Miniserie Rentenplanung, Teil 6

Der Rentenmarkt und seine Kennzahlen

Peron checkt die Aktien am Laptop
Am Rentenmarkt werden Bundes-, Landes- und Kommunalanleihen gehandelt. (Foto: © denisismagilov/stock.adobe.com)
Im Rahmen unserer Miniserie zur Rentenplanung vermittelt unser Gastautor Basiswissen über mögliche Anlageformen. In diesem Kapitel: das Wichtigste über den Rentenmarkt.
Mittwoch, 19.05.2021, 15:47 Uhr, Autor: Willi Froschauer

Unser Autor Willi Froschauer lehrt seit mehr als zehn Jahren an der Hotelfachschule München, an der er auch Projekte, wie Rentenplanung für Gastronomen, anbietet.

Nachdem in den 3 vorherigen Artikeln die Grundzüge von Aktienfonds, ETF`s auf Aktien und einzelnen Aktien dargestellt wurde, geht es in diesem Artikel um folgende Fragen:

  • Was sind Anleihen und welche Arten von Anleihen gibt es?
  • Wovon hängt der Kurs einer Anleihe ab und welche Bedeutung hat dies für den Anleger?

Was sind Anleihen und welche Arten von Anleihen gibt es?

Definition Anleihen: Anleihen gehören ebenso wie Schuldverschreibungen, Pfandbriefe, Schatzbriefe und Obligationen zur Gruppe der Gläubigerpapiere – häufig werden die Begriffe Schuldverschreibung, Anleihen und Obligationen und Rentenpapiere auch synonym verwendet. Durch den Kauf von Anleihen gewährt man meist dem Staat, aber auch großen Unternehmen einen Kredit für eine vorher festgelegte Laufzeit. Der Staat bzw. die Unternehmen sind also die Schuldner, die sich im Gegenzug dazu verpflichten, während der Laufzeit einen bestimmten Zinssatz zu zahlen und den Kredit am Ende der Laufzeit zurück zu zahlen.

Beispiel: Angenommen, im Januar Jahr 2011 hieß es, die deutsche Bundesregierung gibt demnächst eine Bundesanleihe X zu folgenden verpflichtenden Konditionen aus:

  • Emissionsvolumens 1 Mrd. Euro mit einer Stückelung in 10 Mio. Anleihen (das bedeutet der Nennwert (Nominalwert) je Anleihe beträgt 100 €)
  • Nominalverzinsung 4 % fest
  • Laufzeit 10 Jahre, Rückzahlung pari (d.h. zum Nennwert)

Das bedeutet für den Interessenten der Anleihe X, dass er die Anleihe zu einem Nominalwert von 100 Euro auf dem so genannten „Primärmarkt“ „zeichnen“ (sprich bestellen) kann. Angenommen, er hätte Glück und würde diese Anleihe auch bekommen (oft wollen mehr Interessenten solche Anleihen kaufen als Anleihen zur Verfügung stehen), dann würde er 10 Jahre lang jährlich 4 % Nominalzins vom Nennwert (Nominalwert) erhalten (man nennt das auch Koupon) – also 4 Euro je Anleihe pro Jahr. Am Laufzeitende verpflichtet sich die Bundesregierung, ihren Gläubigern das geliehene Geld pari (also zum Nennwert) zurückzuzahlen. Damit würde der Käufer insgesamt 4 Euro pro Jahr, also 40 Euro in 10 Jahren an Verzinsung erhalten sowie nach Ablauf der Laufzeit die 100 Euro, die er dem Staat geliehen hat.

Angenommen der Interessent hatte kein Glück und kann die Anleihe nicht zeichnen, dann kann er sie nach der Emission am Sekundärmarkt, dem Rentenmarkt (siehe unten) über seine Bank kaufen.

Was bedeutet der Begriff „Rentenmarkt“?

Es gibt einen Rentenmarkt, an dem Anleihen gehandelt werden, so wie es auch einen Aktienmarkt gibt, an dem Aktien gehandelt werden. Beide Märkte sind die wesentlichen Komponenten des Kapitalmarktes (siehe Miniserie, Teil 2).

Am Rentenmarkt werden v.a. Bundes-, Landes- und Kommunalanleihen, Bundes-, Landes-, und Kommunalobligationen und Bundes-, Landes-, Landesschuldverschreibungen, Pfandbriefe ebenso wie Unternehmensanleihen, Unternehmensobligationen und Unternehmensschuldverschreibungen gehandelt. Das Handelsvolumen dort übersteigt das Handelsvolumen an den Aktienmärkten oft um ein Vielfaches. Ein Hauptgrund dafür ist, dass sich am Rentenmarkt viel „institutionelle Anleger“ wie Versicherungen und Pensionskassen tummeln, die ihr Kapital per Gesetz zu einem Großteil „sicher“ anlegen müssen und nur zu einem kleineren Teil in Aktien anlegen dürfen. Aber auch Fondsgesellschaften, die Rentenfonds verwalten oder Finanzdienstleister, die Renten-ETF´s anbieten sind vertreten.

Die Kurse für den Kauf und Verkauf von Anleihen, richten sich genauso nach Angebot und Nachfrage wie im Aktienmarkt, unterliegen also Schwankungen.

Wovon wird der Kurs einer Anleihe beeinflusst und was bedeutet das für den Anleger?

