Verschluss-Sache
von Michael EichhammerModerne Schließsysteme ersetzen Schlüssel beispielsweise durch einen PIN-Code, der an der Tür eingetippt wird. Oder durch einen Transponder. Eine Magnet- oder RIFD-Karte, ein Chip oder neuerdings auch das Smartphone können ebenso als moderner Schlüsselersatz für die Entriegelung genutzt werden.
Diese Art der Technologie bietet dem Kunden dabei schon beim Einchecken einen Mehrwert: Er kann völlig unabhängig von vorgegebenen Check-ins oder Öffnungszeiten anreisen. »Die Zahl der Spätankommer wächst ständig, Night-Check-ins und Self-Check-ins erfreuen sich immer größerer Beliebtheit«, weiß Peter Gottschlich von Locksystem. Mit seiner Lösung wickelt der Gast die Check-in-Prozedur einfach selbst ab. Im Anschluss an die Buchung erhält er einen durch die Hotelsoftware generierten sechsstelligen PIN-Code per Mail, SMS oder ganz klassisch per Fax. Eine sinnvolle Lösung für alle Betriebe, die sich den Aufwand einer 24 Stunden besetzten Rezeption sparen wollen. Mit diesem System hat ein autorisierter Gast auch außerhalb der Rezeptionszeiten Zugang zu den Bereichen, für die er eine Freigabe erhalten hat.
Egal ob PIN-Code oder Transponderkarte: Der Zugriff auf die Zimmertür lässt sich ebenso leicht personalisiert freigeben wie der Zugang zum Haupteingang. Und nicht nur das: Neben der Zimmertür des Gastes können optional Gemeinschaftstüren freigegeben werden – wie die zur Saunalandschaft oder dem Fitnessbereich, der Aufzug und, im Fall einer Parkplatznutzung, auch Garagentore und Schranken. Die Nutzung des Aufzugs kann sich auf Wunsch zudem auf bestimmte Etagen beschränken. Noch ein Mehrwert gegenüber einem Zimmerschlüssel: Transponderkarten lassen sich mit einem Abrechnungssystem verbinden. Mit der Karte kann der Gast dann auch gleich das Abendessen im Restaurant, den Barbesuch oder die Nutzung der Spa-Angebote bezahlen.
Schlüssel verloren? Gibt’s nicht mehr
Hat der Zimmerschlüssel also komplett ausgedient? »In Deutschland, Österreich und der Schweiz haben wir noch immer zwischen 70 bis 80 Prozent privat geführte Hotels«, so Klaus Weddigen. Der Key Account Manager bei der DormaKaba GmbH ist Experte für Hotel-Schließtechnik. »Da ist der Zimmerschlüssel weiterhin das beherrschende Medium.« Doch spätestens bei der Beratung zu einem Neubau lassen sich Hoteliers von den Vorzügen der modernen Technik überzeugen. »Zu neunzig Prozent entscheiden sich die Kunden für elektronische Kartenbeschläge«, plaudert Weddigen aus dem Nähkästchen. »Vor allem, weil immer mehr Schlüssel verloren gehen, denn die Nachbestellung ist sehr teuer.«
Früher stellte das ein Sicherheitsrisiko dar und Kosten. Mit einem elektronischen Schließsystem ist die Abgabe eines Schlüssels nicht mehr nötig, denn der individuelle Code oder die Kartengültigkeit erlöschen automatisch bei der Abreise – ohne dass das Hotelpersonal sich darum kümmern muss.
Und während ein verloren gegangener Schlüssel für teures Geld nachgemacht werden müsste, sind die Karten, Chips und sonstige Transponder günstiger zu reproduzieren: Verliert ein Gast eine Karte oder ist diese beschädigt, kann ohne Aufwand eine andere Karte mit einer neuen Zugangsberechtigung bespielt und ausgegeben werden.
