Entwicklung individueller Anlagestrategien
Unser Autor Willi Froschauer lehrt seit mehr als zehn Jahren an der Hotelfachschule München, an der er auch Projekte, wie Rentenplanung für Gastronomen, anbietet.
In den vorangegangenen Beiträgen wurde Basiswissen über Anlagen auf Kapitalmärkten vermittelt. Wie kann dieses Basiswissen genutzt werden, wenn es darum geht, eine individuelle Anlagenstrategie zu entwerfen? Darum geht es in diesem letzten Beitrag. Den Abschluss der Miniserie bilden dann Kriterien für die Wahl des „richtigen“ Kontos für Investitionen auf den Kapitalmärkten.
Checkliste bei der Wahl der individuellen Anlagenstrategie
- Wie viel finanzielle Mittel bzw. Vermögenswerte habe ich zur Verfügung? Es empfiehlt sich, seine Vermögenswerte in einer Liste dem Wert und der Liquidität nach aufzulisten. Ein Festgeldguthaben ist schneller verflüssigbar wie ein Immobilienfonds. Bei dieser Übersicht geht es nicht nur um die Höhe der Vermögenswerte, sondern auch darum, inwieweit einzelne Positionen mit den Anlagezielen noch vereinbar sind, sinnvolle Umschichtungen können so erkannt werden. Zusätzlich sollte am Besten in einem Haushaltsbuch der monatlich erzielbare Sparbetrag ermittelt werden. Dabei sollte für unvorhergesehene Ereignisse wie Arbeitslosigkeit oder Krankheit ein Polster von 3 bis 6 Monaten berücksichtigt werden, das am besten auf einem Festgeldkonto geparkt wird. Die Vermögenswerte und der monatliche Sparbetrag entscheiden darüber, welche Ziele verfolgt werden können und welcher Anlagehorizont dabei zur Verfügung steht. Verfügen Sie über ausreichend finanzielle Mittel, können Sie eher einen Kurssturz auf dem Aktien- oder Rentenmarkt aussitzen, also tendenziell auch eher in riskantere Anlagen investieren als ein Anleger, der weniger finanzielle Mittel verfügbar hat und es sich nicht leisten kann, kurzfristig auf Aktienfonds oder gar einzelne Aktien zu setzen, besonders wenn das Anlageziel darin besteht, eine größere Investition nach wenigen Jahren zu finanzieren. In diesem Falle stellt sich überhaupt die Frage, inwieweit eine Anlage in Frage kommt, die Kursschwankungen ausgesetzt ist.
- Geht es bei der Anlage um eine Renditesteigerung oder die Finanzierung einer Anschaffung wie einer Immobilie, eines Autos oder einer Sanierung? Natürlich spielt auch hier wieder die Höhe des Vermögens eine Rolle, denn geht es um Renditesteigerungen und nicht die Finanzierung eines bestimmten Objektes zu einem bestimmen Zeitpunkt, kann auch mal ein unerwartetes Tief an den Märkten ausgesessen werden.
- Wie Risikofreudig ist der Anleger? Beeinflusst wird dies natürlich von den bisherigen Erfahrungen eines Anlegers, hatte dieser mit Aktienanlagen schon Erfolg gehabt, wird er wohl risikofreudiger sein, als ein Anleger, der z.B. in der Finanzkrise 2008 schon viel verloren hat. Aber es gibt auch Anleger, die generell nicht bereit sind, ihr „sauer verdientes Geld“ in irgendeine Anlage zu stecken, wenn diese Kursschwankungen unterworfen ist evtl. gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem sie das Geld brauchen. Diese Anleger tendieren meist dazu, ihr Kapital entweder ganz oder überwiegend in Tagesgelder, Festgelder, Geldmarktfonds oder auch Rentenfonds bzw. Anleihen-ETF`s zu investieren. Aber auch dieser Anleger sollte sich VOR einer Anlage im Klaren sein: Eine Anlage mit null Risiko gibt es nicht! Selbst die so manchem bekannte „gesetzliche Einlagensicherung“ von 100.000 Euro pro Bankkunden und Kreditinstitut, die Guthaben auf Giro-, Tages- und Festgeldkonten sowie Sparbriefe absichert, falls ein Kreditinstitut diese Einlagen nicht zurückzahlen kann, ist eine unverbindliche Absichtserklärung der Bundesregierung. So erhielten manche insolvente, kleinere Banken im Zuge der Finanzkrise von 2007/2008 keine Entschädigung, weil man keinen Zusammenhang zwischen Finanzkrise und den Insolvenzen dieser Banken feststellen konnte. Diese Banken scheinen also Missmanagement betrieben zu haben. Was bedeutet das? Auch bei solchen, weithin als völlig gefahrlos geltenden Anlageformen besteht also ein gewisses Risiko, falls man sein Geld bei irgendeiner Bank gutgläubig anlegt und diese Bank keine gute Bonität genießt oder dass die Qualität der Einlagensicherung zu wünschen übriglässt. Manche Kreditinstitute haben versucht, ihr schlechtes Management durch hoch-riskante Anlagen auszugleichen und haben so Schiffbruch erlitten. Der Dumme am Ende war der Anleger. Und auch risikofreudige Anleger sollten sich vor einer Anlage die Frage stellen: „Bin ich auch wirklich bereit, mit einem eventuellen Kursverlust von 50 Prozent zu leben? Kann ich das notfalls verkraften und kann ich dann trotzdem noch Freude am Leben haben?
