Aufrichtig bleiben

So gibt man gutes Feedback

Chefin zeigt ihrem Mitarbeiter „Daumen hoch“
Auch im Arbeitsleben ist (konstruktives!) Feedback wichtig. (© Suteren Studio – stock.adobe.com)
Die meisten wollen es, aber den wenigsten gelingt es: im Arbeitsleben konstruktives Feedback geben. Zu schnell kochen die Emotionen hoch. Wie geht’s besser? Eine Anleitung in fünf Schritten.
Montag, 23.12.2019, 14:06 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Gutes Feedback zu geben, gehört wohl zu den Königsdisziplinen im Arbeitsleben. Doch zwischen Alltag, Termindruck oder Emotionen laufen so manche Gespräche zwischen Kollegen und Mitarbeitern aus dem Ruder. Aber wie geht konstruktive Kritik, ohne Gefühle zu verletzen?

Feedback planen

Gespräche zwischen Tür und Angel, emotionsgeladene Monologe oder der Plausch in der dunklen Kaffee-Ecke eignen sich selten als konstruktives Feedback. „Gesprächsatmosphäre, Kontext und Zeitpunkt ist das, was die meisten Leute vergessen“, sagt Wirtschaftspsychologin Eva Schulte-Austum.

Feedback sollte zeitnah erfolgen, idealerweise direkt oder einen Tag später. „Drei Tage später ist die Erinnerung schon trügerisch.“ Ein guter Zeitpunkt für Feedback-Gespräche kann der Nachmittag sein. „Man sollte kein Feedback vor dem Mittagessen geben, weil die meisten von uns dann ein Zuckerdefizit haben und eher etwas griesgrämig sind“, so Schulte-Austum. Gleichzeitig kommt Feedback nur beim Gegenüber an, wenn man selbst zumindest neutral gestimmt ist.

Auch der Mediator Enno Gerdes warnt davor, dem Gegenüber impulsiv die Meinung ins Gesicht zu sagen: “Wenn ich sehr ärgerlich bin, ist es vielleicht besser, wenn ich mich erstmal ein paar Stunden beruhige oder eine Nacht darüber schlafe. Denn mit dieser Emotion bin ich gar nicht richtig handlungsfähig.“ Sind die Gemüter beruhigt, lässt sich besser reflektieren – und das am besten im direkten Gespräch.

„Ich würde immer ein persönliches Feedback vorziehen. Wenn das nicht klappt, dann bitte telefonieren. Je mehr Informationen wie Mimik, Gestik und Stimme zur Verfügung stehen, desto besser“, erklärt Eva Schulte-Austum. Apropos Stimme: Die Sprache sollte immer freundlich und wertschätzend sein. Im Hinblick auf die Rhetorik gibt es aber „keine allgemeingültigen Do’s and Don’ts“, sagt Sprachwissenschaftler Professor Hartwig Eckert. Denn Äußerungen seien immer kontextbezogen und situationsabhängig. Vor einem Mitarbeitergespräch empfiehlt Eckert deshalb beiden Gesprächspartner, sich jeweils die Frage zu stellen: „Als wer spreche ich zum wem aus welchem Anlass und mit welchem Ziel?“ Als Experte gebe man Tipps, als Kollege Empfehlungen, als Boss Anordnungen oder als Feedback-Geber nichts außer Rückmeldung. Vorwürfe, Beschuldigungen, Rechtfertigungen – all das hat in einem Feedback-Gespräch nichts zu suchen.

Sachlich bleiben

Am Anfang sollte Schulte-Austum zufolge die eigene Wahrnehmung des Sachverhalts stehen, möglichst konkret und ohne Bewertungen. Das heißt aber nicht, der Kollegin ein „Du bist immer unpünktlich“ entgegenzuschmettern. Ein Satz wie „Gestern Morgen warst du nicht um acht Uhr im Büro“ ist dann besser. „Wir können Feedback gut annehmen, wenn es unser Verhalten beschreibt. Wir können es nicht gut annehmen, wenn es gegen unsere eigene Person geht, gegen Dinge, die wir nicht gut ändern können“, so die Expertin. Denn dann verfalle das Gegenüber schnell in den Verteidigungsmodus und höre nicht mehr zu.

Dass die Schwelle zwischen Beobachtung und Bewertung manchmal schwer zu erkennen ist, weiß auch Enno Gerdes. Formulierungen wie „du bist zu spät“ seien bereits wertend, und Wörter wie „immer“ oder „schon wieder“ sollte man in einem Feedback-Gespräch generell weglassen.

Ich-Botschaften senden

Hat man dem Gegenüber mitgeteilt, um welche Beobachtung es geht, sollte man die eigene Empfindung vermitteln. „Ich sollte meinem Gesprächspartner erklären, was diese Beobachtung mit mir gemacht hat, welches Gefühl sie in mir ausgelöst hat und welches meiner Bedürfnisse nicht erfüllt wurde“, erklärt Gerdes. Fühle ich mich wütend, enttäuscht oder zurückgesetzt, wenn der Kollege zu spät zum Meeting kommt? Und wenn ja, warum? Diese Frage gilt es zu klären. „Wichtig ist, dass wir Ich-Botschaften senden, nicht vom Du oder man sprechen. Von man fühlt sich keiner angesprochen“, gibt Schulte-Austum zu bedenken.

Erwünschtes Verhalten benennen

„Wir sind gut darin zu sagen, was nicht gut läuft, aber vergessen oft zu sagen, wie es besser gehen soll“, erklärt Schulte-Austum. Konkrete Lösungsvorschläge, wie die Zusammenarbeit künftig laufen soll, helfen dem Gegenüber, Kritik aufzunehmen. Am besten formuliert man diese Lösungsvorschläge als Bitte und nicht als Forderung, sagt Enno Gerdes. „Der Feedback-Empfänger kann dann selbst entscheiden, ob er der Bitte nachkommt oder nicht.“

Vertrauen stärken

“Fehler passieren, sie passieren jedem. Aber mit dem Blick nach vorne kann ich sehr schön ausdrücken, dass ich an eine gemeinsame Zukunft glaube“, sagt Schulte-Austum. Ebenfalls wichtig: dem Gegenüber die Gelegenheit geben, sich zum Feedback zu äußern, Nachfragen zu stellen. „Vertrauen setzt an einer sehr sensiblen Stelle an: unserer Ehre. Wenn uns jemand Vertrauen schenkt, werden wir alles daran setzen, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen.“ Deshalb sollte bei Feedback-Gesprächen niemals Taktik, sondern immer Aufrichtigkeit im Spiel sein, findet auch Gerdes. Das stärke die Beziehung zum Gegenüber. Das gilt auch für positives Feedback – das im Alltag oft zu kurz kommt.

Aber etwas Negatives mit etwas Positivem aufwerten zu wollen, funktioniert nicht. „Das Verhältnis muss fünf zu eins sein, das wissen wir aus der Forschung. Wir brauchen fünf positive Aspekte, um einen negativen auszugleichen“, erklärt Schulte-Austum. (dpa/CK)

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