Der Aktienmarkt mit seinen Kennzahlen
Unser Autor Willi Froschauer lehrt seit mehr als zehn Jahren an der Hotelfachschule München, an der er auch Projekte, wie Rentenplanung für Gastronomen, anbietet.
Teil 4 unserer Miniserie beschäftigte sich mit der Auswahl der richtigen Aktienfonds und ETF’s. Dieser Teil ist den „Einzelkämpfern“ in der Arena der Aktienanlage gewidmet, also den Akteuren, die ihr Wissen und Geschick über den Kauf einzelner Aktien erproben wollen, jenseits der Anlage von aktiv gemanagten oder passiv abgebildeten „Aktienkörben“.
Aktienkennzahlen spielen bei diesen Akteuren eine zentrale Rolle, es geht dabei u.a. darum, den Eigenkapitalanteil einer Aktie zu ermitteln, denn dieser spielt bei der Bewertung einer Aktie am Aktienmarkt, also dem Preis bzw. Aktienkurs, eine wichtige Rolle und gibt Aufschluss darüber, ob eine Aktie „überbewertet“ oder „unterbewertet“ ist. Eine weitere wichtige Rolle – gerade in Deutschland – spielt auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), über das man verschiedene Aktien – auch wenn sie jeweils unterschiedliche Aktienkurse und Gewinnerwartungen haben – miteinander vergleichen kann. Das Eigenkapital stellt den Anfang der Berechnung dieser Kennziffern dar.
Woraus besteht das Eigenkapital?
Zum Eigenkapital einer AG zählen v.a.
- das Grundkapital (siehe unten)
- die Gewinnrücklagen (siehe unten)
- der Jahresüberschuss (siehe unten)
Das Grundkapital als Summe der betragsmäßigen Anteile einer Aktie
Das Grundkapital setzt sich zusammen aus der Anzahl der ausgegebenen Aktien multipliziert mit dem betragsmäßigen Anteil einer Aktie am Grundkapital (dem „Nennwert“). Beispiel: Die Gründer einer AG beschließen, 10 Mio. Aktien herauszugeben und angenommen, der Nennwert der Aktie wurde mit 1 Euro festgelegt (dieser muss mindestens 1 Euro, kann aber auch mehrere Euro betragen), dann beträgt das Grundkapital bei der Gründung von 10 Mio. Euro.
Gewinnrücklagen
Angenommen, die AG erzielt nach der Gründung im 1. Geschäftsjahr einen Gewinn von z.B. 5 Mio. Euro nach Steuern und die Hauptversammlung der Aktionäre beschließt, nichts davon als Dividende (Gewinnausschüttung an die Eigentümer) an die Aktionäre auszuschütten, dann werden sogenannte Gewinnrücklagen gebildet, eine Art Sparstrumpf der AG. Das Eigenkapital nach einem Jahr setzt sich dann zusammen aus den 10 Mio. Euro bei Gründung plus 5 Mio. Euro Gewinn am Jahresende macht 15 Mio. Euro Eigenkapital am Jahresende.
Jahresüberschuss
Der Jahresüberschuss wird in der Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt, indem man die Erträge und Aufwendungen des letzten Geschäftsjahres miteinander verrechnet.
Welche Rolle spielt der Aktienkurs und wo wird er gebildet?
Das Aktienkurs ist der Preis, den man für eine Aktie zahlt. Der Aktienkurs wird durch Angebot und Nachfrage an den Handelsplätzen des Aktienmarktes ermittelt.
Welche Arten von Handelsplätzen gibt es und was nützt mir dieses Wissen?
Von der Wahl des Handelsplatzes hängen einmal die Kosten für den Kauf- und Verkauf von Wertpapieren ab (dies ist mitentscheidend für die Rendite), aber auch wann gehandelt werden kann. Wenn man sich also für eine bestimmte Aktie interessiert und ein bestimmter Handelsplatz hat schon geschlossen, dann sollte man wissen, wo man diese Aktie noch erwerben kann. Es gibt folgende Arten von Handelsplätzen:
Präsenzbörsen
An diesen Börsenplätzen gibt es Händler (in Deutschland werden diese auch oft als Broker bezeichnet), die im Auftrag z.B. ihrer Banken wie der Sparkassen usw. handeln. Die Händler dieser Banken nehmen die Kauf- und Verkaufswünsche (Kauf- und Verkaufsorder) ihrer Bankkunden entgegen und geben diese weiter an den Makler, der für die entsprechende Aktie an der Börse dann den Kurs ermittelt.