Behält man als Käufer der X-Anleihe seine Anleihe bis zum Laufzeitende, hat man kein Risiko. Braucht der Käufer nach fünf Jahren unverhofft Geld oder hat er ganz bewusst auf steigende Kurse am Rentenmarkt gesetzt, also gezockt, ist es sehr wahrscheinlich, dass er am Rentenmarkt Anfang 2016 nicht mehr dieselben 100 Euro pro Anleihe zurück erhält, denn die würde er nur dann sicher bekommen, wenn er sein Engagement bis zum Laufzeitende durchhält. Warum? Die Rentenkurse richten sich v.a. nach dem aktuellen Marktzinssatz, der Schwankungen unterliegt. Anfang 2016 betrug der Marktzins am Kapitalmarkt (Kapitalmarktzins) 1 %.

Klären wir zuerst, was ein veränderter Marktzins für den Anleihekurs und damit für die finanzielle Situation des unseres Verkäufers bedeutet und danach, was aus makroökonomischer Sicht zu so einer Veränderung des Marktzinses führen kann: Der Marktzins ist also von 4 % Anfang 2011 auf 1 % Anfang 2016 gesunken. Das bedeutet, dass bei einer Neuemission der Anleihe Y der Staat nur noch 1 % Nominalzins bieten muss (was diesen natürlich sehr freut, da die Staatsausgaben dadurch sinken). Was geschieht am Rentenmarkt? Die Anleger stürzen sich natürlich auf die alte Anleihe X, da hier eine Nominalverzinsung von 4 % geboten wird, während für die Anleihe Y nur 1 % Nominalverzinsung bezahlt wird. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage steigt der Kurs der Anleihe X soweit, dass deren Rendite bzw. Effektivverzinsung für den Inhaber sich bei 1 % einpendelt, also dem aktuellen Marktzinssatz.

Warum? Da die Anleihe X für die restliche Laufzeit von 5 Jahren (2016-2021) um 4 % – 1 %, also 3 % pro Jahr höher liegt als der von Anleihe Y, wird der Kurs der alten Anleihe X um 15 % (3 % pro Jahr x 5 Jahre Restlaufzeit) auf 115 % steigen (Rentenkurse werden in Prozent vom Nennwert notiert).

Nach welchen Kriterien werden Anleihen eingeteilt und welche Anleihearten gibt es demzufolge?

Anleihen können nach dem Emittenten in Staatsanleihen und Unternehmensanleihen eingeteilt werden, wobei die Unternehmensanleihen wegen des größeren Ausfallrisikos i.d.R. eine höhere Verzinsung anbieten müssen, damit sie gekauft werden – dies muss aber nicht zwangsläufig so sein, da zu bestimmten Zeiten die Bonität (siehe unten) einer Telekom-Anleihe sicher höher eingestuft wurde als die einer griechischen oder italienischen Anleihe, daher mussten diese Regierungen auch höheren Nominalzinsen anbieten als die Telekom.

Eine weitere Einteilung kann nach der Zahlungsfähigkeit (Bonität) erfolgen. Die bekanntesten Bonitätsprüfer in Bezug auf die Bewertung der Bonität von Anleihen (aber auch einzelnen Ländern) sind Standard & Poors, Moody`s und Fitch, allesamt amerikanische Unternehmen. So vergeben z.B. Standard and Poors Noten von triple A (AAA) als die Note mit der besten Bonität über BBB- (diese Note ist die letzte Note, für die eine Anleihe gerade noch kaufenswert ist (AAA bis BBB- sind so genannte Investmentgrade) bis hin zu C, das sind hochspekulative Grade, bei denen von einer Investition abgeraten wird, da mit einer hohen Wahrscheinlichkeit der Einsatz verloren ist (daher der Name Junk Bonds oder Schrottanleihen). Egal, ob man Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen kauft, auf diese Bonitätsbeurteilung ist unbedingt zu achten.

Ein weiteres Kriterium für die Einteilung von Anleihen ist die nach der Art bzw. dem Zeitpunkt der Zinszahlung: Für so genannte Zero Bonds werden während der Laufzeit keine Zinsen ausgezahlt. Die Summe der Zinsen, die für den gesamten Anlagezeitraum anfallen, müssen aber beim Kauf weniger bezahlt werden. Falls also die Zinsen für einen Zeitraum von 8 Jahren sich auf 160 Euro belaufen bei einem Nominalwert von 1.000 Euro muss der Käufer nur 840 Euro bezahlen, erhält aber am Ende der Laufzeit 1.000 Euro vom Emittenten zurück. Zero-Bonds sind interessant für Anleger, die z.B. nach Ablauf von 8 Jahren weniger stark besteuert werden (z.B., weil der Anleger da in Rente geht).

Ein letztes Kriterium ist die Einteilung nach den einbehaltenen Rechten. Hier gibt es so genannte Wandelanleihen, bei den der Käufer einen vorher festgelegten Zinssatz bis zum Laufzeitende erhält, wenn er die Anleihe auch bis dahin behält. Er hat aber auch die Option, die Anleihe gegen Aktien der herausgebenden AG zu tauschen, wenn das für ihn günstig ist. Dies wird i.d.R. dann der Fall sein, wenn der Aktienkurs über den vorher festgelegten Tauschkurs gestiegen ist. Für dieses Umtauschrecht muss der Käufer einer Wandelanleihe z.B. der Telekom allerdings eine geringere Verzinsung in Kauf nehmen wie wenn er eine  „gewöhnliche Anleihe“ der Telekom kaufen würde.

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