: sehr außergewöhnlich. Die neueste Herberge der niederländischen Hauptstadt  war ein Gefängnis, das berüchtigte „Bijlmer-Bajes“ im Südosten der Stadt. An diesem Freitag öffnet das „Movement“ seine Tore, und die sind – versteht sich – aus dickem Stahl.

Knastatmosphäre mit Rosa Wänden
Zwei Etagen mit je acht Zellen wurden zum Hotel umgewandelt. Quietschrosa und knallrot sind die Gänge gestrichen, die Zimmer im edlen Weiss. Doch die Knast-Atmosphäre ist noch überall zu spüren. Die massiven Türen haben viele Schlösser, und alle Fenster sind vergittert. Düstere Aussichten? „Keineswegs“, lacht Khaled Alkordi. „Es ist ein fantastischer Ort.“ Für den 29-jährigen Syrer startet hier ein neues Leben. Vor drei Jahren kam er als Flüchtling in die Niederlande. In Damaskus hatte er Wirtschaft studiert, jetzt ist er Empfangschef des „Movement“. Khaleds Arbeitsplatz ist der frühere Aufenthaltsraum der Gefängniswärter. Nun sind die einst schmutzig grün-weißen Wände pink. Die tristen Resopaltische und Kantinenstühle wurden durch knallrote Bänke und Hocker ersetzt. Ein paar Kupferlampen baumeln an der Decke, fröhliche Gummibäume stehen vor den Fenstern. Fertig ist die hippe Hotel-Lobby.

„Arbeit ist der beste Weg zur Integration“
„Früher war dies ein Ort der traurigen Geschichten“, sagt Khaled nachdenklich. „Jetzt ist es ein Ort für positive neue Erinnerungen“. Das gilt nicht nur für Touristen, die eine Zelle buchen wollen. Wie Khaled sind alle 20 Mitarbeiter des Hotels Flüchtlinge, aus Syrien, dem Irak und Eritrea. Die niederländische Flüchtlingshilfsorganisation „Movement on the Ground“ hatte das Hotel gegründet, um für sie Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. „Arbeit ist der beste Weg zur Integration“, sagt Nina Schmitz, Direktorin der Organisation.

Hilfe von Profis und Unternehmen
Profis aus der Hotelbranche helfen bei der Ausbildung. „Es gibt in den Niederlanden einen großen Mangel an Fachkräften für Hotels und Restaurants“, sagt Schmitz, „eine feste Stelle ist für viele so gut wie sicher.“ Das Gefängnis war im vergangenen Jahr geschlossen worden – wie viele niederländische Haftanstalten aus Mangel an Verbrechern. In die sechs hohen charakteristischen weißen Türme zogen bereits Dutzende kleine Betriebe, darunter viele Kreative und Hilfsorganisationen. In einem Turm wurde ein Asylbewerberheim eingerichtet. Rund 600 Flüchtlinge wohnen dort zur Zeit. Einige von ihnen fanden bereits einen Arbeitsplatz auf dem Gelände. Über die Refugee-Company etwa, die Flüchtlingen auch bei der Gründung eines eigenen Betriebes hilft. Im Restaurant „A Beautiful Mess“ etwa kochen und servieren Flüchtlinge mediterrane und arabische Köstlichkeiten. Das fröhlich-bunte Restaurant – die frühere Gefängniswäscherei – ist übrigens auch Frühstücksraum für die Hotelgäste.

Auch muss kein Gast wirklich auf harten Gefängnispritschen schlafen, verspricht Nina Schmitz von der Hilfsorganisation. „Die Matratzen sind super bequem.“ Eine Spende von einem Luxus-Bettenhersteller. Jedes Zimmer hat ein Klo. Die Duschen sind auf dem Gang.  „Wie früher bei den Gefangenen auch“, sagt sie. So manches kann dem Hotelgast noch einen Schauer über den Rücken treiben: Die Lautsprecheranlage im Zimmer. Drohende Kameras an jeder Ecke. Fenster, die man nicht öffnen kann. Und der Blick auf Stacheldraht. Doch keine Angst: Khaled gibt jedem Gast einen Zimmerschlüssel: „Früher war es ein Ort der geschlossenen Türen“, sagt er. „Nun ist es ein Ort der offenen Türen.“ (dpa/MJ)

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