Effizienz im Hintergrund
iStockphoto

Effizienz im Hintergrund

Gute Hotelsoftware erleichtert die Arbeitsabläufe

von Jan-Patrick Timmer
Sonntag, 12.11.2017
Artikel teilen: 

Sie sind manchmal zum Haare raufen – die Bürokratie-Auswüchse unter deren Last so mancher Unternehmer im Gastgewerbe schon mal in die Knie geht. So stehen aktuell z. B. viele Änderungen rund um die ordnungsgemäße Buchführung und die Aufbewahrungspflichten an. Die Form eines Kassenbuchs ist ebenso streng vorgeschrieben und die Änderungen im Datenschutzgesetz werden 2018 größere Anpassungen in den Abläufen nötig machen. Auch die täglich geforderten Dokumentationen führen ohne die Unterstützung einer professionellen Software häufig geradewegs in die Verzweiflung.

Dabei dienen moderne Programme nicht nur als Unterstützer im Kampf gegen die alltägliche Bürokratie. Sie bieten zudem immer bessere Möglichkeiten der Unternehmenssteuerung: Individuell angepasste Software liefert nahezu selbsttätig viele wichtige, für den Alltag notwendige Informationen. So sollten Auslastungsquoten, Umsätze und dergleichen heute keine Sache aufwendiger Ausarbeitung und auch kein Fall für den Steuerberater mehr sein. Das alles übernimmt die intelligente Software.

Von intelligenten Programmen profitiert auch der Gast

Moderne Programme integrieren zudem nahezu alle externen Systeme und werden zur zentralen Schaltstelle für den gesamten Hotelbetrieb. Mit einer guten Software kann die Homepage ebenso angesprochen werden wie diverse Reservierungssysteme oder die gängigen Seiten der sozialen Medien. Auch Telefonanlagen, Restaurantkassen, Schlüsselsysteme, Pay-TV kann der Hotelier integrieren. Sogar um die Übertragung der aktuellen Zahlen an den Steuerberater kümmert sich ein solches Programm. Schließlich bieten sich im Bereich CRM (Customer Relation Management) viele Möglichkeiten, mit moderner Software zu punkten.

Software für die Mitarbeiter statt Mitarbeiter für die Software

Das klingt traumhaft? Zugegeben, es kann auch zum Albtraum werden – aber nur wenn man bei der Auswahl des Programms daneben greift. Eine gute Software sollte intuitiv bedienbar und schnell verständlich sein. Sie ordnet sich den Anforderungen des Unternehmens und der Mitarbeiter unter und läuft im Hintergrund.

Welche Software ist nun aber die richtige? Grundsätzlich gilt: Das Angebot potenzieller Lösungen auf dem Markt ist riesig. Gibt man den Begriff »Hotelsoftware« bei den gängigen Suchmaschinen ein, bringt das sechsstellige Ergebnisse auf den Schirm. Die Daten und Fakten in den Präsentationen der Hersteller sind dabei umfangreich, das Risiko, nach dem Vergleich von lediglich zwei bis drei Anbietern, den Überblick zu verlieren, ist groß.

Pflichtenheft zur Bedarfsermittlung

Die Einführung einer neuen Software ist zudem recht aufwendig. Es müssen die Daten aus dem alten System – vielleicht sogar aus mehreren Systemen – importiert und gegebenenfalls verknüpft, die bestehende Hardware vom Bildschirm bis zum Drucker angeschlossen und die Mitarbeiter geschult werden. Ist die Software implementiert, ist ein erneuter Wechsel nur mit sehr großem Aufwand umsetzbar. Deshalb sollte im Vorfeld sorgfältig analysiert werden, was das neue Programm können sollte.

Am besten ist es, sich ein weißes Blatt zu nehmen und gedanklich von Abteilung zu Abteilung zu gehen. Was brauche ich wann und wo genau? Wo sind bislang Schwierigkeiten aufgetreten, an welchen Stellen kam es zu langen Wartezeiten – zum Beispiel bei Check-in und Check-out oder an den Kassen in Restaurant und Bar? Was machen die Mitarbeiter am Frontdesk und im Backoffice und welche dieser Tätigkeiten können automatisiert werden, damit die Mitarbeiter sich sinnvolleren – und umsatzfördernden – Tätigkeiten widmen können, statt immer wiederkehrende und damit automatisierungsfähige Arbeit zu verrichten.

Welche digitalen Technologien nutzen Sie in Ihrem Hotellerie
Foto: iStockphoto

Neue Blickwinkel zulassen

Bei der Erstellung des Pflichtenheftes ist es immer wieder erforderlich, die eigenen Sichtweisen zu hinterfragen. Wer regelmäßig mit den Augen eines Gastes seinen Betrieb durchschreitet, wird sicherlich andere Dinge wahrnehmen als wenn er als Hotelier durch den Betrieb geht. In dieser Phase ist es zudem wichtig, für alle Eindrücke offen zu sein. Einschränkungen im Sinne von »das geht ohnehin nicht« sind zu diesem Zeitpunkt störend und werden am besten gedanklich ausgeklammert. Visionen sind willkommen.

