Die dümmsten Fehler bei Bewerbungen auf Betriebsseite (2)
Gute Fachkräfte sind derzeit im Gastgewerbe Mangelware. Umso mehr müssen Arbeitgeber erkennen, dass sie es sind, die die Kandidaten da draußen von sich überzeugen müssen. Vergessen wir eines nicht: Auch Unternehmen haben nur eine einzige Chance für den alles entscheidenden ersten Eindruck. In einer Branche wie der unseren, der ihr schlechter Ruf auf dem Arbeitsmarkt so penetrant anhaftet wie ein Latexanzug, ist es umso wichtiger bereits im Bewerbungsprozess zu punkten.
Den ersten Teil der Top 10 Liste der Fehler, die – vielleicht unbewusst – noch viel zu oft im Austausch mit Bewerbern gemacht werden, haben wir gestern hier gebracht. Im Folgenden sehen Sie die Punkte 6 – 10.
- Schlechte oder keine Vorbereitung: Sie sind mit Hundert Dingen gleichzeitig beschäftigt und ooops es ist schon 9:45 Der Kandidat für das Interview um 10:00 Uhr sitzt bereits in der Lobby – nervös und bereit für sein Vorstellungsgespräch mit Ihnen. Sie haben gerade noch Zeit die Kollegen dazu zu rufen, die dabei sein sollen. Niemand hat sich auf den Bewerber vorbereitet. Schnell nochmal den Lebenslauf überflogen „mit den klassischen Bewerbungsfragen wird’s schon gehen“. Klar, das geht. Es fällt allerdings auf. Und ist das gut? Erwarten Sie nicht auch von Ihrem Bewerber, dass er sich auf Sie als Arbeitgeber vorbereitet? Behandeln Sie Ihre Bewerber nicht wie austauschbare Tagelöhner. Bereiten Sie sich auf das Individuum vor. Letztlich kommt es auch Ihnen zugute, wenn Sie besser auf ihren Bewerber eingehen und ihn zielgerichteter kennenlernen können.
- Unprofessionelle Fragen: Die meisten Personaler kennen die Regeln und wissen um die absoluten No-Go Fragen. Jedoch sind viel zu häufig Glücksritter am Werk, die mit HR nicht viel am Hut haben. So kommt es immer wieder zu unbedachten und grenzwertigen Fragen.
Als ich selbst noch in meiner ehemaligen Recruiting Funktion für eine Flussschiffreederei Interviews geführt habe und bei einem davon einen Fachabteilungsleiter an meiner Seite hatte, musste ich eine gewisse Frage von ihm an die Bewerberin abwürgen, die wie folgt lautete: „Sie sind ja nun in einem gewissen Alter und Ihre biologische Uhr tickt. Wollen Sie nicht eh lieber eine Familie gründen?“ Bitte unterlassen Sie das. - Überheblichkeit und Unfreundlichkeit: Dieses Phänomen ist überraschend weit In der Bewerberrolle habe ich an Arroganz und Unfreundlichkeit schon so einiges erlebt. Vom Abwürgen eines Anrufs, wenn man sich nach dem Stand der Bewerbung erkundigen möchte bis zum GM eines renommierten 5* Hauses in Frankfurt am Main, der mir beim Vorstellungsgespräch unter anderem an den Kopf knallte, dass ich karrieretechnisch mein Leben verschwendet habe. Er wollte damit testen, ob er mich aus der Ruhe bringen kann. Das ist ihm nicht gelungen. Er hätte es aber auch auf professionellere Art und weniger persönlich testen können. Daher mein Rat: Bleiben Sie stets freundlich und lächeln Sie. Sie haben keine Ahnung welch beruhigende Auswirkung Ihre Haltung und Ihre Art auf den Bewerber haben.
- Dem Mobiltelefon auf dem Tisch mehr Aufmerksamkeit widmen als dem Bewerber: Ganz selbstverständlich spazieren Personaler und Fachabteilungsleiter mit ihrem Mobiltelefon ins Vorstellungsgespräch und platzieren es mitten auf dem Zu allem Überfluss vibriert es ständig und sie schielen immer wieder auf das Display. Ernsthaft – was kann denn bitte in diesem Moment wichtiger sein als Ihr Gegenüber? Den Bewerber macht dieses Verhalten zum einen nur noch nervöser und zum anderen gibt es ihm das Gefühl, dass er eine unbedeutende Nebensache ist. Lassen Sie Ihr Handy in der Tasche, in Ihrem Büro oder wo auch immer. Hauptsache fern vom Vorstellungsgespräch, denn hier sollte nur eine Person all Ihre Aufmerksamkeit bekommen: Ihr potenzieller neuer Kollege / Mitarbeiter.
- Unehrlichkeit: „Das Gehalt verhandeln wir nach drei Monaten gerne neu.“ Oder „Sie müssen erst mit dieser Position starten, aber wir können Sie dann schon nach der Probezeit in Ihre angestrebte Position befördern.“ Oder „Bei uns halten alle zusammen, wir unterstützen einander und stehen uns auch privat sehr nah. Sie werden Teil unserer Familie, in der alle wertgeschätzt werden.“ Sparen Sie sich Versprechungen, die Sie nicht halten können. Bleiben Sie ehrlich und authentisch. Der Bewerber, der Ihnen diese und ähnliche Sprüche abkauft und dann bei Arbeitsantritt von der Realität enttäuscht wird, ist ganz schnell wieder weg. Es ist ja nicht so, dass ihm die (besseren) Alternativen auf dem Arbeitsmarkt fehlen.
Über die Autorin:
Michela Ivano ist Head of Projects & Escapology /eto Personalmarketing GmbH (www.personalmarketing.rocks). Die ausgebildete Fremdsprachenkorrespondentin war über 10 Jahre an Bord verschiedener Kreuzfahrtschiffe, in 5* Hotels auf Zypern, in der Schweiz und in Ghana tätig. Danach verlegte sie ihr Wirken zurück in die – diesmal landbasierte – Cruise Industry. Für unterschiedliche Hochsee- sowie Flussschifffahrtsreedereien und -Veranstalter war sie unabhängig voneinander in den Bereichen Reservierung, Marketing, Human Resources, Recruiting, Produktmanagement sowie Hotel Operations tätig.