Kurzarbeit: Corona-Sonderregeln verlängert
Der Bundestag hat am vergangenen Freitag, 20. November 2020, das „Gesetz zur Beschäftigungssicherung infolge der COVID-19-Pandemie“ beschlossen. Dieses beinhaltet ein Maßnahmenpaket, das Sonderregeln zur Kurzarbeit bis Ende 2021 verlängert und so auch im kommenden Jahr einen Corona-bedingten Anstieg der Arbeitslosenzahlen in Deutschland verhindern soll.
Konkreter Beschluss des Beschäftigungssicherungsgesetzes:
- Das Kurzarbeitergeld wird weiterhin ab dem vierten Bezugsmonat von ursprünglich 60 Prozent des Gehalts (67 Berufstätige mit Kindern) auf 70 (77) Prozent erhöht und ab dem siebten Monat auf 80 (87) Prozent. Diese Regel gilt bis zum 31. Dezember 2021 für alle Beschäftigten, deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld bis zum 31. März 2021 entstanden ist.
- Minijobs bis 450 Euro bleiben bis Ende 2021 generell anrechnungsfrei.
- Um Weiterbildungen während der Kurzarbeit zu fördern, ist die hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr daran geknüpft, dass die Qualifizierung mindestens 50 Prozent der Zeit des Arbeitsausfalls betragen muss.
Zudem wurden zweierlei Verordnungen beschlossen:
Erste Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung
- Die Zugangserleichterungen (Mindesterfordernisse, negative Arbeitszeitsalden) werden bis zum 31. Dezember 2021 verlängert für Betriebe, die bis zum 31. März 2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.
- Die Öffnung des Kurzarbeitergeldes für Leiharbeitnehmer wird bis zum 31. Dezember 2021 verlängert für Verleihbetriebe, die bis zum 31. März 2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.
- Die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge während der Kurzarbeit wird bis 30. Juni 2021 verlängert. Vom 1. Juli 2021 bis 31. Dezember 2021 werden die Sozialversicherungsbeiträge zu 50 Prozent erstattet, wenn mit der Kurzarbeit bis 30. Juni 2021 begonnen wurde.
Zweite Verordnung über die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld
- Die Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld wird für Betriebe, die mit der Kurzarbeit bis zum 31. Dezember 2020 begonnen haben, auf bis zu 24 Monate verlängert, längstens bis zum 31. Dezember 2021.
Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil, sagte: „Kurzarbeit ist unser Erfolgsmodell, mit dem wir das Auskommen von Millionen Beschäftigten und ihren Familien sichern. Diesen Weg gehen wir weiter.“ Man denke aber auch an die Zeit nach der Pandemie. So könnten sich Unternehmen mit Weiterbildung und Qualifizierung den Herausforderungen des Strukturwandels besser stellen, weshalb auch für Weiterbildungsvorhaben Anreize geschaffen wurden. „So wird Kurzarbeit nicht nur zur Brücke über ein tiefes wirtschaftliches Tal, sondern auch zum Weg in die Zukunft“, erklärte Heil.
Die zahlreichen Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld sollten ursprünglich zum Jahresende auslaufen. Die Regierung geht aber noch nicht von einer Entspannung der Situation aus, wie sie in der Begründung zu ihrem Gesetzentwurf schreibt. Das Beschäftigungssicherungsgesetz wird nun im parlamentarischen Verfahren behandelt. Es soll gemeinsam mit den beiden Verordnungen am 1. Januar 2021 in Kraft treten.
Dehoga zeigt sich zufrieden
Der Branchenverband Dehoga zeigte sich zufrieden über die politischen Erleichterungen für den Bezug des Geldes. Sandra Warden, Dehoga-Geschäftsführerin für den Bereich Arbeitsmarkt und -recht, Soziales und Berufsbildung, sagte, die Politik hätte die richtigen Weichen gestellt und betonte die Wichtigkeit der finanziellen Maßnahme: „Ohne das Kurzarbeitergeld wäre die Zahl der Arbeitslosen in der Branche in die Höhe geschossen.“ Nach der Corona-Pandemie werde die Branche die bewährten Fach- und Arbeitskräfte wieder dringend benötigen. „Jetzt im November-Lockdown kehren viele Betriebe, die die Kurzarbeit bereits beenden oder reduzieren konnten, wieder in ‚Kurzarbeit Null‘ zurück“, erklärte Warden. Denn das Geschäft sei wieder fast komplett weggebrochen. 70 Prozent der Betriebe bangten um ihre Existenz.
