E-motionale Bewegung
von Clemens KriegelsteinUnd welche Trends gibt es in dem Segment der leichten Nutzfahrzeuge sonst noch? HOGAPAGE hat sich umgehört.
E-Autos sollen also nach dem Willen der Politik unser Klima und damit die Welt retten. Die Richtung wurde vorgegeben, und die Autohersteller, die spätestens nach dem Diesel-Skandal Imagewerte wie die Tabakindustrie aufweisen, richten sich danach. Widerspruch gibt es – zumindest öffentlich – keinen. Keine Messe, bei der nicht wieder ein Hersteller stolz sein neuestes E-Modell vorzeigt – am liebsten in Form eines großen SUVs, denn ob so ein Auto jetzt zwei Tonnen oder wegen der Batterien 2,5 Tonnen wiegt, ist auch schon egal.
Unter welch problematischen Bedingungen – für Menschen und Umwelt – die für die Akkus benötigten »Seltenen Erden« in Dritte-Welt-Ländern abgebaut werden, wo der benötigte Strom tatsächlich herkommen soll, dass die Reichweitenangaben in den Prospekten ähnlich geschönt sind wie die Verbrauchsangaben der Benziner und was am Ende der Lebensdauer mit den Akkus geschehen soll, interessiert derweil nur wenige Ketzer. Auch dass schon für die Herstellung der Akkus so viel CO2 ausgestoßen wird, wie ein Verbrennungsmotor auf 50.000 Kilometern, wie KTM-Chef Stefan Pierer jüngst in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin »trend« angemerkt hat, wird kaum thematisiert.
Insgesamt gesehen liegt der Anteil aller E-Fahrzeuge bei den Neuzulassungen in Deutschland und Österreich aktuell zwar erst zwischen zwei und drei Prozent, allerdings mit deutlicher Tendenz nach oben. Nur logisch, dass bei dem (auch medialen) Elektro-Hype auch Nutzfahrzeuge schon in den Fokus der Hersteller gerückt sind. Immerhin hat Tesla inzwischen auch schon die Herstellung eines echten LKWs angekündigt. Die versprochenen Eckdaten: über 800 km Reichweite bei voller Beladung, über 1.000 PS Leistung, über 2.000 Nm Drehmoment und ein 0-auf-100-Wert in rund fünf Sekunden für die Zugmaschine alleine … Tatsache ist allerdings, dass auch im Segment der Kleinbusse und Transporter die ersten Hersteller bereits rein elektrisch angetriebene, oder zumindest Hybrid-Versionen anbieten. Doch noch gibt es etwa für Gastronomen oder Hoteliers, die auf saubere Mobilität setzen wollen, ein paar Punkte zu beachten.
Anschaffung gut überlegen
Für Thomas Stix, Leiter der technischen Information beim österreichischen Automobilclub ÖAMTC, sollten Interessenten, die bei der Neuanschaffung eines Lieferwagens oder Kleinbusses derzeit mit einer reinen Elektro-Variante liebäugeln, ihre häufig zurückgelegten Strecken betrachten: »Im Bereich der Nutzfahrzeuge sind die Akkus derzeit noch relativ klein. Wenn ich hauptsächlich auf Kurzstrecken unterwegs bin, etwa innerstädtisch, dann komme ich heute schon ganz gut durch. Wenn ich viele Langstrecken fahre, dann kann es leicht eng werden mit der Reichweite.« Denn mit den oft blumigen Reichweitenangaben in den Prospekten verhalte es sich so ähnlich wie mit den offiziellen Verbrauchsangaben bei Verbrennungsmotoren. Das seien Prospektwerte unter Laborbedingungen, die im Alltag kaum zu erzielen wären. Stix: »Im Worst-Case-Szenario, bei großer Kälte, wenn Heizung und diverse andere Verbraucher benötigt werden, kann die Reichweite auf die Hälfte des offiziellen Wertes schrumpfen.«
Darüber hinaus seien E-Transporter – wie fast alle E-Autos – in der Anschaffung verhältnismäßig teuer, dafür im Betrieb dann günstiger. Allerdings auch nur dann, wenn es die Möglichkeit einer Ladestation im eigenen Betrieb gibt. Dort könnte man den Wagen dann auch über Nacht aufladen. Denn auch die Ladedauer sei nach wie vor ein großes Thema. »Bei einer Schnellladestation, die mit Gleichstrom funktioniert, bekomme ich rund 80 Prozent der Ladekapazität in einer halben bis dreiviertel Stunde. So schnell geht es aber eben nur bei einer Schnellladestation. Und von den ominösen 80 Prozent Ladekapazität wird deshalb immer gesprochen, da die Ladedauer für die restlichen 20 Prozent immer deutlich zunimmt«, so Stix. Im täglichen Arbeitseinsatz müsse die Entscheidung für ein elektrisches Fahrzeug also nach wie vor gut überlegt werden und sei in den meisten Fällen eher als bewusstes umweltpolitisches Statement zu verstehen.