Schließtechnik nicht nur für Gäste
Auch der Zugriff des eigenen Personals sowie von Zulieferern kann mit der modernen Technik verwaltet und sicherer gemacht werden. Lagertüren, Personalzimmer und Lieferanteneingänge können ebenso wie Gästezimmer damit ausgestattet werden. Service- bzw. Reinigungsmitarbeiter erhalten Benutzercodes. Diese sind leicht zuzuordnen und erlauben es dem Betreiber, jede Öffnung nachzuvollziehen. Wer war wann und wo im Haus? Diese Fragen lassen sich per Software diskret beantworten.
Die Zugangscodes der internen und externen Mitarbeiter werden so programmiert, dass sie befristet gültig sind – nämlich ausschließlich für die freigegebenen Bereiche und nur für den Zeitraum der geplanten Anwesenheit im Gebäude.
Leichte Nachrüstbarkeit ist wichtiges Kriterium
Ein Aspekt, an dem man ein wirtschaftlich interessantes Schließsystem erkennt: Es bringt nicht nur im Fall eines Neubaus Kostenersparnisse mit sich, sondern lässt sich auch bei einer Umrüstung ohne großen Aufwand leicht einbauen, um das alte mechanische System zu ersetzen. Ein gutes digitales Zutrittssystem sollte an jedes Standardschloss und nahezu jede Tür montierbar sein. Digitale Schließzylinder lassen sich schnell installieren, da sie keine baulichen Veränderungen wie eine nachträgliche Verkabelung an der Tür erfordern. Das macht sie auch für kleine und mittelgroße Hotels zu einer günstigen Lösung. Sowohl der Schließzylinder als auch die Tastatur können mit Batterien betrieben werden. Diese müssen zwar ab und an gewechselt werden, aber erstaunlich selten: erst nach 50.000 Öffnungen. Bis dahin vergeht selbst in einem Großbetrieb viel Zeit. Eine Warnfunktion informiert rechtzeitig, falls ein Batteriewechsel nötig wird.
Die smarteste Lösung?
Es gibt allerdings eine noch futuristischere Alternative: das Smartphone als Schlüsselersatz. Allein auf diese Lösung setzen sollte man nicht, vielmehr eignet sie sich als Ergänzung. Zum einen wird es vermutlich immer Menschen jeden Alters geben, die auf den warmherzigen Empfang eines echten Menschen am Check-in nicht verzichten wollen. Zum anderen muss der Betreiber gewährleisten, dass der Gast sein Zimmer auch dann betreten kann, wenn der Internetempfang mal streikt. Ohne diesen läuft nämlich bei der Smartphone-Lösung gar nichts.
Das Handy kann dabei übrigens nicht nur für den Online-Check-in genutzt werden, sondern vor Ort als Schlüsselersatz für das Zimmer und andere Bereiche des Hauses fungieren. Nötig ist für den Gast dazu lediglich die kostenlose Installation der Hotel-App oder der App des Schließsystem-Herstellers. Praktisch, denn damit spart er die Zeit am Check-in-Schalter des Hotels, da er den »Zimmerschlüssel« bereits vor dem Betreten des Hauses bei sich hat.
Die individuelle virtuelle Keycard für den Gast wird von der Hotelschließsystem-Software erstellt und per SMS auf dessen Handy geschickt, vergleichbar mit dem SMS-TAN beim Onlinebanking.
Die Technik, die das Smartphone dann zum Türöffner macht, ist »BLE 4.0«. Das Kürzel steht für Bluetooth Low Energy. Der mit dem Namen versprochene niedrige Energieverbrauch soll dafür sorgen, dass beim Öffnen möglichst wenig Batterie verbraucht wird. Der Gast hält einfach das mobile Telefon vor die Tür – und das Schloss öffnet sich. Über das Smartphone kann das Hotel per Handy direkt in Kontakt mit dem User treten und ihn über die Angebote des Hauses informieren. Zukünftig kann der Gast mit seinem Gerät dann diese im Hotel wahrgenommenen Leistungen bargeldlos bezahlen.
