Stiller Star in der Schlossküche
„Ich lebe so ein bisschen Understatement“, gibt Andreas Laux mit besonnener Stimme zu. Auf einem Foto auf der Website von Schloss Eberstein sieht der 34-Jährige mit schwarzem Brillengestell, Dreitagebart und Basecap zwar ein wenig wie Mark Forster aus, meidet aber im Gegensatz zum Sänger das Rampenlicht. Der hochgewachsene Koch lässt lieber Teller sprechen.
Und wie! In Gänseleber hat er Nori-Alge eingearbeitet und kombiniert dazu neben roher Gambero Rosso – roter Garnele aus den Tiefen der Adria –, Pflaume, gerösteten Basmatireis und einen Sud aus rosa Ingwer. Klassische Gourmetzutaten, modern interpretiert. Bei Taube aus dem Elsass, die Zucchini, Paprika und die pikante Gewürzpaste Harissa aromatisch gen Marokko fliegen lassen, freut er sich über Reaktionen seiner Gäste: „Dazu die Innereien, Leber, Magen, Herz – das feiern die Leute!“
„Ich bin kein Freund von Schäumchen, Sphären und Gels“
Neben dem Menü stehen auf der Karte immer auch ein Schmorgericht und ein großes Fleischstück zum Teilen, wie am Knochen trockengereiftes Porterhouse-Steak; saisonal gibt es Wild oder Fische aus dem Rhein. Seine Gerichte sind nicht in erster Linie „instagramable“, sondern sollen den Eigengeschmack der Zutaten transportieren: „Ich bin kein Freund von Schäumchen, Sphären und Gels.“ Klassisch-französische Küche mit weltoffen-modernen Nuancen und zeitgemäßer Anrichteweise – das passe zu Baden und zum herrschaftlichen Ambiente mit Kronleuchter, roten Stofftapeten und Silberbesteck.
Schritt für Schritt, bis sich der Kreis wieder schloss
Die Gourmet-Abteilung seiner Wirkungsstätte Schloss Eberstein trägt den Namen seines Chefs, „Werners Restaurant“. Seinen Arbeitgeber und Patron, den Hotelier und Unternehmer Bernd Werner, kennt Andreas Laux schon lange. Denn den gebürtigen Karlsruher brachten seine Eltern und ein Schülerpraktikum mit 16 Jahren zum Kochen: „Das klingt abgedroschen, aber bei uns zuhause wurde immer gut gekocht“. Damals hatte sein Vater einen Kochkurs bei Bernd Werner besucht, da war der Kontakt für die Berufsorientierung schnell hergestellt. Dem Praktikum folgte erst ein Aushilfsjob während der Schulzeit und, nach bestandenem Abitur, die dreijährige Koch-Ausbildung. „Wir hatten stets einen guten Draht“, berichtet Laux über seinen Lehrmeister, der ihn auch später bei beruflichen Entscheidungen beratend zur Seite stand.
Die kochtypischen Wanderjahre führten Laux zuerst in den Rheingau, wo er bei Patrick Kimpel im „Kronenschlösschen“ arbeitete. Nach zwei Jahren wechselte er ins „Gästehaus Klaus Erfort“ nach Saarbrücken, einer der ganz großen Adressen in der deutschen Kochlandschaft. Seine eingangs angesprochene Zurückhaltung und Bescheidenheit demonstriert ebenfalls, dass Laux erst auf Nachfrage mit seinen Praktika im legendären „Oud Sluis“ vom niederländischen Koch-Superstar Sergio Herman und im „The Fat Duck“ im englischen Bray herausrückt. Bei Heston Blumenthal, erinnert er sich noch immer fasziniert, hätten sich 40 Köche in der mit Rotationsverdampfer und 3-D-Drucker hochtechnischen Küche um 40 Gäste gekümmert. Erst in einem Nebensatz erwähnt er, dass er – nachdem er seinen Küchenmeister in Heidelberg gemacht hatte – in der Anfangsphase mit dabei war, als Sergio Herman und seine ehemals rechte Hand Nick Bril das „The Jane“ in Antwerpen eröffneten.
