Corona hat das Bargeld-Sterben auch in der Gastro-Branche beschleunigt
Foto: Concardis

Innovationsschub volle Kraft voraus!

Corona hat das Bargeld-Sterben auch in der Gastro-Branche beschleunigt

von Michael Eichhammer
Mittwoch, 28.10.2020
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Not macht erfinderisch. Das gilt auch angesichts der gravierenden Umwälzungen, welche die Corona-Krise mit sich brachte. Vor allem im Bereich der Digitalisierung wirkten die Herausforderungen des Pandemie-Krisenmanagements als Beschleuniger. »In Zeiten der ›neuen Normalität‹ hat sich gezeigt, dass Digitalisierung in den Betrieben wichtiger denn je ist«, sagt Andreas Jonderko, Geschäftsführer von gastronovi. Laut einer aktuellen Studie haben sich 70 Prozent der Befragten mit den Chancen digitaler Möglichkeiten auseinandergesetzt. Was sich bereits vor der Krise abgezeichnet hat, wurde noch einmal verdeutlicht: »Digitalisierung ist für jeden Gastronomen essenziell, um auch in Zukunft gut aufgestellt zu sein und wettbewerbsfähig zu bleiben«, ist Andreas Jonderko überzeugt.

Zu den nachhaltigsten Veränderungen zählt der endgültige Siegeszug des bargeldlosen Bezahlens. Waren vor der Pandemie vor allem die skandinavischen Länder Vorreiter, wenn es um bargeldloses Bezahlen geht, wirkte Corona als Katalysator – sowohl bei den Gastgebern, die sich intensiver mit den technischen Möglichkeiten auseinandersetzten, als auch bei den Konsumenten, die jetzt vermehrt kontaktlos mit Karte oder dem Smartphone zahlen möchten.

»Unsere Expertise in der Digitalisierung von Verkaufsprozessen und in der Kundenkommunikation wurde vom Markt stark nachgefragt«, bestätigt Ing. Johannes Reichenberger, Geschäftsführer der ventopay GmbH, den Digitalisierungsschub durch Corona. Das Unternehmen ist spezialisiert auf bargeldlose Kassen- und Bezahlsysteme. »Neben Online-Bestellsystemen wurden vor allem auch Bonusprogramme und Feedbacksysteme häufig in den Unternehmen etabliert. Damit können Gäste gebunden und Umsätze stabilisiert werden«, so die Erfahrungen bei ventopay.

Cashless als Hygienemaßnahme

Elektronische Geldformen wie Debit- und Kreditkarten, Apple Pay und Google Pay werden dauerhaft wichtig bleiben und teils noch wachsen. Die klassische Kreditkarte wird dabei mittlerweile ergänzt um das Smartphone, auf dem eine Kreditkarte hinterlegt ist. Für die Kundenzufriedenheit sollte der Gastgeber darauf achten, dass seine Hardware die Akzeptanz aller gängigen Karten gewährleistet. Ob ein Kunde Bargeld oder bargeldlose Bezahlung als komfortabler empfindet, mag Geschmackssache sein, doch es steht fest: Unter dem Einfluss der Corona-Achtsamkeit wissen viele das – neudeutsch – »cashless payment« als Maßnahme zur Hygiene zu schätzen. »Ob via PayPal, Apple Pay, per EC- oder Kreditkarte – bargeldloses Bezahlen ist sowohl für Gäste als auch für das Service-Team bequem, schnell und reduziert Ansteckungsgefahr sowie Kontaktpunkte«, fasst Andreas Jonderko von gastronovi zusammen.

