New Yorker Küchenchefinnen läuten Branchenwandel ein
Gastronomie ist eine Männerdomäne. Insbesondere die Haute Cuisine. Frauen arbeiten in der Regel im Service oder als Zuarbeiterinnen. Ein Blick über den großen Teich nach New York zeigt, dass sich gerade eine Riege an selbstbewussten Spitzenköchinnen formiert, die ihren männlichen Kollegen in Nichts nachstehen – ganz im Gegenteil. Wie in der Sueddeutschen zu lesen, zeichnen sie sich durch einen anderen, eigenen Führungsstil aus und sind damit mindestens genauso erfolgreich. Aber der Weg ist steinig.
In der Küche herrscht Ruhe
Es herrschen klare Regeln in der Küche des Restaurants „Del Posto“ im New Yorker Stadtteil Chelsea. Eine davon ist Ruhe. Denn Küchenchefin Melissa Rodriguez will nicht schreien. Und der Laden läuft trotzdem. „Ich möchte eine positive Arbeitskultur schaffen“, sagt sie. Dieser Führungsstil ist eine seltene Ausnahme. Und es ist eine Seltenheit, dass eine Frau den (ruhigen) Ton angibt. In der Landschaft der Sternegastronomie in New York ist Melissa Rodriguez eine von nur zwei Guide-Michelin-Sterneköchinnen, 74 Sternerestaurants werden von männlichen Küchenchefs geleitet. „Ich habe immer so gearbeitet, als hätte ich mein Geschlecht an der Tür abgegeben“, sagt sie. Und auf noch etwas legt sie großen Wert: Ausgleich. Denn sie weiß, wie enorm die Belastung für das Küchenteam sein kann. „Wir sprechen viel darüber, wie man auf sich selbst aufpasst“, sagt Melissa Rodriguez. „Es ist mir sehr wichtig, eine gute Mentorin zu sein.“ Dazu gehört für sie auch, sich für Frauen in der Gastronomie stark zu machen und sie zu fördern. Daher hat sie auch überwiegend weibliche Angestellte.
Frauen gehen nicht, weil es hart ist
Einen ganz ähnlichen Führungsstil zeichnet auch Amanda Cohen aus – Besitzerin und Chefköchin von „Dirt Candy“ in der Lower East Side von Manhattan. Es gilt als eines der besten vegetarischen Restaurants in New York und wird vom Guide Michelin empfohlen. Zwar schreit auch sie nie in der Küche, wird aber laut, wenn sie im Vorstand der Interessensvertretung Women Chefs & Restaurateurs für die Frauenrechte in der Branche kämpft. „Wir Frauen sind in unserer Karriere mehr belästigt und herumgeschubst worden und wollen aus diesem Kreislauf ausbrechen“, sagt sie. Denn nicht nur gerechtere Löhne seien unbedingt notwendig, sondern auch Maßnahmen für Mutterschutz. So sei fehlende Kinderbetreuung, wie sie der Sueddeutschen sagt, der Hauptgrund, dass Frauen die Branche verlassen. „Sie gehen nicht, weil es hart ist!“, meint Amanda Cohen. „Frauen sind doch viel härter als Männer.“ Die Arbeitszeiten in der Gastro ließen sich aber schlecht mit einer Familie vereinbaren. Die Arbeitnehmerzahl in der Branche sei ohnehin schon knapp.
„Eine Welt der Arschlöcher und Cowboys“
Adrienne Cheatham gilt ebenfalls als neuer weiblicher Stern am Spitzengastronomie-Himmel. Derzeit ist sie Gastgeberin von Pop-up-Restaurants in Harlem. Ein Trend in New York, vor allem, wenn weibliche Köche dort arbeiten. Überhaupt ist es ein Trend, in Restaurants mit Küchenchefinnen zu gehen. Das Geschlecht wird zum Marketinginstrument, wie die Sueddeutsche schreibt. Eine deutliche Reaktion in Zeiten von #MeToo, in denen branchenübergreifend immer mehr Übergriffe, Unterdrückungen und sexistisches Verhalten offengelegt werden. Entsprechendes hat auch Adrienne Cheatham erlebt. In ihren Anfangsjahren arbeitete sie in Restaurants, die, wie sie sagt, „eine Welt der Arschlöcher und Cowboys“ gewesen sind. Von einem Kollegen wurde sie begrabscht, zotige Witze gehörten zum Alltag. Mit welchen Hürden Frauen außerdem zu kämpfen haben, erfuhr sie, als sie ihr eigenes Restaurant eröffnen wollte. Sie fand keinen Investor. Denn die sind überwiegend männlich und unterstützen auch hauptsächlich Männer. So bekämen berühmte Köche eher Geld und könnten damit große Restaurants eröffnen, wohingegen Frauen meist weniger berühmt und daher weniger investitionswürdig sind. So könnten sie sich maximal mit kleinen Restaurants selbstständig machen.