Schloss Eberstein: Hotel, Restaurants und Hochzeiten
Von diesen Erfahrungen, lehrreich und teils hart, profitiert er nun nicht nur beim Kochen, sondern auch im engagierten und verständnisvollen Umgang mit eigenen Mitarbeitern. Als Bernd Werner 2015 einen Küchenchef suchte, folgte Andreas Laux seinem Ruf und kehrte an den einstigen Ausbildungsort zurück. In der beeindruckenden Schlossanlage, zu der eine kurvenreiche Straße hochführt, boten sich damals ideale Bedingungen für eine Ausbildung.
Schließlich gibt es nicht nur „Werners Restaurant“ für Gourmetküche, sondern ebenfalls badische Klassiker wie hausgemachte Maultaschen mit lauwarmem Kartoffelsalat und Zwiebelrostbraten aus der Rehkeule mit abgeschmälzten Spätzle in der gemütlich rustikalen „Schlossschänke“ mit ihrer von Platanen flankierten Sonnenterrasse. Hinzu kommt noch die Abteilung für Banketts und Catering, denn das Schloss mit 18 Hotelzimmern ist beliebte Location für Hochzeiten. „In drei Lehrjahren lernen Azubis quasi drei Betriebe kennen!“, zitiert er überzeugt Bernd Werner, der ihm beim Kochen („Ein Riesenunternehmen, eine Riesenherausforderung“) administrativ den Rücken freihalte.
Anstelle über den verschärften branchenüblichen Personal- und Nachwuchsmangel zu klagen, freut er sich lieber über sein Team und zeigt Anreize auf. Man böte gleich drei Ausbildungsmodelle an: die klassische Lehre mit Berufsschule, die anspruchsvolle, von Hotelier Hermann Bareiss und dem Verein „Förderer der Hotellerie & Gastronomie“ initiierte FHG-Ausbildung für Spitzenbetriebe und die ergänzende JRE-Genuss-Akademie, die neben dem theoretischen Unterricht in der Landes-Berufsschule Bad Überkingen eine zusätzliche Förderung von 60 Unterrichtseinheiten pro Jahr an der Dehoga Akademie als Weiterbildungsakademie beinhaltet. Wie geschaffen für kommende Herdkünstler, kämen sie nur.
Seit über 23 Jahren mit den Jeunes Restaurateurs verbunden
Neben aktuellen pandemiebedingten Herausforderungen und Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit, die sich hier mit dem Verwerten von Lebensmitteln durch drei gastronomische Zweige bestens gestalten lässt, seien das alles Themen, über die er sich gerne mit Berufskolleg*innen austausche. Seit 1999 ist Bernd Werner Mitglied bei den Jeunes Restaurateurs (JRE) und war dort lange im Vorstand tätig. 2018 trat Andreas Laux in seine Fußstapfen und wurde in den illustren Kreis junger Spitzenköche aufgenommen, während Werner der Vereinigung als Membre d’Honneur treu bleibt. Eigentlich begann Laux‘ JRE-Geschichte bereits früher: „Ich bin absoluter Fan, weil mir die Schule den Weg für meinen weiteren Berufsweg geebnet hat.“ Denn parallel zur Ausbildung hatte er die damalige JRE-Eliteklasse am Gastronomischen Bildungszentrum (GBZ) in Koblenz besucht. Als JRE-Mitglied freue er sich nun über den Austausch mit Kollegen und Kolleginnen, die er teilweise schon jahrelang als ehemaligen Mitschüler kenne, und das gute Netzwerk aus ähnlich aufgestellten Betrieben.
Nun schreibt der Familienvater weiter an der neuen Speisekarte. Wenn er zur abendlichen Arbeit geht, deren Zeiten keine Kita abdeckt, kümmert sich seine Frau, selbst Konditormeisterin, Hotelfachfrau und Köchin, um den fünfjährigen Sohn. Andreas Laux wirkt angekommen in der Balance, von der er zuvor sprach, aus drei Säulen: Familie und Freunde, Arbeit, Gesundheit. Privat freue er sich über bodenständige Hausmannskost seiner pfälzischen Schwiegereltern oder mal Kartoffelgratin und Hackbraten. Sympathisch und bescheiden eben.
(JRE/K1/MK)