Interview

„Wir müssen dem Personal seinen Wert zeigen“

Stefan Settele
Stefan Settele, Inhaber und Geschäftsführer des Gasthaus Settele in Augsburg, sieht in Preiserhöhungen die Möglichkeit, dem Personalmangel entgegenzuwirken. (Foto: © Gasthaus Settele)
Immer wieder werden Preiserhöhungen in der Gastronomie diskutiert. Das Gasthaus Settele hat dem nun Taten folgen lassen. Im HOGAPAGE-Interview erklärt Stefan Settele die Hintergründe – und warum ein Teil des Geldes an die Mitarbeiter geht.
Mittwoch, 20.10.2021, 10:57 Uhr, Autor: Natalie Ziebolz

Herr Settele, Sie sind Inhaber und Geschäftsführer des Gasthaus Settele in Augsburg. Im August haben Sie Ihre Preise um zehn Prozent angehoben. Warum?  

Das hängt in erster Linie mit Qualität und Personal zusammen. Aktuell steigen die Preise für Lebensmittel um drei bis teilweise zwanzig Prozent. Zudem steigen die Energiepreise, die Inflation liegt bei vier Prozent. Gleichzeitig wollten wir die Löhne unserer Mitarbeiter um fünf Prozent anheben. Daher haben wir uns für die Erhöhung um zehn Prozent entschieden – obwohl das eigentlich fast schon zu niedrig angesetzt ist.

Wie sind Sie bei der Erhöhung vorgegangen?

Wir haben sehr moderat erhöht. Sind also nicht mit dem Rotstift durch die Karte und haben bei jedem Posten zehn Prozent dazu gerechnet. Bei den Speisen waren es meist um die zehn Prozent, bei den Getränken sind wir allerdings etwas vorsichtiger gewesen.

Warum haben Sie die Preiserhöhungen von Anfang an – etwa auf Facebook – offen kommuniziert?

Mir war es wichtig, Transparenz zu schaffen. Zum einen bei uns im Team, den Mitarbeitern sollte bewusst sein, dass wir diesen Schritt gehen, um unsere Qualität zu halten, beziehungsweise sogar noch zu steigern. Zudem sollte jeder von ihnen persönlich auch finanziell etwas davon haben. Zum anderen wollten wir auch dem Gästekreis bewusst machen, warum wir das tun. Das wir uns nicht willkürlich die Taschen vollstopfen, sondern es ein notwendiger Schritt ist – und speziell eben auch, dass es bei den Menschen ankommt, die etwas dafür leisten – und das ist das Personal. Das ist das Wichtigste im Gastronomie- und Dienstleistungsbereich. Unsere Mitarbeiter stehen jeden Abend und jedes Wochenende da, wenn andere feiern.

Wie sind die Reaktionen darauf ausgefallen?

Die Reaktionen sind überraschend positiv ausgefallen – zumindest, was wir in den sozialen Medien mitbekommen haben. Da gab es großes Verständnis. Natürlich es hat der ein oder andere (Stamm-)Gast, das Ganze etwas kritischer gesehen, aber wir haben deshalb nicht weniger Gäste. Das positive an der Corona-Pandemie ist glaube ich, dass dadurch, dass wir nicht systemrelevant waren und quasi weggesperrt worden sind, wieder ein Bewusstsein bei den Gästen für das Thema entstanden ist.

Was würden Sie Gastronomen raten, die sich bezüglich der Preiserhöhungen unsicher sind?

Erhöht man die Preise nicht, bleibt man auf der Strecke oder hat über kurz oder lang kein Personal mehr. Es ist eben ein wichtiger, notwendiger Schritt. In unserer Branche ist schon vieles verschlafen worden. Nehmen wir das Thema Personalmangel. Um dieses aufzufangen, ist das Finanzielle ja nur der erste Schritt. Andere Rahmenbedingungen wie die Arbeitszeiten kommen noch hinzu. Jeder Gastronom sollte sich bewusst machen, dass wir dem Personal seinen Wert auch zeigen müssen. Wenn der Handwerker ins Haus kommt und einen bestimmten Stundenlohn verlangt, dann wird das auch akzeptiert. Deswegen ist es wichtig, dass die Gastronomie an einem Strang zieht und die Thematik auch den Gästen ins Bewusstsein ruft.

Vielen Dank für das Gespräch!

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