Wichtig zu wissen: Kosten für die Smartphone-Lösung entstehen nicht nur einmalig: Für die Nutzung eines von externen Dienstleistern angebotenen »Trusted Server«, der die Daten sicher verschlüsselt, fallen jährliche Lizenzgebühren an. Langfristig gesehen kann man davon ausgehen, dass der Mobile Key per Handy im Hotelalltag für alle Zielgruppen in Zukunft eine zunehmende Verbreitung findet. Hersteller, die mit der Zeit gehen, bieten daher Systeme, die beide Varianten am gleichen Schloss ermöglichen.
Kaufberatung
Doch welches System ist das richtige? »Wichtig ist, dass die Schließanlage marktsicher ist, also ein Produkt einer renommierten Marke, die bereits seit langer Zeit auf dem Markt etabliert ist«, rät Klaus Weddigen von DormaKaba. Eine lange Lebensdauer des Produkts und ein dichtes Supportnetz sind wichtig im Fall eines Nachkaufs. Versteckte Kosten treten auf, wenn der Hersteller mit teuren Eigenmarken-Batterypacks arbeitet. Daher sollte man darauf achten, dass das System mit handelsüblichen Batterien betrieben werden kann. Wichtig auch: Die Art und Weise, wie der Transponder an der Tür angewendet wird, muss für den Kunden selbsterklärend sein. Muss man die Karte auf das Lesefeld an der Tür halten oder nur davor? Oder sie aber in einen Schlitz stecken? Die Antwort sollte für den Gast auf den ersten Blick erkennbar sein, um einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Beispielsweise durch ein Signallicht an der korrekten Position.
Moderne Sicherheitstechnik schützt nicht nur den eigenen Betrieb, sondern wird auch vom Gast bewusst wahrgenommen. Ein Gast, der spürt, dass sein Reisegepäck und seine persönliche Sicherheit an diesem Ort besonders umsichtig geschützt werden, wird diese Beobachtung in seinen Gesamteindruck einfließen lassen. Oft sind es Details wie diese, welche die Bewertung eines Hauses maßgeblich mitbestimmen.
Die gängigen Schlüsselersatz-Varianten im Überblick
- Magnetkarte: kontaktbehaftete Identifikationstechnologie. Günstig und daher im Bestand noch vorzufinden, jedoch technisch veraltet und anfällig.
- Magnetchip: weniger unter Gästen im Einsatz, eher für Angestellte.
- Smartcard: Nachfolger der Magnet-karte, ebenfalls lesegebunden.
- RFID-Karte: Transponder mit berührungsloser Übertragungstechnik. Nachfolger der vorher genannten. Robust und verschlüsselbar.
- PIN-Code: An der Tür wird ein Code eingegeben, beispielsweise am Haupteingang.
- Smartphone: Das Handy wird per Bluetooth Low Energy und einer App zum Mobile Key. Nachteil: Akzeptanz nicht unter allen Gästen sicher, eine Internetverbindung ist nötig.
Fallbeispiel: B&B-Hotels
Max C. Luscher, Geschäftsführer B&B-Hotels, über die Vielfalt der Angebote seines Hauses:
»Jedes unserer Hotels verfügt über ein Pad, bei dem ein vierstelliger Code eingegeben werden muss. Den Zugangscode erhält der Gast entweder an der Rezeption beim Check-in oder über das Check-in-Terminal. Über dieses kann sich der Gast selbst einchecken, wenn die Rezeption nicht besetzt ist oder er diese Art des Check-ins bevorzugt. Als dritte Möglichkeit erhält der Gast bei einer Buchung über hotelbb.de oder die firmeneigene App den Zugangscode per E-Mail oder SMS.«
Fallbeispiel: McDreams-Hotels
»Wir brauchen einen Check-in, der den Zutritt einfach, komfortabel und sicher macht«, sagt Dominik Klein, Geschäftsführer der McDreams-Hotels.» Unser Gast hat drei Möglichkeiten: Er meldet sich an der Rezeption an, am Terminal des Check-in-Systems Ariane oder über das Handy. Den PIN zur Zimmeröffnung erhält der Ankommende per SMS, Mail oder Fax.«
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.
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