Über Nacht zur leitenden Angestellten
Frau Cyriax, was war Ihre Motivation, sich für dieses außergewöhnliche Projekt zu bewerben?
Den Ausschlag beziehungsweise finalen Stupser hier teilzunehmen, hat mir mein Chef, Magnus Schwartze, General Manager vom Living Hotel Bonn gegeben. Ich selbst hatte die Idee zwar von Anfang an auch, allerdings habe ich gemerkt, dass die Projektphase genau in die Zeit meiner Abschlussprüfung fällt. Ich war verunsichert, ob mir das nicht zu viel wird – schließlich wollte ich einfach einen guten Abschluss machen.
Dann habe ich aber mit Herrn Schwartze, der immer ein offenes Ohr für jeden von uns Mitarbeitern hat und einfach ein toller Chef ist, gesprochen. Er riet mir letzten Endes auf meinen Bauch zu hören. Er überließ mir die Entscheidung, betonte aber, welche große Chance dies für mich wäre, etwas für mich zu lernen, was man so nur in der Praxis erfahren kann. Für meine Prüfung könnte ich auch in Berlin lernen und bekäme jede Unterstützung von Seiten des Unternehmens dafür. Das hat mir geholfen, sehr sogar. So habe ich alles gegeneinander abgewogen und mir letztlich gedacht „warum eigentlich nicht, Sophie, probier‘ das jetzt einfach.“
Welche Erwartungen hatten Sie zum Start des Azubi-Hotels?
Keine konkreten. Ich habe aber im Vorfeld schon Überlegungen angestellt, wie es wohl werden würde. Ich nahm an, dass gerade die ersten beiden Wochen von der Eingewöhnung und dem Basislernen geprägt sein würden: bis man selbst angekommen ist, bis man sich als Team kennt, bis einem das neue Umfeld etwas vertraut ist, man sich wohlfühlt und man natürlich auch die ganzen täglichen Aufgaben erstmal kennengelernt und durchlaufen hat. Und dass ab der dritten Woche dann das nächste Learning-Level anfängt, in dem man Dinge für sich mitnimmt. Zumindest habe ich das mir so erhofft.
Genau so war es dann auch: wir als Azubis haben sofort geklickt. Wir waren schon in der ersten Woche ein eingeschworenes Team und hatten alle das Gefühl eine große WG-Family zu sein. Im Hinblick auf die Arbeit war die erste Woche schon stressig und ganz schön tough – alles war neu und man musste sich einfach so viele Dinge merken. Ich bin im Kopf alles zigmal durchgegangen, damit ich auch ja nichts an Bestellungen vergesse und der Frühstücksgast dann beispielsweise übermorgen kein frisches Obst hat (lacht). Die ersten 14 Tage haben wir haben gut miteinander hinbekommen. Einfach auch, weil wir es zusammen schaffen und zeigen wollten, dass wir als Ausbildende das in uns gesetzte Vertrauen für so ein großes Projekt zurückgeben wollen.
Seit der dritten Woche hatten waren die Abläufe routiniert, es fühlte sich alles viel selbstverständlicher an, das sah man auch daran, dass wir tagsüber bei der Arbeit mehr lachten. Ich selbst habe gemerkt, mich von da an auch persönlich noch mehr weiterentwickeln und besser auf Kollegen eingehen zu können. Mir wurde klar, was ich schon kann und was ich aber an Learning und Erfahrung noch brauchte. Und, ganz wichtig: es hat mich auch bestärkt, mit Gästen ins Gespräch zu kommen und ausnahmslos gutes Feedback für uns, unsere Arbeit und unser Projekt zu erfahren. Die Gäste fanden richtig gut, was wir gemacht haben. Das fühlt sich schon toll an und hat man nicht in so vielen Berufen, oder?
Sechs Monate Vorbereitung – haben diese eher Angst oder Sicherheit beschert und warum?
Die Vorbereitung für uns war spitze. Sie hat mir sehr geholfen und im Hinblick auf die Gespräche mit Herrn Schwartze immer mehr die Unsicherheit genommen. Von unserer Ausbildungsleitung, Sophia Pfundstein wurden wir in vielen kleinen Schritten und gut proportioniert auf das Azubi-Projekt vorbereitet – so hat das Ganze immer mehr ein Gesicht bekommen. Ganz am Anfang war das eher abstrakt, aber dadurch, dass wir uns regelmäßig gesehen und gesprochen haben, konnte ich (und ich weiß, dass es den anderen auch so ging), immer mehr Bezug dazu entwickeln.
Auch sehr geholfen hat die Sicherheit, bei Frau Pfundstein und Herrn Pfeiffer (Direktor des Hotel Großer Kurfürst vis a vis unseres Hauses) immer Fragen stellen zu können. Sie hatten für alles Verständnis, ganz gleich, ob es wie bei mir um das Thema Abschluss, das Haustier oder die Überlegung ging, ob man sich zutraut sechs Wochen von daheim weg zu sein. Unsere Chefs und die Verantwortlichen haben bei diesem Projekt an wirklich alles gedacht. Wir wussten zum Beispiel auch, dass wir zwar eigenständig arbeiten würden, jedoch nicht ganz alleine wären. Alleine das Wissen, dass immer jemand da ist, wenn man ihn braucht, sorgte für ganz viel innere Ruhe.
Ein bisschen Angst hatte ich persönlich einzig im Bezug darauf, was mich als Abteilungsleiterin im Azubi-Hotel erwartet und ob mein junges Alter vielleicht ein Thema bei den anderen Teilnehmern sein könnte. Beides hat sich aber als völlig überflüssig herausgestellt. Manchmal fragen mich meine Kollegen sogar, wie ich mit 19 Jahren schon so weit gekommen bin.
Welche Erfahrungen nehmen Sie aus der Projektteilnahme mit?
Ich freue mich auf der einen Seite darüber, das ich, was ich im Azubi-Hotel über mich selbst und auch über meinen Beruf gelernt habe, mit nach Bonn nehmen und mich noch mehr einbringen kann. Ich weiß, dass sich mein Stammhaus das auch gewünscht und auf meine neuen Erfahrungen gefreut hat. In der Berliner Zeit hatte ich zudem regelmäßig Kontakt mit meinen Kollegen zuhause, gerade mit der Frühstücksleitung und habe ganz viele liebe Nachrichten bekommen – vom Direktor quer durch alle Abteilungen.
Auf der anderen Seite, hoffe ich weiter so toll wie bisher gefördert zu werden, auch wenn ich ab Januar kein Azubi mehr bin. Ich hoffe für mich zu erfahren, wie weit ich es noch bringen kann. Denn mein Kindheitstraum besteht ja darin, dass ich einmal ein eigenes Hotel bauen beziehungsweise eines leiten werde – ich fühle mich in Hotels wie zuhause. Allen Azubi-Kollegen kann ich nur empfehlen beim nächsten Mal Azubis mitzumachen, es ist eine echte Chance für jeden .“
(Living Hotels/KAGI)