„Schnitzel-Verordnung“

NEOS fordern Gastro-Lehrlingsoffensive

Koch hält brennende Pfanne
Ist das korrekte Flambieren vor dem Gast heute noch zeitgemäß? Für die NEOS sind in der heutigen Praxis andere Fähigkeiten gefragt. (© fotolia.com/underdogstudios)
Nach Ansicht der NEOS sind die Regeln für die Ausbildung von Köchen und Kellnern in Österreich antiquiert. Attraktivere Rahmenbedingungen sollen mehr Interessenten anlocken.
Dienstag, 13.08.2019, 12:10 Uhr, Autor: Clemens Kriegelstein

Dass Gastronomie-Mitarbeiter in Österreich laufend und in fast allen Regionen händeringend gesucht werden, ist kein großes Geheimnis. Eines der Probleme, warum es derzeit so wenige gut ausgebildete Köche und Kellner gibt, orten die NEOS in den antiquierten Ausbildungsbestimmungen, wie der Wiener NEOS-Wirtschaftssprecher Markus Ornig jetzt im Zuge eines Pressegespräches im Wiener Lokal „Aux Gazelles“ erklärt hat. Speziell §2 der Verordnung zur Lehrlingsausbildung in der Gastronomie hat es ihm angetan. „Der Gastronomiefachmann … bzw. der Koch … bereitet österreichische, regionale und internationale Speisen … zu“, heißt es dort. Was konkret bedeutet, dass Lokale, die kein Schnitzel oder keinen Tafelspitz anbieten nicht nur keine Köche, sondern auch keine Kellner (!) ausbilden dürfen. Vegetarische Restaurants, Pizzerien, Asia-Lokale hätten demnach de facto ein Ausbildungsverbot.

„Schnitzel-Verordnung“ verhindert Ausbildung

Diese als „Schnitzel-Verordnung“ bezeichnete Regelung, die es in ähnlicher Form weltweit gerade in Deutschland, Österreich und der Schweiz gebe, sei Ornig zufolge „nicht zeitgemäß“ und müsse fallen, damit künftig auch Lokale mit fleischloser oder internationaler Küche Lehrlinge ausbilden dürfen. Das sei wichtig, um dem steigenden Bedarf an Fachkräften gerecht zu werden.

Dem pflichtete auch der Wiener Gastronom Karl Wrenkh bei. Die Ausbildung gehöre attraktiviert und modernisiert. Speziell beim Service sieht Wrenkh akute Probleme: „Die Leute lernen das Flambieren und Tranchieren am Gast – was seit den 1980er-Jahren kein Mensch mehr macht – aber wie man richtig grüßt wissen viele nicht.“ Gleichzeitig sieht Wrenkh auch die eigenen Kollegen in der Pflicht. Denn gute Mitarbeiter zu bekommen und diese zu halten liege auch stark an den Arbeitsbedingungen in den einzelnen Betrieben.

Lehrlinge sind „keine billige Arbeitskraft“

„Aux Gazelles“-Betreiberin Christine Ruckendorfer sieht sich ebenfalls mit dem Problem konfrontiert, dass sie rein internationale Küche anbietet und daher keine Lehrlinge ausbilden darf. Dabei hätten sich die Anforderungen an die Branche in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Statt viel Fleisch seien heute immer mehr vegetarische und vor allem regionale Produkte gefragt, über die auch der Service Bescheid wissen sollte. Und auch über die Lehrlings-Bezahlung müsse sich die Branche Gedanken machen. Ruckendorfer: „Mit 500 – 600 Euro im Monat kommt etwa ein 20-Jähriger, der sich erst später für eine Ausbildung in der Gastrobranche entscheidet, nicht aus. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.“ Das sieht auch Markus Ornig so: „Ein Lehrling ist eine Investition in die Zukunft und keine billige Arbeitskraft.“

Nachholbedarf ortete Ornig auch bei der Anwesenheitspflicht von Lehrlingen in der Berufsschule. Dass Lehrlinge jetzt blockweise für fünf Wochen in die Schule gehen müssen, und nicht mehr einen Tag pro Woche, befürwortete er zwar – dennoch gebe es bei der neuen Regelung Abstimmungsprobleme: Weil derzeit sämtliche Lehrlinge eines Lokals zeitgleich in die Schule müssten, sei mitunter der Betrieb gefährdet, sagte Ornig. Er forderte mehr Flexibilität bei der Entsendung der Lehrlinge in die Berufsschule ein und wünschte sich eine bessere Abstimmung zwischen Lehranstalt und Betrieben.

