Macht Alkohol kreativ?
Von Ernest Hemingway über Truman Capote bis Stephen King – die Liste der Künstler und insbesondere der Schriftsteller, die sich ihre Kreativität mit Alkohol „ertrunken“ haben, ist lang, wie in der Tageszeitung „Der Standard“ jüngst zu lesen war. Doch ist an dem Klischee etwas dran, dass Alkohol auch deshalb eine Künstlerdroge ist, weil er kreativ macht? Ein österreichisches Forscherteam um Aljoscha Neubauer vom Institut für Psychologie der Universität Graz ist dieser Frage experimentell nachgegangen. Seine Studie, die kürzlich im Fachblatt „Consciousness and Cognition“ publiziert wurde, liefert durchaus eine Bestätigung für die Annahme.
Allerdings legen Erstautor Mathias Benedek und seine Kollegen Wert auf zwei wichtige Einschränkungen: „Zum Ersten wäre die Verallgemeinerung falsch, dass Kreativität durch Alkohol generell gefördert wird. Zum Zweiten sind die positiven Effekte vermutlich auf sehr geringe Mengen von Alkohol beschränkt“, so Klaus Taschwer im Standard.
Blutalkoholspiegel lediglich 0,3 Promille
An der Untersuchung, die diese Ergebnisse lieferte, nahmen insgesamt 70 Probanden zwischen 19 und 32 Jahren und ohne auffälligen Alkoholkonsum teil. Je nach Geschlecht und Gewicht durfte eine Hälfte der Studienteilnehmer gerade so viel Bier trinken, um einen Blutalkoholspiegel von 0,3 Promille zu erreichen. Das gelang bei Männern im Normalfall durch das Trinken von einem großen Bier, während Frauen diese leichte Intoxikation durch ein kleines Bier erreichten.
Die Kontrollgruppe erhielt in ganz ähnlichen Mengen alkoholfreies Bier, das optisch und geschmacklich vom alkoholhaltigen kaum zu unterscheiden war. Die Teilnehmer in beiden Gruppen gingen jedenfalls davon aus, geringe Mengen Alkohol getrunken zu haben. Vor und eine halbe Stunde nach dem Bierkonsum mussten die Studienteilnehmer laut der Standard-Meldung mehrere psychologische Tests absolvieren. Die Auswertung der Testergebnisse zeigte, dass leichter Alkoholkonsum das „Querdenken“ unverändert ließ, die Arbeitsgedächtnisleistung verschlechterte, die Fähigkeit zu kreativer Problemlösung mit Wörtern aber verbesserte. Die Interpretation der Psychologen: Alkohol lockert kognitive Kontrollen, und das wiederum fördert bestimmte Formen des kreativen Denkens (wie Wortassoziationen), andere – wie das Querdenken – aber eher nicht. (Der Standard/CK)