Unterschiedliche Anlegertypen
Häufig wird in defensive, ausgewogenen und risikofreudige Anlegertypen unterschieden. Ein 100 Prozent defensiv ausgerichteter Anleger wird wohl jede Anlage scheuen, die Kursschwankungen unterliegt und selbst bei der Anlage in Rentenfonds oder Anleihe-ETF´s noch eine Risikostreuung anstreben, z.B. durch Kauf des BB Barclays Euro Treasury, der ca. 350 Euro-Anleihen umfasst, des Market iBoxx Euro mit auch ca. 350 Staatsanleihen aus der Eurozone oder des Barclays Euro Aggregate mit fast 4.500 Anleihen aus dem Euro-Raum, um ein Fremdwährungsrisiko zu vermeiden.
Ein immer noch stark defensiver Anleger würde z.B. noch mit 25 Prozent eine Aktien-ETF`s z.B. den MSCI Europe oder Stoxx Europe 600 beimischen (siehe vorheriger Artikel), um auch hier das Fremdwährungsrisiko auszuschalten.
Analog würde ein immer noch als defensiv geltender Anleger, der sich nicht auf die Eurozone als Region beschränken möchte, z.B. dem MSCI World Aktienindex zu 25 Prozent beimischen, er hätte dann eine breitere Risikostreuung auf mehrere Kontinente und natürlich auch die Möglichkeit von der Entwicklung an anderen Märkten zu profitieren bei gleichzeitigem Fremdwährungsrisiko.
Ausgewogene Anleger gelten als solche, die zu ca. je 50 Prozent in Aktien-ETF´s und Renten-ETF´s bzw. Rentenfonds investieren, auch hier wieder weltweit mit Fremdwährungsrisiko oder nur in der Eurozone. Aber selbst risikofreudige Anleger sollten eine Beimischung von mind. 25 Prozent Rentenfons und -ETF´s anstreben.
Welche Rolle spielen Sparpläne mit Fonds bzw. ETF`s?
Diese Anlagemöglichkeit profitiert vom Cost Averge Effekt oder Durchschnittskosteneffekt, über den Anleger die Rendite ihrer regelmäßigen Einzahlungen in einen Sparplan erhöhen. Mit Hilfe eines Sparplans können Aktien, Fonds, ETFs oder festverzinsliche Wertpapiere gekauft werden durch die Anlage von z.B. 50 Euro pro Monat in die von ihnen ausgewählten Wertpapiere. Fallen die Kurse an der Börse, kaufen die Anleger mehr Anteile für den konstanten Sparbetrag, während sie bei steigenden Kursen weniger Anteile kaufen. Über einen längeren Zeitraum betrachtet zahlen die Anleger daher einen günstigen Durchschnittspreis für die Anteile als z.B. ein Sparer, der sämtliche Anteile gleichzeitig als Einmalanlage kauft, falls die Kurse nach dem Einmalkauf wieder fallen. Natürlich ist die Entscheidung für einen Sparplan mit Durchschnitts- nicht immer besser als eine Einmalanlage. Das wäre der Fall, wenn man die Einmalanlage zu einem Zeitpunkt kauft, an dem die Kurse an den Märkten niedrig sind.
Um Anlagekäufe zu einem günstigen Kurs kaufen zu können, braucht man eine große Portion Fachwissen und Erfahrung oder auch einfach Glück. Wer sich nicht darauf verlassen möchte, fährt i.d.R. mit dem Sparplan besser. Ein Kompromiss von beidem könnte so aussehen, dass man gelassen einen nicht allzu großen Betrag anspart und gelassen das Auf und Ab an den Börsen mitmacht und dann bei relativ niedrigen Kursen an den Börsen mit einem größeren Einmalbetrag einsteigt, um die Rendite anzuheben.
Fondssparen bzw. Ansparen über ETF bietet heutzutage jede Bank an, auch hier gilt wieder: Erkundigen Sie sich vorher über Vergleichsportale über die Kosten, diese können von Bank zu Bank stark schwanken.
Weiter, um das richtige Konto zu finden