Umfrage

Ausbildungszufriedenheit in der Hospitality ist unterdurchschnittlich

Junge Köchin beim Anrichten
Viele Jung-Köche klagen über zu viele unbezahlte Überstunden. Soll der Beruf attraktiv bleiben, sollte sich hier etwas ändern. (Foto: © stock.adobe.com/Daniel Ernst)
Der aktuelle Ausbildungsreport des Deutschen Gewerkschaftsbundes lässt aufhorchen. Obwohl die meisten Lehrlinge im Großen und Ganzen mit ihren Betrieben zufrieden sind, fällt ausgerechnet die Gastronomie und Hotellerie in manchen Bereichen negativ auf.
Freitag, 23.08.2024, 10:48 Uhr, Autor: Christine Hintersdorf

Die Mehrheit der Auszubildenden ist mit ihrer Ausbildung und mit ihren Ausbildern in den Betrieben zufrieden. Deutliche Unterschiede gibt es jedoch zwischen einzelnen Branchen. Entscheidende Indikatoren sind die Bezahlung nach Tarif, die Zahl der geleisteten Überstunden und die sogenannten ausbildungsfremden Tätigkeiten, die viele Azubis übernehmen müssen.

Dies sind nur einige Ergebnisse des neuen Ausbildungsreports der DGB-Jugend, der in Berlin vorgestellt wurde. Sie spiegeln die unterschiedlichen Lebensrealitäten, die junge Menschen in ihrer Ausbildung erleben.

Aufruf an Unternehmen

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack verwies auf die immer noch problematische Lage auf dem Ausbildungsmarkt: „Noch nie hatten so viele junge Menschen keinen Berufsabschluss. Insgesamt sind 2,9 Millionen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren ohne Ausbildung. Auf der anderen Seite bildet nicht einmal mehr jeder fünfte Betrieb aus – auch dies ein trauriger Negativrekord, der uns große Sorgen macht.“

Hannack eindringlich weiter: „Es zerreißt unsere Gesellschaft, wenn immer mehr jungen Menschen ein Berufsabschluss fehlt und ihnen somit ein Leben mit prekärer Beschäftigung und Armut droht. Deshalb wenden wir uns an die Arbeitgeber: Bildet wieder mehr aus! Gebt auch denjenigen eine Chance, die bisher zu oft durchs Raster fallen! Es gibt unterstützende Angebote der Arbeitsagenturen. Sie müssen nur genutzt werden.“  

Die meisten Azubis sind zufrieden

DGB-Bundesjugendsekretär Kristof Becker sagte: „Wer eine Ausbildung macht, ist damit meist zufrieden, auch wenn es an manchen Stellen Verbesserungsbedarf gibt. Trotz zurückgehender Zahl der Ausbildungsverträge ist und bleibt die duale Berufsausbildung ein Erfolgsmodell.“

Die überwiegende Mehrheit, fast 70 Prozent der befragten Azubis, ist mit ihrer Berufsausbildung zufrieden. Erneut gab es in diesem Jahr Bestnoten für den Beruf der Industriemechaniker (Zufriedenheit von 81,6 Prozent) und für die Industriekaufmänner (80,3 Prozent). Überdurchschnittlich viele von ihnen fallen unter den Schutz eines Tarifvertrags.

Am unteren Ende der Skala fanden sich hingegen mit den Zahnmedizinischen Fachangestellten (Zufriedenheit von 58,5 Prozent), den Hotelfachmännern (60,4 Prozent) und den Fachlagerist (61 Prozent ) jene Ausbildungsberufe wieder, die oft nicht nach Tarif bezahlt werden.

Kaffeekochen ist nicht Ausbildungsrelevant

Einzelne Indikatoren lassen darüber hinaus auf gravierende Mängel in manchen Betrieben schließen: So gaben über 15 Prozent – so viele Auszubildende wie nie zuvor – an, „immer“ oder „häufig“ ausbildungsfremde Tätigkeiten leisten zu müssen, wie z. B. Kaffee kochen oder putzen in der Firma.

Dabei sind solche Tätigkeiten keinesfalls Teil der Ausbildung. Finden sie dauerhaft statt und werden zentrale Ausbildungsinhalte deshalb nicht vermittelt, gefährden sie sogar den erfolgreichen Ausbildungsabschluss der jungen Menschen.

Überstunden sind nicht in Ordnung

Außerdem gab über ein Drittel (34,5 Prozent) der Auszubildenden an, regelmäßig Überstunden leisten zu müssen – deutlich mehr als in den Vorjahren. „Wer Überstunden machen muss, erhält dafür oftmals weder eine zusätzliche Vergütung noch einen Freizeitausgleich. Dabei ist das schlicht illegal“, sagt dazu Kristof Becker. Traurige Spitzenreiter sind Köche, von denen mehr als die Hälfte regelmäßig Überstunden machen muss. Im Schnitt sind es bei ihnen 6,1 Überstunden pro Woche. 

Jeder dritte Azubi im dritten Ausbildungsjahr weiß nicht, ob er nach Berufsabschluss übernommen wird. Das verunsichert viele der Befragten. Die Chancen hängen dabei stark vom jeweiligen Ausbildungsberuf ab. Besonders Hotelfachleute und Verkäufer müssen lange bangen. 

Ausbilder spielen große Rolle bei Zufriedenheit

Einen großen Einfluss auf die Ausbildungszufriedenheit hat das Ausbildungspersonal in den Betrieben – der Schwerpunkt des Reports dreht sich deshalb in diesem Jahr um die Ausbilder.

