Darf es ein bisschen mehr sein?
von Daniela MüllerHOGAPAGE weiß, mit welchen Zusatzleistungen in der Hotellerie und Gastronomie gepunktet werden kann.
Die Meister der Benefits für Mitarbeiter sitzen zweifelsohne in den USA. Wer einen Job bei einem der großen Tech-Unternehmen im Silicon Valley ergattert, braucht eigentlich keine Wohnung mehr. Rund um die Uhr ein phänomenales kostenloses Essensangebot von Pizza bis Sushi, Ärzteversorgung auf dem Campus, Partys, einen Reinigungsservice für schmutzige Wäsche, einen Fahrradverleih und vieles mehr bietet etwa Facebook seinen Mitarbeitern als Plus zum Gehalt an.
In dieser Liga mitzuspielen, ist nur in wenigen Branchen möglich und vielleicht auch nicht erstrebenswert. Die gute Nachricht ist: Es ist gar nicht notwendig. Mit geschickt ausgewählten Extras kann ein Arbeitgeber mit viel kleinerem Aufwand seine Wertschätzung ausdrücken und dem Personal ein lukratives Extra zum Gehaltsscheck bieten.
Nicht alle Wünsche werden wahr
Eine Analyse der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu basierend auf 55.360 Suchanfragen ging der Frage nach, welche Angebote und Möglichkeiten heute die größte Relevanz für Jobsuchende haben. Das Ergebnis ist wenig überraschend: Flexible Arbeitszeiten (51 %), Home-Office (33 %) und die Möglichkeit, den Hund mit ins Büro zu nehmen (26 %), sind heute gute Gründe für Bewerber, sich für ein Unternehmen zu entscheiden. Für die Gastronomie und Hotellerie sind diese drei Bewerberwünsche naturgemäß schwer bis überhaupt nicht zu erfüllen.
Kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken – denn auch im Gastgewerbe gibt es zahlreiche Möglichkeiten, mit den richtigen Zusatzleistungen für glückliche Mitarbeiter zu sorgen. So bieten viele Hotelketten ihren Mitarbeitern z.B. kostenlose oder stark vergünstigte Übernachtungen in den eigenen Häusern. Fitness-Angebote, Nutzung des Wellness-Bereichs, gratis Verpflegung, Unterkunft und vieles mehr gehören relativ häufig zu den angebotenen Benefits.
Arbeitsatmosphäre ist wichtiger
Die H-Hotels AG, die Häuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz betreibt, bietet ihren rund 2.500 Mitarbeitern z.B. ein breites Portfolio an Benefits auf ihrem Corporate-Benefit-Portal an. Dazu gehören etwa hohe Gruppenrabatte bei verschiedenen Shops und Serviceangeboten von Adidas bis Zalando. Das Unternehmen gewährt seinem Personal attraktive Mitarbeiterkonditionen in den eigenen Hotels. »Darüber hinaus geben wir finanzielle Zuschüsse zu vermögenswirksamen Leistungen, für die Kinderbetreuung und das Nahverkehrsticket«, so Kati Kliemann, Vice President Human Resources Operations bei der H-Hotels AG. »Ein wichtiges Angebot, das gerne genutzt wird, ist unsere Trainings Academy. Die Mitarbeiter haben einen Anspruch auf mindestens zwei Trainings im Jahr, um sich weiterzubilden oder ihre Soft Skills auszubauen.«
Kliemann ist sich jedoch sicher, dass derlei Zusatzleistungen und ein angemessenes Entgelt nur ein kleiner, wenngleich wichtiger Bestandteil sind, um Mitarbeiter dauerhaft an das eigene Unternehmen zu binden. »Im Fokus unserer Arbeit sollte die kleine Einheit Team, Abteilung oder Hotel stehen. Mitarbeiter, die gerne zur Arbeit kommen, ihren Arbeitsplatz als Zuhause betrachten und die Kollegen als Familie, werden nicht wegen eines Benefits mehr oder weniger das Unternehmen verlassen«, meint sie. Mit gezielter Förderung wird zudem verhindert, dass motivierte Kollegen wegen einer Stufe auf der Karriereleiter das Unternehmen verlassen wollen. Man sei immer auf der Suche nach eigenen Talenten, die man fördern und fordern könne, sagt sie.
Bei der Zusammenstellung der möglichen Sonderleistungen rät die HR-Expertin zu einem guten Mix. Sie sollen schließlich eine Entlastung im Alltäglichen und einen Zusatznutzen für die Freizeit bieten. Da sich die Bedürfnisse der Mitarbeiter verändern, wird der Katalog an festgelegten Benefits jährlich auf Aktualität überprüft und angepasst. »Wenn z.B. die Kindergartenbetreuung zunehmend kostenlos wird, dann heißt es hier umdenken«, erklärt sie.