Die Überlegungen sollten demnach in diese Richtung gehen: »Ich möchte als Gast am Eingang erkannt werden. Alles ist für den Check-in vorbereitet, wenn ich an der Rezeption angekommen bin. Die Mitarbeiter haben Zeit für mich, statt auf den Bildschirm zu gucken und kennen meine Vorlieben durch meine letzten Aufenthalte. Idealerweise kann ich gleich ersehen, ob einer meiner Kontakte aus meinen Netzwerken ebenfalls in diesem Hotel eingecheckt hat. Die Empfehlungen der Mitarbeiter leiten sich von meinem bisherigen Verzehr ab, alles Unnötige an Informationen und Fragen erübrigt sich. Ich bekomme mein Stamm-Zimmer angeboten.« Für jede Abteilung sollten solche Überlegungen angestellt und die Mitarbeiter miteinbezogen werden.

Möglichkeiten entdecken

Im zweiten Schritt gilt es dann die Möglichkeiten zu betrachten, die der Markt heute bietet. Das Ziel muss sein, nur ein System für verschiedene Aufgaben zu nutzen, statt mit unterschiedlichen Programmen zu arbeiten. Von der Reservierung bis zum Check-out bietet eine gute Software heute meist ohnehin ein »Rundum-sorglos-Paket«: Neben der Fakturierung und Abrechnung gehören dazu meist auch die komplette ­Finanzbuchhaltung, die Erfassung der Arbeitszeiten aller Mitarbeiter, die Zimmerreinigung, das Bankett und das Wissen über die Gäste, also ein CRM. Und was ist sonst möglich bzw. sinnvoll? Werfen wir einen Blick in die verschiedenen Bereiche…

Buchung und Reservierung

Bei einer neutralen Betrachtung der Wünsche an das neue Programm sollte zunächst der Bereich Reservierung, Check-in und Check-out genauer betrachtet werden. Ist es möglich, die Vorgänge zu beschleunigen?

Jeder kann heute innerhalb von 30 Sekunden einen Rechner mit angebissenem Obst in deren Shops kaufen, bezahlen und die Rechnung per E-Mail zugeschickt bekommen, wenn man dort innerhalb der letzten fünf Jahre einen Kauf (auch online) getätigt hat. So muss die Frage im Raum stehen, warum auch bei regelmäßigen Besuchen von Stammgästen der Check-out mit Zahlung manchmal so lange dauert.

Kasse: Prozesse beschleunigen

Das Grundwesen der Kasse für den Service hat sich in den letzten Jahren nicht sonderlich geändert. Sie dient der Bestellung wie der Abrechnung gleichermaßen und erleichtert die Arbeit. Allerdings ist beispielsweise die Bedienbarkeit vereinfacht und die grafische Darstellung bei Tischplänen und ähnlichem verbessert worden.

Interessant wird eine Software vor allem dann, wenn die Umsätze an Tisch und Tresen mit den Daten der Gäste verknüpft werden können. Zu wissen, dass Gast A einen speziellen Tisch bevorzugt, Gast B einen Lieblingswein hat und Gast C an Allergien leidet, ist sinnvoll und gibt dem Gast ein gutes Gefühl. Jede wichtige Information sollte erfassbar sein, die Gesamtheit der Daten (Big Data) ermöglicht die perfekte Ansprache des Gastes.

In einem Hotel sollte ebenfalls ein gesondertes Augenmerk auf dem Zimmerservice liegen. In vielen Häusern sind die Abläufe seit Jahren gleich – und zumeist sehr verstrickt und langwierig. Oft bestellt der Zimmergast bei der Rezeption, die ruft im Restaurant an, eine Servierkraft boniert die Bestellung und bringt diese in die ­Küche. Eine direkte Bestellmöglichkeit über eine neue Software sollte möglich sein, damit die Zeit zwischen Rezeption und Bon – meist die größte Schwachstelle im Zimmerservice – übergangen wird.

In den Daten steckt Umsatz

CRM kann ohne Zweifel als eine Erfindung aus der Welt der Gastlichkeit bezeichnet werden. Ein guter Wirt weiß, was seine Gäste bevorzugen und erinnert sich stets daran. In der Hotellerie gibt es Literatur über die berühmten Notizbücher der Concierges, wo alle Wünsche der Gäste notiert waren. Aus dem Notizbuch wurde der Karteikasten und später die Datenbank.Wichtig ist die Möglichkeit, alle gesammelten Daten zu verknüpfen. Die Stammdaten der Gäste müssen bei der Reservierung und Buchung sichtbar sein, Extrawünsche gleich der Hausdame übermittelt werden. Der Umsatz in Restaurant und Bar sollte ebenso Eingang in die Stammdaten finden, wie die Nutzung von Sportgeräten oder Aufenthalte im Spa.