Beispiel: Frau Huber ist Kundin der Sparkasse und möchte die XY-Aktie verkaufen zu einem Limit von 40 Euro, Herr Schmitt ist Kunde bei der Commerzbank und möchte die XY-Aktie zu einem Limit von 41 Euro kaufen. Beide Akteure platzieren ihre Order an der Frankfurter Börse. Die Händler der Sparkasse und der Commerzbank erhalten die Order von ihren Banken und geben diese weiter an Frau Müller, welche die Maklerin für diese Aktie an der Frankfurter Aktienbörse ist. Frau Müller stellt fest, dass ein Kurs zustande kommt von 40 Euro für den Fall, dass Frau Huber und Herr Schmitt die einzigen Interessenten zu diesem Zeitpunkt sind. Warum ein Kurs von 40 Euro? Herr Schmitt wäre bereit gewesen, die Aktie zu 41 Euro zu kaufen, Frau Huber wollte aber nur 40 Euro, also geht die Aktie zu 40 Euro an Herrn Schmitt. Sollten gleichzeitig mehrere Kauf- und Verkaufsorder bei Frau Müller, der Maklerin, landen, muss diese feststellen, zu welchem Kurs die größte Stückzahl an Aktien gehandelt werden kann. Das nennt man Kursfeststellung nach dem Meistausführungsprinzip.
An Präsenzbörsen „laufen also Menschen auf dem Parkett der Börse herum“ (daher auch der Begriff: „Parketthandel“) und die Kursfeststellung wird letztlich durch die Börsenmakler gebildet. Es gibt mehrere Präsenzbörsen in Deutschland, die zwei wichtigsten sind die Frankfurter Börse (Handel von 8.00 morgens bis 20.00 abends) und die Stuttgarter Börse (8.00 morgens bis 22.00 abends). Dies ist wichtig für die Anleger, die noch eine Aktie vor Beginn oder nach der Schlussglocke im Xetra-Handel (siehe unten) kaufen wollen. Kommt z.B. in den USA eine wichtige Nachricht um 21.00 heraus, die eine deutsche Aktie betrifft, kann diese nicht mehr über den Xetra-Handel gekauft werden, da dieser um 17.30 schließt.
Xetra-Handel
Der größte Umsatz im Aktienhandel in Deutschland findet an der Computerbörse, dem Xetra-Handel statt. Hier wird allerdings die Kursfeststellung durch einen Computer vorgenommen, allerdings genau nach demselben Prinzip wie an den Präsenzbörsen. Wenn man im Fernsehen auf manchen Nachrichtensendern unten ein Laufband mit Zahlen sieht, handelt es sich häufig um die aktuellsten Kurse einzelner Aktien im Xetra-Handel bzw. ganzer Aktienindices. Der Xetra-Handel findet von 9.00 morgens bis 17.30 abends statt. Meist schalten sich erst dann die großen „institutionellen“ Anleger wie Banken, Versicherungen, Fonds etc. ein. Insofern ist der Xetra-Handel der Handelsplatz, auf den sich alle Augen in Bezug auf den Handelsplatz Deutschland richten.
Handelsplattformen
Handelsplattformen sind eigene Handelsplätze, die von privaten Unternehmen betrieben werden und an denen Aktien jenseits der Präsenzbörsen oder der Computerbörse gehandelt werden können. Die Kurse der Aktien werden von dem Betreiber selbst „gestellt“, also ermittelt. Manche dieser Handelsplattformen (wie z.B. die von Lange & Schwarz) bieten ihre Dienste auch an Wochenenden an, wenn an den Präsenzbörsen und der Computerbörse nicht gehandelt wird.