Marcel Hirscher
Der Ex-Skirennläufer Marcel Hirscher ist das prominente Testimonial
für ein hobex-Terminal. Foto: Hobex

Nahtlose Prozesse sind gewährleistet

Bargeldloses Bezahlen aus Anbietersicht muss dem Gastgeber erleichtern, sich auf sein Kerngeschäft zu konzentrieren. Für den Gast und den Gastgeber zählen Mobilität und damit Flexibilität sowie – unter dem Eindruck der staatlichen Corona-Maßnahmen – natürlich auch Hygiene. Für den Gastgeber zählt noch ein weiteres Argument: nahtlose Prozesse. Digitale Tools sollen dem Gastronomen erlauben, Transaktionen beispielsweise per App jederzeit im Blick zu haben oder unkompliziert individuelle Reportings aufgrund der dokumentierten Transaktionen zu erstellen.

Moderne Kartenlesegeräte, die mit Standards wie 4G oder WLAN ausgerüstet sind, ermöglichen eine direkte Bezahlung am Tisch – innen oder im Außenbereich und ebenso bei Außer-Haus-Lieferungen. Noch ein Argument fürs bargeldlose Bezahlen per Kartenlesegerät: die Trinkgeldfunktion. Mit der integrierten Möglichkeit, Trinkgeld in Prozentform direkt mit anzugeben und abzurechnen, steigt – so zeigt die Erfahrung – die Chance auf höhere Umsätze. »Der Trend hin zum bargeldlosen Zahlungsverkehr ist mehr denn je spürbar«, bestätigt auch Karin Köck, Vorstand der hobex AG.

Eine Payment-Studie des EHI prognostiziert einen Anstieg des Kartenanteils des stationären Umsatzes auf 58 Prozent im Jahr 2022. »Wenn die Karte dann noch mit einem Bonusprogramm verknüpft ist, wird sie von den Gästen besonders gerne eingesetzt«, beobachtet Matthias Rörig von American Express. Wie die Kunden profitieren auch die Gastronomen und Hoteliers von der Teilnahme an solchen Bonusprogrammen. Beispiel American Express: Kartenkunden erhalten spezielle Angebote auf ihr Smartphone, die sie bei den Partner-Restaurants oder Partner-Hotels einlösen können. Auf einer interaktiven Karte kann sich der Kunde zudem auf dem Handy anzeigen lassen, welche Bonusprogramm-Partner aus dem Gastgewerbe sich gerade in der Nähe des eigenen Standorts befinden. Ein Werbeeffekt, der im Idealfall mehr Kundschaft bringt.

Digitale Bestellsysteme

»Digitales Bestellen erfreut sich immer größerer Beliebtheit«, weiß Josef Schneider, CEO von Pyramid Computer. Das Unternehmen bietet unter anderem Self-Ordering-Terminals an. »Wartezeiten werden verkürzt, der Service wird deutlich verbessert, sodass Betreiber wie Kunden gleichermaßen profitieren. Bargeldloses Bezahlen beschleunigt den Self-Order-Prozess hierbei zusätzlich«, so Schneiders Überzeugung. Erfolgsgeschichten großer Schnellrestaurantketten weltweit beweisen in seinen Augen, dass sich das Konzept von Self-Order-Kiosken als zentraler Bestandteil der Restaurant-Automation bewährt hat und neben der Effizienz auch das Kundenerlebnis steigert.

Digitalisierte Bestellprozesse machen für die Gäste das Warten auf den Kellner überflüssig – egal ob vor der Bestellung oder beim Bezahlwunsch nach dem Verzehr. Am Self-Order-Kiosk oder mit dem eigenen Smartphone am Tisch im Restaurant können sie mit der richtigen technischen Lösung ohne Verzögerung bestellen und bezahlen, wann sie es wünschen. Aus Betreibersicht wird das Servicepersonal auf diese Weise bei hohem Gäste- oder Bestell-aufkommen entlastet. Aus Gastgebersicht bietet das digitale Bestellen neues Umsatzpotenzial durch einen schnelleren Tischumschlag. Zudem suggerieren die Erfahrungen mit dem Self-Ordering, dass Gäste bei dieser Variante der Bestellung mehr Geld ausgeben. Einer der Gründe mag die Aussicht auf verkürzte Wartezeiten sein. Ein weiterer Vorteil der digitalen Technik: Die Daten über das Bestellverhalten und den Umsatz lassen sich en détail analysieren – in Echtzeit.