Gezielte Kommunikation

Aus diesen Daten lassen sich Erkenntnisse zu Nutzungsverhalten und Vorlieben des Gastes ziehen und weitere sinnvolle Serviceleistungen bzw. -angebote ableiten. Eine dezente Nachfrage beim Check-in, oder besser noch gleich bei der Reservierung, gibt dem Gast zudem das Gefühl, das richtige Haus gewählt zu haben und bestens umsorgt zu sein. Marketing und Kommunikation erfolgen in vielen Häusern oft noch mit großen Streuverlusten. Mit mehr Wissen über die Gäste können diese besser angesprochen werden. Das verspricht doppelten Erfolg: Erstens wird Streuverlust vermieden, zweitens der Gast nicht »zugemüllt« und dadurch gar genervt. Wer ein gutes CRM – hier sind die gepflegten Daten wichtiger als die Software – betreibt, kann Geschichten erzählen. Wer die Bar umgebaut oder einen Promi-Barkeeper zu Gast hat, spricht ohne Verluste die Gäste an, die bei den letzten Aufenthalten die Bar besuchten, Erweiterungen des Spa-Bereiches interessieren a priori nur die, die dort Zeit verbrachten. Aus dem Verzehr im Restaurant ist mit einiger Wahrscheinlichkeit ablesbar, ob jemand sich vegetarisch ernährt. Also werden über einen Filter nur diejenigen Gäste, die beim letzten Besuch Fleisch verzehrten, automatisch über die Steakwochen im Haus informiert.

Finanzbuchhaltung

In der Finanzbuchhaltung ist heute die automatische Erfassung der Rechnungen, ob gescannte Papierrechnungen oder per E-Mail empfangene PDF-Dokumente, selbstverständlich geworden. Eine Text­erkennung erfasst die Details, die Software lernt, wo bei welchem Lieferanten das Datum, die Rechnungsnummer und der Endbetrag zu finden ist – eine manuelle Eingabe ist nicht mehr erforderlich. Sehr aufwendig im Tagesgeschäft sind auch die Freigaben der Eingangsrechnungen durch die Bereichsleiter. Die elektronische Freigabe ist noch nicht überall gebräuchlich, sollte es aber sein. Denn dadurch bleibt die Rechnung als Original in der Buchhaltung, ein Umlauf des Originals mit dem Risiko des Verlustes ist nicht mehr nötig, ebenso wie Kopien.

Die Übergabe der Daten an den Steuer­berater oder eine externe Buchhaltung ist taggleich möglich, der zeitliche Aufwand durch die Vorbereitung der Zahlen ist mittlerweile gleich null.

Fazit: Drum prüfe, wer sich lange bindet

Die Neueinführung einer guten Software stellt einen großen Aufwand dar, wenn man sich auf der Suche nach der möglichst perfekten Lösung intensiv mit den eigenen Stärken, Schwächen und Wünschen für die Zukunft beschäftigt. Allerdings läuft das gewählte System dann meist eine gute Dekade, sodass die Mühe sich lohnt.

Nicht zuletzt ist es empfehlenswert, nach vorangegangener Prüfung der eigenen Bedürfnisse und einer ersten Vorauswahl das Gespräch mit einem Berater zu suchen, der – unabhängig von Anbietern – die Wirklichkeit hinter den Prospekten kennt. Die Kosten für die Beratung sind in Relation zu den gesamten anfallenden Kosten ohnehin gering.

Welche digitalen Technologien nutzen Sie in Ihrem Hotellerie-
und Gastronomiebetrieb? (Anteil der Befragten)

Anwendungin %
Eigene Websites84
Online-Informationsbeschaffung zur
Weiterentwicklung des Betriebs
66
Social-Media-Auftritt60
Digitale Buchhaltung60
Digitale Kassensysteme54
Digitale Warenbeschaffung47
Interaktivität in Online-Bewertungsportalen47
Digitale Bestell-Buchungssysteme40
Marketing über Apps31
Digitales Personalmanagement20

Quelle: Metro-Gruppe, GfK, © Statista 2017

Die Frage aller Fragen: Server oder Cloud?

Die Frage, ob ein Server oder ein cloud-basiertes System die beste Lösung verheißt, lässt sich pauschal nicht beantworten. Insbesondere weil die Antworten, die man darauf erhält, doch meist eher philosophischer Natur sind. Die einen haben Angst, die Daten außerhalb des Hauses zu lagern, die anderen scheuen den Aufwand für ­Sicherheit und Serverpflege bei Datenspeicherung im eigenen Haus.

Der Begriff Cloud ist bei dieser Frage zudem unglücklich gewählt – die Rede ist nämlich in der Regel von einer Speicherung in einem soliden Rechenzentrum. Genauso wie Banken und Versicherungen es seit langer Zeit machen. Aber Vorsicht: Mit dem Begriff Cloud wird oft auch die Möglichkeit beschrieben, günstig bis kostenfrei Daten bei großen Web-Anbietern zu speichern. Diese Möglichkeit sollte außerhalb des privaten Bereichs nicht mal an­gedacht werden!
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.

Weitere Artikel aus der Rubrik Technik & Equipment

Artikel teilen:
Überzeugt? Dann holen Sie sich das HOGAPAGE Magazin nach Hause!