Stühle raus!
von Eva SchiwarthEin gut laufendes Terrassengeschäft kann »kriegsentscheidend« sein. Damit der Umsatz stimmt, braucht es neben Wetterglück auch neue Ideen und Konzepte für den Außenbereich. Denn dieser ist ein Aushängeschild und lockt Stammgäste, Entdecker und Genießer an.
»Wir sehen, dass bei der gastronomischen Einrichtung Innen und Außen immer mehr verschmelzen. Indoor goes Outdoor könnte man diesen Trend treffend umschreiben«, so Maurus Reisenthel, Brand Manager der Go In GmbH in Landsberg am Lech. Der Look der Innenräume werde nach draußen verlängert, umgekehrt bestimmen mehr und mehr Outdoor-Themen die Innenräume von Restaurants. Entsprechend klug ausgewähltes Mobiliar muss so unter Umständen nicht mehr für mehrere Monate im Lager sein Dasein fristen, sondern wird zur Ganzjahreseinrichtung.
Klassisches Design und Shabby Chic
Auch bei den Formen für die Outdoormöbel wird der Bezug zu den Innenräumen erkennbar. Im Terrassenbereich finden sich immer mehr filigrane Möbel – Sofas und Sessel in sachlich-modernem Design –, die ausladende und unhandliche Sitzlandschaften ablösen. Ein zweiter großer Trend ist Vintage. Im Wohnbereich seit Jahren in Mode, erobert der Shabby Chic nun auch die Außengastronomie. Geschwärzter Stahl, Used-Optik, rohes bzw. sägeraues Holz und Möbel mit Gebrauchsspuren sind dafür typische Merkmale. Solche Stühle und Tische dürfen ganz bewusst altern und nehmen Schrammen und Kratzer beim Rein- und Rausräumen nicht so schnell übel.
Möbel in Polyrattan bleiben weiterhin ein Klassiker für den Außenbereich: Allerdings werden die Querschnitte der Materialien dicker, die Geflechte bekommen strukturierte oder aufgeraute Oberflächen. Hinzukommen Möbel in Teakholz, thermisch behandelten einheimischen Hölzern und Kunststoffe in täuschend echter Holz- oder Bambusoptik. Das Holz wird für komplette Möbelkorpusse oder in Kombination mit Aluminium für einzelne Elemente, beispielsweise Armlehnen, eingesetzt.
Bei der Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Ein eigenes Konzept, das zum Haus, zu den Gästen und zu den kulinarischen Angeboten passt, sollte immer der rote Faden sein. Erst zusammen mit Licht, Deko, Tischwäsche und Bepflanzung wird daraus ein stimmiges Bild, welches dann auch eine Visitenkarte für das Lokal sein kann.
Im Interview: Udo Dagenbach, Büro Glaßer und Dagenbach
„Der Hotelgarten ist Highlight und Visitenkarte“
Landschaftsplaner Udo Dagenbach hat mit dem Büro Glaßer und Dagenbach bereits an die 20 Außenanlagen von Hotels und gastronomischen Einrichtungen im In- und Ausland entworfen und umgesetzt. HOGAPAGE sprach mit dem Fachmann über Trends bei der Gartengestaltung und darüber, welchen Stellenwert gut geplante Außenanlagen für Hotels und Gastrounternehmen haben können.
Herr Dagenbach, Sie plädieren dafür, den Außenbereichen von Hotels und Restaurants viel mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Warum?
Merkmale wie ein gestalteter Hotelgarten, eine zum Restaurant gehörende bepflanzte Terrasse oder ein lauschiger Innenhof können heute den entscheidenden Unterschied machen, warum Gäste kommen und gern bleiben. Wir haben für Hotels geplant, die immer wieder gebucht werden wegen des einmalig schönen Gartens, des alten Baumbestandes. Es gibt dort Gäste, die wollen während ihres Aufenthalts gar nicht mehr aus dem Hotel raus. Die verbringen ganze Urlaubstage in der Anlage – und sorgen auf diese Weise für zusätzlichen Umsatz.
Selbst wenn nicht so viel Platz ist: Ein gepflegter Eingangsbereich, eine durchdacht gestaltete Hotelauffahrt oder der Freisitz zur Fußgängerzone ist eine ganz wichtige Visitenkarte für ein Unternehmen. Mit dem Bereich kommen Gäste und auch Laufkundschaft als Erstes in Kontakt.
Gibt es spezielle Trends in der Garten- und Außengestaltung?
Nicht im Sinne von kurzfristigen Trends, denn einen Garten hat man länger als zehn Jahre. Wir sehen jedoch, dass zurzeit mehr streng designte Anlagen geplant werden als klassische mediterrane Gärten. Durch die Öko- und Wellnessbewegung gibt es zudem verstärkt den Wunsch nach dem schicken Naturgarten mit naturnahen Flächen und Gehölzen. Prinzipiell hängt das Thema der Außenanlagen jedoch vom Konzept des Hauses ab, welche Gäste man ansprechen will, und natürlich von der Lage und der Region.
Einen Hotelgarten oder einen Terrassenbereich plant man nicht über Nacht. Worauf sollte geachtet werden?
Solch ein Vorhaben ist ein langfristiges Investment. Im besten Fall sitzen deshalb alle Fachleute von Anfang an an einem Tisch: Architekten, Landschaftsplaner, technische Fachplaner, Facility Manager, Investor und Hotelmanager. Wir Gartenplaner können so sehen, welches Budget für unsere Arbeit zur Verfügung steht. Bereits in dieser frühen Phase sollten sich Unternehmen fragen, ob sie sich einen Garten auch leisten wollen. Denn eine vernünftige, fachgerechte Pflege kostet einiges an Geld. Häufig wird in diesem Bereich später im laufenden Betrieb gespart, worunter die Qualität der Außenanlagen nicht selten leidet.
Wir wissen, dass es in der Hotelbranche Usus ist, dass Betreiber und Management wechseln – mehr oder weniger häufig. Aus diesem Grund stellen wir während unserer Arbeit ein Handbuch für den Garten zusammen. Darin sind Idee und Konzept des Gartens beschrieben und welches Gefühl dem Hotelgast vermittelt werden soll. Detaillierte Pflegepläne erleichtern es nachfolgenden Dienstleistern, die Anlagen wirklich lange in einem Zustand zu halten, wie wir uns das ausgedacht haben.
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.
Fotos: iStockphoto; Objekt M; Glaßer und Dagenbach