Hotel TV
Das digitale Hotel: Dazu gehört auch die digitale Speisekarte und
Zim­merservice per Gast-Smartphone, In-Room-Tablet oder Hotel-TV.
Foto: goingsoft

Das Self-Ordering-Modell muss nicht zwingend eine Abwesenheit von Servicekräften mit sich bringen. Genauso gut kann die gewonnene Zeit genutzt werden, um den Service an anderer Stelle zu intensivieren – in der persönlichen Beratung für den Gast jenseits der pragmatischen Bestellprozesse beispielsweise. Ob der Gastgeber das Self-Ordering als Weg sieht, Personal einzusparen, oder als Chance, sein Personal verstärkt einzusetzen, um den Gästen einen höheren Grad an individueller Beratung zu gewähren, liegt an der Philosophie des Hauses und der Wahrnehmung der eigenen Kernzielgruppe: Wer technikaffine Gäste oder solche unter Zeitdruck bewirtet, hat andere Prioritäten als ein Haus, welches die Gastfreundschaft im direkten zwischenmenschlichen Kontakt als Erfolgsrezept ansieht. Fest steht: Die Technik verhindert Letzteres nicht per se, sondern kann im Gegenteil durch die Zeitersparnis auf allen Seiten auch Freiräume für den Service am Gast ermöglichen.

Mit Hilfe von digitalen Lösungen wie dem gastronovi Kassensystem können Bestellungen direkt am Tisch aufgenommen und an die Küche gesendet werden. Das Service-Team hat zudem alle relevanten Informationen stets durch den digitalen Helfer am Mann respektive der Frau. Auch die Infos über Details wie die Zutaten der Gerichte und mögliche Allergene hat die Servicekraft auf dem Mobilgerät zur Hand und kann den Gast umfangreich beraten. In der Praxis kann dies Nachfragen in der Küche reduzieren – und somit auch unnötige Laufwege minimieren.

Ein digitales Bestellsystem entlastet nicht nur die Servicekräfte, sondern soll auch den Gästen einen Mehrwert bieten. Diese können Getränke oder Speisen ohne Wartezeit bequem mit dem eigenen Smartphone bestellen.

Self-Service im Trend

In Segmenten wie Schnellrestaurants, Flughäfen und Kinos wird das Self-Ordering immer wichtiger. Bereits 2019 zeigte sich, dass die Zahl der Kunden, die in diesen Bereichen Bestellungen an Self-Service-Terminals gegenüber der Bestellung am Counter bevorzugt, wächst. Waren die Self-Order-Kioske bisher eher in Schnellrestaurant und Co. zu verorten, entdeckt auch die herkömmliche Gastronomie diese Option, zumindest als Ergänzung zum klassischen Betrieb. Self-Ordering wird durchaus salonfähig und kann in der Gastronomie helfen, den Durchsatz in Spitzenzeiten zu steigern, so die Argumentation der Befürworter. Auch im Hotelbereich wächst die Rolle von automatisiertem Empfang, Check-in und Check-out.

Zimmerservice ist nur etwas für reiche Leute oder für Rockstars, die anonym bleiben wollen, statt sich im hoteleigenen Restaurant zu zeigen – so ähnlich dachte noch so mancher Gast vor der »neuen Normalität« der Corona-Phase. Spätestens seit der Pandemie aber entdeckten auch Hotelgäste, die zuvor die Nutzung des Zimmerservice nie in Erwägung gezogen hätten, diesen kleinen Luxus für sich – vom Frühstück im Bett bis zum Dinner im intimen Rahmen. Auch aus Betreibersicht war der Roomservice vor Corona nicht das Lieblingskind der Hoteliers, da es selten gelang, diesen Service profitabel anzubieten.