Die Ergebnisse bestätigen es: Werden die Azubis vom Ausbildungspersonal in den Betrieben korrekt behandelt, bekommen sie Arbeitsvorgänge gut erklärt und wird auf ihre individuellen Lernbedürfnisse eingegangen, dann ist die Zufriedenheit überdurchschnittlich.

„Aber nicht alle Ausbilder haben ausreichend Zeit, um ihre Azubis so intensiv zu betreuen, wie es notwendig wäre“, betont Kristof Becker. Insbesondere kommt oft ein persönliches Feedback über bereits erworbene Fähigkeiten und über Nachholbedarf zu kurz. Nur 45 Prozent erhalten mindestens einmal im Monat eine persönliche Rückmeldung, bei der Mehrheit ist dies „seltener“ oder sogar „nie“ der Fall.

Dazu sagt Kristof Becker: „Klar ist: Auch hier drückt der Schuh bei den Zeitkapazitäten, die die Ausbilder in den Betrieben für ihre Azubis haben. Dabei würden von kleineren Betreuungsschlüsseln am Ende alle profitieren.“

Die repräsentative Befragung wurde von September 2023 bis April 2024 durchgeführt. Insgesamt 10.289 Auszubildende aus den laut Bundesinstitut für Berufsbildung 25 am häufigsten gewählten Ausbildungsberufen haben sich beteiligt.

(DGB/CHHI)

Zurück zur Startseite

Weitere Themen

Jungkoch beim Anrichten eines Tellers in der Nahaufnahme. (Foto: © stock.adobe.com/Saxlerb)
Best-Practice
Best-Practice

Jugendliche für die Hospitality begeistern

Die Lehrlinge von heute sind die Fachkräfte von morgen. Es lohnt sich, viel Herzblut in ihre Ausbildung zu investieren. So werden auch diese Young Talents ihren zukünftigen Beruf mit Motivation und Leidenschaft ausfüllen.
junge Frau kocht in einem Restaurant
Ausbildung
Ausbildung

Tiefstwerte bei Gastro-Lehrlingszahlen in Österreich

Nicht nur hierzulande bleiben zahlreiche Lehrstellen unbesetzt, auch in unserem Nachbarland ist es schwierig für Betriebe Azubis zu finden. Jetzt fordert die Gewerkschaft Vida eine bessere Ausbildungsqualität, damit der Branche wieder mehr Attraktivität gewinnt. 
Zuhörer bei der Veranstaltung "Innovation Camp"
Innovation Camp 2024
Innovation Camp 2024

Fair Job Hotels fördert junge Talente

Mitte Juni 2024 war es wieder soweit – zum vierten Mal lud Fair Job Hotels über 90 Auszubildende, duale Studenten und junge Mitarbeiter zum Innovation Camp im Infinity Conference Hotel & Resort in München ein.
Urkundenverleihung an Jürgen Hennig am Ausbildungsbotschafter-Tag Nürnberg 2024 (Foto: © Dehoga/Kempinski)
Förderung
Förderung

Jürgen Hennig zum Ausbildungsbotschafter ernannt

Seit 16 Jahren ist Hennig für das Kempinski Hotel tätig, seit einem Jahr als Ausbildungsverantwortlicher. Jetzt wurde er für sein herausragendes Engagement in der Nachwuchsförderung vom Dehoga Bayern gewürdigt.
V.l. Ausbildungsleitung Michelle Wagner, Kamila Mashrapova (Kirgisistan), Tuhin Dewan (Bangladesh), Bohdan Omelianenko (Ukraine), Lucas Wehse (Farchant), Celina Luxenburger (Oberammergau).
Ausbildungsstart
Ausbildungsstart

Hotel Zugspitze ist ein beliebter Arbeitgeber: Mehr Bewerber als Stellen

Das Hotel Zugspitze in Garmisch-Partenkirchen startet in diesem Jahr gleich mit sechs neuen Azubis. Die Besetzung der Stellen war nicht leicht, denn Bewerber gab es entgegen dem allgemeinen Trend mehr als genug. Wie lässt sich diese positive Entwicklung erklären?
(v.l.n.r.) Peter Adrian, Präsident der DIHK und Amélie Reiberling.
Ausgezeichneter Abschluss im Hotelfach
Ausgezeichneter Abschluss im Hotelfach

Amélie Reiberling ist Deutschlands beste Azubine

Auszeichnung für Amélie Reiberling: Im vergangenen Jahr legte die junge Frau deutschlandweit die beste Abschlussprüfung im Hotelfach ab. Für ihre großartige Leistung wurde sie am 15. Mai 2023 in Berlin geehrt.
Jürgen Bayer (Sous Chef Hotel Zugspitze) schaut bei „seinem Azubi“ Samuel Dietsch in der Werdenfelserei vorbei.
Nachwuchs im Blick
Nachwuchs im Blick

Hotel Zugspitze: Trotz Schließung kein Ausbildungs-Stopp

Das Hotel Zugspitze in Garmisch-Partenkirchen wird umgebaut. Bis Mitte Mai ist das Haus vorübergehend geschlossen. Um die Ausbildung des Nachwuchses nicht zu gefährden, kommt er für diese Zeit in Partnerhotels unter. 
Tischkickern macht Spaß.
Recruiting mal anders
Recruiting mal anders

Verrückte Idee: Mit Kickern zum Ausbildungsplatz

Gastgewerbe und Hotellerie finden immer schwieriger Nachwuchs. Das liegt wohl auch daran, wie die Branche für sich wirbt. Aber wie erreicht man die Jugend von heute und wie macht man ihnen eine Ausbildung schmackhaft?