Employer Branding punktet
Dabei müssen sich manche Arbeitgeber naturgemäß mehr anstrengen als andere, um im »War for Talents« Erfolge zu erzielen – z.B. aufgrund ihrer Lage. »Unsere Hotels liegen im südlichen Harz, attraktiv für Gäste, aber etwas abseits für Mitarbeiter«, so die Hoteldirektorin der Ritter von Kempski Privathotels, Susanne Kiefer. Durch die Entwicklung einer ganzheitlich abgestimmten Arbeitgebermarke konnten mittlerweile fast alle Stellen in den beiden Häusern des Unternehmens, dem Naturresort Schindelbruch und dem Hotel FreiWerk in Stolberg, besetzt und die Fluktuation auf drei Prozent gesenkt werden.
Diese Zahlen sind ein schöner Beweis dafür, dass neben materiellen Extras auch eine konsequent gelebte positive Unternehmenskultur ein wichtiger Benefit ist, der von Mitarbeitern geschätzt wird. Sein eigenes Employer Branding zu entwickeln, ist dabei ein umfassender Prozess. Susanne Kiefer: »Auf Basis einer Mitarbeiterbefragung wurden Führungsleitlinien definiert, das Cultural Fit bestimmt sowie ein Wertesystem bzw. internes Leitbild.« Die Personalabteilung nimmt ihre Aufgabe, für zufriedene Mitarbeiter zu sorgen, ernst und hat zahlreiche Maßnahmen implementiert.
Susanne Kiefer: »Neben einem leistungsgerechten Vergütungssystem bieten wir Arbeitszeitkonten, eine offene Fehlerkultur und Entwicklungsgespräche, in denen wir persönliche und fachliche Entwicklungen besprechen. Wir finanzieren und veranstalten kontinuierlich Trainings, Schulungen und Workshops. Es gibt einen Talentpool, Brand Cards und einen Blog über künftige Projekte auf unserer Karriere-Website«, zählt die Hoteldirektorin auf. Außerdem werden über die Balanced Scorecard monatlich die Zufriedenheitswerte der Gäste und Mitarbeiter kommuniziert. Ein Gesamtkonzept, das überzeugt: Mit dem Gewinn des Hospitality HR Award 2018 haben die Ritter von Kempski Privathotels von der Jury der Deutschen Hotelakademie in der Kategorie »Gesamtstrategie Individualhotel« buchstäblich den Ritterschlag erhalten.
Materielles verpufft schneller
Auch in der Gastronomie rücken sich Arbeitgeber heute mit einem attraktiven Angebot für Bewerber ins rechte Licht. Die Restaurantkette Alex verzichtet dabei bewusst auf finanzielle Benefits und setzt stattdessen auf bildungshungrige Talente. »Wir haben festgestellt, dass etwa Add-ons, die wir in Form von Gutscheinen an unsere Mitarbeiter weitergeben, sehr schnell verpuffen«, berichtet Jörg Rataj, Direktor Recht und Personal – Leiter IT der Mitchells & Butlers Germany GmbH. Der Haupt-Benefit, den das Unternehmen seinem Personal neben dem monatlichen Gehalt bietet, ist deshalb ein umfassendes kostenloses Aus- und Weiterbildungsangebot in der hauseigenen Akademie.
»Wir glauben, dass wir dadurch den besten Nutzen für unsere Mitarbeiter und für unsere Betriebe erreichen«, meint Rataj. Dass sich davon vor allem motivierte Bewerber angesprochen fühlen dürften, ist ein angenehmer und durchaus beabsichtigter Nebeneffekt. Man sei sich bewusst, dass Alex für viele junge Nachwuchs-Systemer nur eine Station sei auf dem Weg zum nächsten Karriereschritt. Einige schaffen es aber auch irgendwann in die Führungsriege des Hauses – und dann zahlt sich das einst investierte Extra für den Arbeitgeber doppelt aus.