Gewerkschaft gegen Lockerung

Ein klares Nein zu den Ausbildungs-Ideen der NEOS kam postwendend von Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida: „Bei der Lehrlingsausbildung geht es darum, dass nur jene Betriebe ausbilden, die ein hohes Maß an Qualität haben und den Großteil des Berufsbildes vermitteln können. Betriebe, die in Nischenbereichen angesiedelt sind, können das schlicht und einfach nicht. Es wäre auch nicht im Sinne der Auszubildenden, ihnen kein breit fundiertes Wissen für ihren beruflichen Weg mitzugeben.“

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Kellner mit Gesichtsmaske serviert einen Kaffee
Durchatmen
Durchatmen

SPÖ fordert Maskenpause

Für Mitarbeiter im Tourismus und im Handel, die einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen, soll es alle zwei Stunden eine bezahlte Pause von 15 Minuten geben.
Kalender mit Eintrag "Kurzarbeit"
Modifiziertes Modell
Modifiziertes Modell

Kurzarbeit wird verlängert

Die Möglichkeit zur Kurzarbeit in Österreich wird ab Oktober für weitere sechs Monate verlängert. Die Mindestarbeitszeit wird allerdings auf 30 Prozent erhöht.
Aufgebesserte Teilzeitgehälter
Aufgebesserte Teilzeitgehälter

Neustartbonus soll Tourismusmitarbeitern helfen

Österreichs Regierung hat aktuell einen sogenannten „Neustartbonus“ vorgestellt, der die Anstellung von Teilzeitkräften erleichtern und speziell Tourismusbeschäftigten helfen soll.
Händische Kartoffelernte
Arbeitskräftemangel
Arbeitskräftemangel

Zuverdienst neben Kurzarbeit möglich

Wer in Österreich in Kurzarbeit ist, kann nebenher unbegrenzt dazuverdienen. Das könnte etwa der Landwirtschaft helfen, wo Erntehelfer dringend gebraucht werden.
Kurzarbeit-Eintrag auf einem Kalenderblatt
Coronakrise
Coronakrise

„Kurzarbeit ist das Instrument der Stunde“

In Österreich wurde auch eine Lösung für Mitarbeiter im Krankenstand gefunden, Betriebe erhalten auch hier Beihilfe vom AMS. Das Modell soll nun für Unternehmen leichter umsetzbar sein.
Multi-ethnische Restaurant-Mitarbeiter
Arbeitsmarkt
Arbeitsmarkt

Rot-Weiß-Rot Karte wird flexibler

Anträge österreichischer Unternehmer sollen künftig schneller bearbeitet, das Punkteschema flexibilisiert und auch eine „ortsübliche Unterkunft“ muss nicht mehr nachgewiesen werden.
Mann liegt in Hängematte
Arbeitskräftemangel
Arbeitskräftemangel

Zumutbarkeitsbestimmungen zu lasch?

Tirols Wirtschaftskammer fordert Verdreifachung der Saisonierkontingente, Stärkung überregionale Vermittlung von Arbeitskräften und Vereinfachung der RWR-Karte, um die leeren Arbeitsplätze zu füllen.
Arbeitsministerin Christine Aschbacher, Tourismusministerin Elisabeth Köstinger, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Gastgeber Harald Mahrer
Arbeitsmarktgipfel
Arbeitsmarktgipfel

Jobbörse für Betriebe und Asylberechtigte geplant

Bei einem „Arbeitsmarktgipfel Tourismus“ haben österreichische Vertreter von Politik und Unternehmen versucht, Lösungen zu finden, um den Personalbedarf der Branche in Zukunft zu sichern.
Junge Köche und Kellner lachen
Modernisierte Lehrberufe
Modernisierte Lehrberufe

Neue Doppellehre in der Hotellerie

Das soeben von der österreichischen Regierung vorgestellte Lehrlingspaket wird auch als wichtige Maßnahme gegen den Fachkräftemangel im Tourismus gesehen.