Über 100 Kilometer im Alltag kaum möglich
So ähnlich wie Stix sieht es auch dessen Kollege Matthias Vogt vom deutschen ADAC: »Die Frage ist tatsächlich, warum sich jemand aktuell für ein elektrisches Nutzfahrzeug interessiert. Ist es aus Gründen des Umweltschutzes oder der Wirtschaftlichkeit? Wenn ich etwa viel Photovoltaik-Strom habe, dann kann ein E-Transporter wirtschaftlich durchaus Sinn machen.« Was derzeit außerdem gegen E-Mobilität in dem Segment spreche, sei die noch sehr eingeschränkte Modellauswahl und auch die nach wie vor geringe Reichweite. Vogt: »Mit viel mehr als 100 Kilometer sollte man im Alltag eher nicht rechnen. Andererseits sind Gastro- und Hotelfahrzeuge eher selten auf der Langstrecke unterwegs, und da sind diese 100 Kilometer dann oft auch wieder ausreichend.«
Worauf man laut Vogt jedenfalls achten sollte, wenn es bisweilen doch mal mehr als 100 Kilometer am Tag sein müssen, ist die Möglichkeit einer Schnellladung mit Gleichstrom. Damit könne man innerhalb einer halben Stunde wieder Reichweiten von 50–100 km bekommen, bei der Verwendung von Wechselstrom müsse der Wagen schon über Nacht ans Netz, um die Batterien wieder aufzuladen. Allerdings sei im Transporter-Sektor eben noch nicht jedes Modell für das Aufladen mit Gleichstrom geeignet.
Und: Wer sich in Deutschland aktuell für ein E-Fahrzeug entscheidet, der sieht sich laut Vogt einem wahren Förderdschungel gegenüber. Bund, Länder, Städte, Hersteller, allgemeine Projekte – je nach Region und Modell gibt es unterschiedliche finanzielle Anreize für saubere Mobilität.
Ford
Lokal emissionsfrei
Ford (Bild siehe oben) hat vor wenigen Wochen den Ford Tourneo Custom mit Plug-in-Hybrid-Antrieb vorgestellt. Diese Großraum-Limousine mit Sitzplätzen für bis zu acht Personen ermöglicht im rein elektrischen Modus das Fahren mit null Emissionen und eignet sich daher ideal zum Beispiel für die europaweit wachsende Zahl von Umweltzonen mit ihren stetig strenger werdenden Auflagen. Dazu zählen unter anderem Zonen für sogenannte ULEV-Fahrzeuge (Ultra Low Emission Vehicle), die in vielen europäischen Städten eingeführt werden sollen.
Der Tourneo Custom PHEV (»Plug-in-Hybrid Electric Vehicle«) kann mit Netzstrom aufgeladen werden und bietet im reinen Elektro-Modus eine Reichweite von bis zu 50 Kilometern. Wird der 1,0-Liter-EcoBoost-Benzinmotor als »Range Extender« genutzt, wächst die Reichweite auf rund 500 Kilometer. Die Markteinführung dieser Großraum-Limousine ist für Ende 2019 geplant.
Dank vier unterschiedlicher Fahrprogramme kann bedarfsweise ausgewählt werden, wie und wann die verfügbare Akkuladung genutzt wird. Der Wagen kann außerdem an einer konventionellen Haushalts-Steckdose mit 230 Volt Spannung und 10 Ampere Stromstärke innerhalb von 5,5 Stunden vollständig aufgeladen werden. Bei einer 230-Volt-Verbindung mit einer Stromstärke von 16 oder 32 Ampere verringert sich diese Zeitspanne auf rund drei Stunden.
VW
Mehr als nur ein Update
Vor kurzem hat Volkswagen den neuen Transporter 6.1 vorgestellt, und zwar gleich in mehreren Karosserievarianten: als Kastenwagen und Kombi sowie als Einzel- und Doppelkabine mit Pritsche. Zu den Besonderheiten dieses Updates der sechsten Transporter-Generation (daher die Typenbezeichnung) gehört eine neue Generation von Assistenzsystemen, etwa der »Lane Assist« (aktives Spurhaltesystem), der »Park Assist« (ermöglicht das Parken mit automatischer Lenkung), der Flankenschutz (warnt bei kritischer Annäherung an Hindernisse und Personen), der Ausparkassistent (schützt beim Rückwärts-Ausparken) und der »Trailer Assist« (macht das Manövrieren mit Anhänger durch das automatische Lenken zum Kinderspiel).
Ergänzt wird das Spektrum der neuen Systeme durch eine Verkehrszeichenerkennung (in Kombination mit Navigationssystem erhältlich). Im Kastenwagen und Kombi serienmäßig an Bord ist zudem der neue Seitenwindassistent. Er stabilisiert den Transporter 6.1, falls der Wagen zum Beispiel auf einer Brücke von einer Windböe erfasst wird. Ebenfalls serienmäßig: die Multikollisionsbremse und der Berganfahrassistent.