Mit Corona wurden die Karten neu gemischt, denn der Gast war stärker an sein Zimmer gebunden und die Restaurantschließungen oder zumindest -einschränkungen erhöhten die Anziehungskraft des Roomservice. »Mit einem einfachen und übersichtlichen Bestellsystem über App oder Hotel-TV schaffen Sie diese Möglichkeit«, so die Telekom-Tochter goingsoft. Dazu gehören auch digitale Speisekarten, die neben dem Komfort auch die Hygieneregeln berücksichtigen, da sie nur mit dem Handy des Gastes berührt werden. Wichtig dabei: Das Bestellsystem muss intuitiv sein, damit nicht nur Technikverliebte sich damit wohl fühlen.

Anja Traum
Foto: Concardis

Nachgefragt: Anja Traum, Concardis

»Der Schub wird sich nicht mehr umkehren«

Anja Traum ist Managing Director SME Business bei dem auf bargeldlosen Zahlungsverkehr speziali­sierten Finanzdienstleister Concardis. Mit HOGAPAGE sprach sie über die Zukunft des Bezahlens.

Wird das Thema bargeldloses Bezahlen ebenso wichtig wie derzeit bleiben, wenn Corona verschwunden ist?
Wir haben die Zahlen unserer Händler vor, während und nach dem staatlich angeordneten Shutdown Mitte März ausgewertet: Das Bezahlverhalten in der DACH-Region hat sich sprunghaft verändert. Lag der Anteil kontaktloser Kartenzahlungen über die Branchen hinweg vor dem Shutdown bei 55 Prozent, stieg er während der Schließungen rasant auf 68 Prozent in den weiter geöffneten Branchen an. Interessant dabei: Auch nach den Lockerungen, als die Geschäfte wieder öffnen durften, stieg der Wert weiter. Bei uns werden mittlerweile rund drei von vier bargeldlosen Zahlungen kontaktlos abgewickelt. Das zeigt: Anders als bei anderen Schutzmaßnahmen während der Pandemie kehren die Menschen beim Bezahlen nicht zum Gewohnten zurück. Sie haben die Vorteile beim kontaktlosen Bezahlen schätzen gelernt.

Welche Vorteile im Vergleich zur Bargeld-Variante hat der Gastronom davon, welche der Kunde?
Sowohl Gastronomen als auch die Gäste profitieren von Kartenzahlungen: Sie sind hygienischer, einfacher zu handhaben und sicherer. Vor allem das kontaktlose Bezahlen ermöglicht eine schnellere Abwicklung an der Kasse. Mit Bargeld passieren beim Kassieren schnell Fehler – die in jedem Fall für eine der beiden Seiten teuer sind. Zudem ist der Umgang mit Bargeld für Gastronomen aufwendig: Bargeldbeschaffung für Wechselgeld, saubere Abrechnung, die sichere Verwahrung und die Einzahlung auf der Bank.

Was bringt die Zukunft in diesem Bereich?
Der Trend hin zu bargeldlosem Bezahlen ist seit Jahren in der Gastwirtschaft zu beobachten. Und er hat durch die Corona-Pandemie zugenommen. Viele Vorbehalte gegenüber Kartenzahlungen, kontaktlosen Zahlungen oder auch dem Bezahlen mit dem Smartphone wurden jetzt abgebaut. Damit ist der Weg frei, auch in den bargeldaffinen deutschsprachigen Ländern den Bezahlprozess und alle damit verbundenen Prozesse zu vereinheitlichen und zu digitalisieren. Darin liegen für die Inhaber große Chancen: Diebstahl und Betrug als Kostenfaktoren in der Gastro können effizient verhindert werden. Die Automatisierung und nahtlose Verknüpfung von Einkauf, Buchhaltungsprozessen, Finanzmanagement und Abrechnung und den Systemen für die Bestellungsannahme ermöglichen den Fokus auf die wichtigen Dinge in der Gastronomie: gutes Essen, Service, gelungene Veranstaltungen und starkes Unternehmertum mit zukunftssicheren Arbeitsplätzen.

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