Wie Wirte sich vor dem Wirtshaussterben schützen
Viele Wirte versuchen hart zu bleiben und dem Wirtshaussterben zu trotzen, so wie Muk Röhrl im Gasthaus seiner Großeltern bei Regensburg. Einfach sei es nicht, sagt Röhrl. Viel Lehrgeld habe er anfangs bezahlt. Aber: „Ich habe es einfach probiert.“ Die bayerische Staatsregierung und der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Bayern haben nun ein Hilfsprogramm aufgelegt, um die Wirtshauskultur zu schützen und zu erhalten.
Die aktuelle Situation
Seit 2006 hat ein Viertel der Schankwirtschaften in Bayern zugemacht. Etwa 500 Gemeinden im Freistaat haben dem Dehoga zufolge kein Wirtshaus mehr. Gründe gibt es viele, wie Verbandspräsidentin Angela Inselkammer sagt. Gesetzesauflagen und Verordnungen für Gastronomen, aber auch veränderte Gewohnheiten im Alltag auf dem Land. „Früher war es normal, zum Stammtisch zu gehen oder sich mit dem Verein im Wirtshaus zu treffen“, sagt sie. Heute gebe es Gemeinden mit zehn Vereinsheimen, aber keinem Gasthof mehr.
Die Verdienstmargen in der Branche seien gering. „Es gehört viel Idealismus dazu. Wenn dann die Umstände immer schwieriger werden, sagt der Wirt nun mal: „Ich kann und mag nicht mehr“.“ Es brauche wieder mehr Wertschätzung der Gesellschaft für den Wirt, fordert Inselkammer. Und ein Wirt müsse sich fragen: „Was muss ich tun, damit ich wieder der Mittelpunkt im Dorf werde?“ Er könnte eine Paketabholstation aufmachen, einen Mittagstisch für Senioren einrichten oder Essen ausliefern, schlägt die Dehoga-Präsidentin vor.
Was kann man tun?
Muk Röhrl führt sein Wirtshaus bereits in elfter Generation, zusperren war niemals eine Option. „Mein Herz hängt halt an diesem Haus.“ Inzwischen ist er seit zwölf Jahren Wirt. Seinen Gästen will er Qualität bieten, also: frisch kochen statt Fertigprodukte – auch wenn es sich bei den Preisen auf der Speisekarte niederschlägt.
Was einem Wirt das Leben und Überleben erschwert? Fachkräftemangel, Bürokratie, Mehrwertsteuersätze, Stehimbisse sowie unflexible Arbeitszeiten, zählt Röhrl auf. „Es gibt Angestellte, die lieber 40 Stunden an vier Tagen arbeiten als verteilt auf fünf Tage. Die geben lieber an weniger Tagen Vollgas, wo viel los ist, als dann vielleicht an einem Wochentag im Restaurant zu stehen, wo nur fünf Gäste da sind.“
Muk und Karin Röhrl haben ihren Betrieb den Gegebenheiten angepasst. Zwei Drittel ihres Geschäfts machen sie mit Taufen, Hochzeiten, Kommunions- oder Weihnachtsfeiern. Wochentags bleibt das Gasthaus mittags geschlossen. Und einen Cateringservice bieten sie an – wenn die Kunden nicht zu den Röhrls kommen, kommen die Röhrls eben zu den Kunden. Zurzeit arbeitet die Familie an einem kleinen Museum im Obergeschoss des Gasthofes, der 2010 vom Guinnessbuch der Rekorde als „das älteste Wirtshaus der Welt“ ausgezeichnet worden ist.
Welche Hilfen gibt es?
Eine Nische für sich zu finden ist auch aus Sicht des Dehoga eine Chance, um als Wirtshaus auf dem Land bestehen zu können. Isabella Hren ist Geschäftsführerin der Bayern Tourist GmbH und hat einen Leitfaden entwickelt für die sogenannte Blitzlichtberatung von Dehoga und Staatsregierung. An der Kampagne können sich Wirtshäuser, die weniger als zwei Millionen Euro Jahresumsatz und nicht mehr als 20 Vollzeitmitarbeiter haben, kostenlos beteiligen. Auf Wunsch kommt ein Berater in den Gasthof, verschafft sich zwei Stunden lang einen Überblick und gibt dem Wirt dann Tipps, wo Potenzial liegt. „Wir wollen die Wirte motivieren.“
Zudem soll es ab 2019 jährlich rund dreißig Millionen Euro zusätzlich für den Tourismus von der Staatsregierung geben. Das Geld sei vor allem für Modernisierungen – etwa im Sanitärbereich – oder für die Schaffung von Barrierefreiheit in Wirtshäusern gedacht, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. (lby/MJ)