Personal als Verkaufsbotschafter
Am Ende sollte ein Unternehmer niemals vergessen: Die wahre Kunst, ein erfolgreiches Team »zu schmieden«, bedarf keiner riesigen materiellen Mittel. Das findet auch Andrew Fordyce, gelernter Koch, Trend-Scout, Food-Produzent und Gastro-Experte: »Für mich ist Wertschätzung vor wirtschaftlichen Benefits in der Personalführung zentral. Mitarbeiter müssen heute gleichberechtigt zum Gast gesehen werden. Das drückt sich z.B. ganz banal darin aus, dass das ganze Team in den Genuss derselben Essensqualität kommt wie der Gast. Schließlich müssen die Mitarbeiter hinter den Produkten stehen – sie sind die Verkaufsbotschafter.«
Ein schönes Beispiel, wie ein Restaurant sein Team wertschätzend zu großartigen Verkaufsbotschaftern ausbilden kann, hat er gleich parat: In den Filialen der Londoner Kette Pizza East wird bei jedem Kartenwechsel das gesamte Angebot vom ganzen Team gemeinsam verkostet. Einmal in der Woche trifft sich die komplette Mannschaft zum »Familien«-Essen. Mitarbeiterbindung und Teambuilding in einem – große Investitionen braucht es dafür nicht.
Beim Thema Mitarbeiter-Benefits gibt es also niemals den einen richtigen Weg. Vielmehr muss mit Fingerspitzengefühl ein Paket geschnürt werden, das neben einer großen Portion Wertschätzung der Teamleistungen auch ein paar individuelle Goodies enthalten kann. Denn zufriedene Mitarbeiter sorgen für glückliche Gäste – und so am Ende für einen erfolgreichen Unternehmer.
Sehen Sie auch das Interview:
Nachgefragt bei Birgit Zorniger
(Partner Operations bei der Bickson Hospitality Group in New York)
Vieles ist möglich – steuerfrei
Sowohl für Mitarbeiter als auch für Betriebe sind Lohnnebenleistungen oft reizvoller als eine Gehaltserhöhung. Interessant ist dabei auch der steuerliche Vorteil, den sie mit sich bringen können. Beispiele für mögliche steuerfreie Zuwendungen an Arbeitnehmer in Deutschland:
- Kindergartenzuschüsse (§ 3 Nr. 33 EStG und R 3.33 LStR): Max. bis zur Höhe der tatsächlichen Kosten (Originalbeleg muss vorliegen). Nur für nicht schulpflichtige Kinder. Nur öffentlicher Kindergarten kann erstattet werden. Keine Beaufsichtigung im Privathaushalt.
- Warengutschein/Tankgutschein (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG): Bis max. 44,00 Euro/Monat (Freigrenze Sachbezug).
- Sachgeschenk zu einem persönlichen Ereignis (R 19.6 Abs. 1 LStR): Die 60-Euro-Grenze für Sachgeschenke anlässlich eines besonderen persönlichen Ereignisses (z.B. Geburtstag, Hochzeit, Betriebszugehörigkeitsjubiläum) gilt unabhängig von der 44-Euro-Grenze für geringfügige Sachbezüge.
- Gesundheitsförderung (§ 3 Nr. 34 EStG): Max. 500 Euro jährlicher Freibetrag pro Arbeitnehmer; Steuerfrei ist die Übernahme oder Bezuschussung spezieller gesundheitsfördernder Kurse. Nicht aber Mitgliedsbeiträge in Sportvereinen oder Fitnessstudios.
- Zuschläge für Sonntags-/Feiertags- und Nachtarbeit (§ 3b EStG und R 3b LStR): Nachtarbeit (20–6 Uhr) 25 %/Nachtarbeit (0–4 Uhr) 40 %/ Sonntagsarbeit 50 %/Feiertagsarbeit 125 %.
- Fortbildungskosten: Berufliche Fort- und Weiterbildungsleistungen sind immer dann steuerfrei, wenn die Maßnahmen im überwiegenden Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Erstausbildung ist nicht steuerfrei!
- Privater Internetanschluss: Erstattung von betrieblich genutzten Privatanschlüssen mit 25 % Pauschalversteuerung möglich.
- Mankogeld/Fehlgeldentschädigung (R 19.3 Abs.1 Satz 2 Nr. 4 LStR): Max. 16,00 Euro/Monat für Arbeitnehmer mit Kassenverantwortung.
Quelle: BUHL Lohn GmbH/www.buhl-lohn.de
In Österreich gelten Sachzuwendungen an Dienstnehmer als lohnsteuerpflichtige Bezugsteile. Das Gesetz normiert nur bestimmte Geschenke des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer sowie bestimmte Vorteile aus der Teilnahme an Betriebsveranstaltungen mit den dabei verbundenen üblichen Sachzuwendungen als lohnsteuerbefreit.
Nähere Infos: www.wko.at/service/steuern/Sachbezuege—Lohnsteuerliche-Behandlung.html
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.