Opel
PKW-Assistenzstandards im Lieferwagen
Die aktuelle Combo-Generation von Opel bietet die gleichen Sicherheits-, Technologie- und Komfortfeatures, die man auch aus PKWs kennt. Zahlreiche Fahrerassistenz- und Sicherheitssysteme vom adaptiven Geschwindigkeitsregler über den Frontkollisionswarner mit automatischer Gefahrenbremsung und Fußgänger-Erkennung, den Verkehrsschild- und Spurhalte-Assistenten bis hin zu Müdigkeitserkennung, Toter-Winkel-Warner und Berganfahrassistent sollen etwa die Sicherheit für die Passagiere in Combo Life und Combo Cargo erhöhen.
Ein besonderes Sicherheitsfeature für den Combo Cargo mit fensterlosen Hecktüren ist die permanente Rückfahrkamera. Über den Türen angebrachte Kameras überblicken den Bereich hinter dem Fahrzeug und zeigen diesen beispielsweise beim Einparken auf einem Fünf-Zoll-Bildschirm an. Den Überblick rundum verbessert die damit verbundene zweite Kamera im Beifahrer-Außenspiegel des Combo Cargo. Dadurch ist der bei Lieferwagen oft typische tote Winkel für Combo-Cargo-Fahrer so gut wie nicht mehr existent.
Renault
Modernes Gesicht
Renault aktualisiert derzeit seine leichte Nutzfahrzeugpalette optisch wie auch technisch. Das Motorenangebot für den aktualisierten Master umfasst eine Auswahl überarbeiteter 2.3-l-Turbodiesel mit bis zu 180 PS Leistung und 400 Nm Drehmoment. Im Vergleich zu den Vorgängertriebwerken sollen sie bis zu einem Liter weniger Kraftstoff pro 100 km verbrauchen. Alle Motorisierungen im Master erfüllen je nach Version die Abgasnorm Euro 6d-Temp oder Euro VI für Lkw.
Und wer besonders sauber unterwegs sein möchte, der kann sich den neuen Master Z.E. näher ansehen. Sein Terrain ist der innerstädtische Lieferverkehr direkt zum Kunden (»letzte Meile«). Von den Schwestermodellen mit Verbrennungsmotor übernimmt er die modifizierte Front und das neu gestaltete Interieur. Unverändert bleiben die Z.E. 33 Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 33 kWh und der Elektromotor mit 57 kW/76 PS, die im realen Alltag 120 Kilometer Reichweite ermöglichen sollen.
Mercedes
Kälteresistent
Zu den größten Problemen von Elektrofahrzeugen gehört der Winterbetrieb, denn Kälte ist erstens Gift für jede Batterie und zweitens verkürzen dann Stromverbraucher wie die Heizung die Reichweite zusätzlich. Mercedes
hat daher erst kürzlich seinen eSprinter einem Härtetest im arktischen Schweden unterzogen. Damit hat das Fahrzeug eine seiner letzten Hürden auf dem Weg zur Markteinführung im zweiten Halbjahr 2019 genommen.
Damit elektrische Transporter im harten Alltagseinsatz zuverlässig funktionieren, ist entscheidend, wie die Fahrzeuge auf unterschiedliche Witterungsbedingungen reagieren. Mit rund 150 Kilometern Reichweite in der Konfiguration mit einer installierten Batteriekapazität von 55 kWh ist der eSprinter vor allem auf den innerstädtischen Lieferverkehr ausgelegt. Die Tests in Schweden haben gezeigt: Selbst bei den hier vorliegenden ungünstigen Außenbedingungen steht dem Kunden noch eine Reichweite von rund 100 km zur Verfügung. Außerdem wurde in Kältezellen das Startverhalten sowie die Kälteabsicherung der Antriebskomponenten, Software und Schnittstellen überprüft.
Fiat
Sport bei der Arbeit
Kleinbusse müssen nicht langweilig sein. Diesen Beweis will Fiat mit dem neuen Talento Sportivo Shuttle antreten, der mit sportlichem Exterieur und vielfach wandelbarem Innenraum aufwartet. Entwickelt wurde der siebensitzige Van in Zusammenarbeit mit Irmscher, einem auf Rennsport und Umbauten spezialisierten Unternehmen. Der Van rollt serienmäßig auf Leichtmetallrädern im 18-Zoll-Format, die Karosserie ist um 25 Millimeter tiefergelegt. Der Spoiler auf der hinteren Dachkante, vorderer und hinterer Stoßfänger, die Seitenschweller sowie die Verkleidung der Seitentürschienen sind in Wagenfarbe gehalten. Kontraste dazu bildet das Dekorset mit dem Schriftzug Irmscher.
Basis für den neuen Talento Sportivo Shuttle ist die Karosserievariante »Kombi Family« des mittelgroßen Transporters von Fiat Professional. Das Sondermodell steht mit Standarddach (Höhe 1.917 Millimeter) in zwei Radständen (3.098 und 3.498 Millimeter) zur Verfügung. Highlights im Innenraum sind die beiden drehbaren Einzelsitze mit Armlehnen in der zweiten Reihe, die zur Liegebank umwandelbare Dreier-Sitzbank in der dritten Reihe sowie der klappbare Butterfly-Sitz in der Mitte. Einzelsitze und Sitzbank lassen sich darüber hinaus mit wenigen Handgriffen längs verschieben, um den Innenraum flexibel an den Platzbedarf von Passagieren bzw. deren Gepäck anzupassen.
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.