Das Wichtigste zur Kurzarbeit – fünf Fragen, fünf Antworten zu den Neuerungen
- Was bedeutet die Kurzarbeit-Regelung?
Das Kurzarbeitergeld (KuG) beträgt üblicherweise 60 Prozent des ausgefallenen Netto-Lohns bzw. 67 Prozent bei Erwerbstätigen mit Kindern. Ab dem vierten Bezugsmonat wird das KuG nach den Corona-Sonderregeln auf 70 Prozent erhöht – für Berufstätige mit Kindern auf 77 Prozent. Diese Regelung gilt nun weiter. Ab dem siebten Monat in Kurzarbeit soll es weiter 80 beziehungsweise 87 Prozent des Lohns geben. Diese Regelung soll vor allem Beschäftigten zugutekommen, die bis Ende März 2021 in Kurzarbeit geschickt werden. Minijobs bis 450 Euro bleiben bis Ende 2021 generell anrechnungsfrei.
- Wer bekommt kein Kurzarbeitergeld?
Wer regulär und ausschließlich auf 450-Euro-Basis arbeitet oder während der Corona-Krise bis zum 31.10.2020 längstens fünf Monate oder 115 Tage im Kalenderjahr beschäftigt wird, gilt nach Paragraf 8 im Sozialgesetzbuch IV (SGB) als geringfügig Beschäftigter und zahlt somit keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. An eine Pflicht zur Arbeitslosenversicherung ist das Kurzarbeitergeld aber gekoppelt.
- Ist Kurzarbeitergeld abgabenfrei?
Das Kurzarbeitergeld selbst ist steuerfrei. Es unterliegt aber bei der Einkommensteuererklärung dem sogenannten Progressionsvorbehalt. Uwe Rauhöft vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine in Berlin erklärt: „Das bedeutet: Der Steuersatz für das übrige steuerpflichtige Einkommen erhöht sich.“
Ob dies eine Steuernachzahlung mit sich bringt, hängt vom Einzelfall ab, macht Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler deutlich. „In Fällen, in denen lediglich zwei bis drei Monate zu 100 Prozent kurz gearbeitet wurde und dann wieder die normale Tätigkeit aufgenommen wird, entsteht in der Regel keine Steuernachzahlung.“ Ihr zufolge müssen alle, die im Jahr mehr als 410 Euro Kurzarbeitergeld erhalten, eine Einkommensteuererklärung erstellen.
- Wie sieht es mit dem Urlaubsanspruch, gerade um Weihnachten rum, aus?
Es kann vorkommen, dass sich bei Kurzarbeit auch der Urlaubsanspruch verringert, erklärt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. „Der Europäische Gerichtshof hat 2012 entschieden, dass das möglich ist, wenn es eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gibt.“
Der Entscheidung des EuGH zufolge (Az.: C-229/11, C-230/11) können Arbeitgeber den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers im Verhältnis zur Arbeitszeitverkürzung verringern. Bei Kurzarbeit null verfällt dann der Urlaubsanspruch für den betreffenden Zeitraum ganz. In jedem Fall bekommen Arbeitnehmer aber auch im Urlaub während Kurzarbeit ihr übliches Gehalt.
- Wie wirkt sich die Kurzarbeit-Regelung auf Mutterschutzlohn und Elterngeld aus?
Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht, sagt: „Kurzarbeitergeld wirkt sich weder auf Mutterschaftsgeld noch Mutterschutzlohn mindernd aus.“ Auch beim Elterngeld wurde wegen Corona eine Ausnahmeregelung geschaffen, erklärt Schipp. Die Leistungen berechnen sich üblicherweise nach den Bezügen der letzten zwölf Monate vor der Geburt. Das bedeutet, dass sich das Elterngeld in der Regel verringert, wenn ein Arbeitnehmer in diesem Zeitraum Kurzarbeitergeld bezogen hat.
Für den Zeitraum zwischen 1. März und 31. Dezember 2020 können Monate mit geringerem Einkommen bei der Berechnung des Elterngelds auf Antrag aber ausgeklammert werden. Die Corona-bedingte Reduzierung würde also keine Rolle bei der Berechnung des Elterngelds spielen. „Hier muss man noch abwarten, inwieweit die bis Ende Dezember bestehende Ausnahmeregel auch nach 2020 weiter gilt.“
(BMAS/dpa/tmn/KP)