Schöne neue Arbeitswelt
Berufsbilder der Systemgastronomie werden fit für die Zukunft gemacht
von Daniela MüllerDas soll sich bald ändern. Die Berufsbilder der Branche werden derzeit einer radikalen Verjüngungskur unterzogen, die sie reizvoller und interessanter machen wird. Eines bleibt beim Alten: Ob Berufsausbildung oder Studium – die Systemgastronomie bietet Karrierechancen für jede und jeden.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Welt rasant verändert. Nicht nur der digitale Wandel, auch neue Ernährungsgewohnheiten und ein gehobenes Anspruchsdenken der Gäste haben sich längst nachhaltig auf den Arbeitsalltag in der Systemgastronomie ausgewirkt. Die aktuell gültigen Ausbildungsordnungen stammen jedoch aus dem Jahr 1998 – und hinken der Realität deshalb gehörig hinterher. Höchste Zeit, die Inhalte der Ausbildung für die Nachwuchstalente wieder spannender und fit für die Zukunft zu machen. Zumal für einen solchen Mammutprozess jede Menge Vorarbeit nötig war.
Bereits 2014 fanden erste Vorgespräche zwischen den Arbeitgeberverbänden und -institutionen, dem Sozialpartner, der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und den Deutschen Industrie- und Handelskammern (DIHK) statt. Das gemeinsame Ziel: im Rahmen des bewährten dualen Ausbildungssystems zukunftsfähige Ausbildungen für Deutschlands Gastgebernachwuchs zu schaffen. Der Antrag auf Neuordnung der gastgewerblichen Ausbildungsberufe wurde schließlich im März 2019 vom Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung (KWB) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) beim Bundeswirtschaftsministerium eingereicht.
Beratungen auf breiter Basis
Um sicherzustellen, dass die neue Ausbildungsordnung möglichst viele verschiedene Interessen und Richtungen bündelt, wurde ein Sachverständigengremium ins Leben gerufen, in das die unterschiedlichen Organisationen ihre Vertreter entsandt haben. Beteiligt waren neben den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden auch die Industrie- und Handelskammern. Zwei Berufsschullehrerinnen nahmen als Vertreterinnen der Kultusministerkonferenz teil, die den Rahmenlehrplan erarbeiten musste. Mit einer Auftaktveranstaltung wurde im September 2020 in Bonn die finale Phase der Mission Ausbildungserneuerung gezündet.
Einer der Sachverständigen, die der BdS mit der Neuordnung der gastgewerblichen Ausbildungsberufe betraute, ist Jörg Wiedemann, der bei McDonald’s Deutschland LLC für die Bereiche Berufsausbildung und Duales Studium zuständig ist. »Wir waren 1998 wirklich sehr stolz darauf, dass mit der Ausbildung zum Fachmann/-frau für Systemgastronomie die Systemgastronomie zum ersten Mal einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf anbieten konnte«, so Wiedemann. »Doch mittlerweile ist die Ausbildungsordnung dafür buchstäblich aus dem letzten Jahrtausend – und es gab für uns Sachverständige viele Aspekte zu berücksichtigen, denn unsere Branche ist einfach wahnsinnig innovativ.«
Neue Herausforderungen und Erwartungen abbilden
In zahlreichen Sitzungen, die corona-bedingt online stattfinden mussten, wurden die vorab in einem Eckwertepapier und Qualifikationskatalog zusammengetragenen Aufgaben in den jeweiligen Arbeitsgruppen systematisch abgearbeitet und immer wieder mit allen Beteiligten abgestimmt. »Uns war es wichtig, auch die kleineren und mittleren Systeme ins Boot zu holen, um alle Facetten unserer vielseitigen Branche abzubilden. Und auch die Berufsschulen hatten wir ganz klar im Fokus. Denn die modernen Strömungen, die wir in den Betrieben erleben, müssen in den Schulen unterstützt werden«, so Wiedemann.
Zweifellos gab es alle Hände voll zu tun für die Sachverständigen. Gerade die Systemgastronomie hat sich seit den 1990er-Jahren in unglaublichem Tempo weiterentwickelt. Dominierten damals wenige große Restaurantketten das Bild der Branche, haben wir heute eine sehr heterogene Situation mit den unterschiedlichsten Konzepten und Größenordnungen. Gerade für die vielen mittelständisch geprägten Unternehmen, die im BdS organisiert sind, spielt eine moderne Ausbildungsstruktur eine besonders wichtige Rolle. Und auch das Arbeitsumfeld hat sich verändert. Die Arbeitsschritte sind komplexer geworden, neue Entwicklungen wie die Digitalisierung haben Einzug gehalten. Dadurch werden viele Arbeitsbereiche vereinfacht und technisch umgesetzt. »Natürlich sind in den vergangenen Jahrzehnten betriebliche und technische Systeme vorangetrieben worden, neue Bezahl- und Bestellsysteme wurden implementiert. Mit all diesen Themen müssen sich Azubis heute beschäftigen«, erklärt Jörg Wiedemann.
Außerdem haben sich das Marktumfeld und die Ansprüche der Gäste rasant verändert. Neue Ernährungsgewohnheiten, Food-Trends, Allergene, Zertifizierungen, Verbraucherschutz und Hygienekonzepte, Herkunfts- und Nachhaltigkeitsaspekte, Lieferdienstangebote etc. spielen heute eine große Rolle im Berufsalltag der Systemgastronomie. Jörg Wiedemann: »Über diese Themen hat man in den 90er-Jahren ja noch nicht so intensiv nachgedacht. Natürlich gab es damals z. B. schon das Thema Umweltschutz – aber der bewusste Umgang und nachhaltige Umgang mit Ressourcen hat heute einen viel höheren Stellenwert.«
Branche bleibt Trendsetter
Auch kommunikative Kompetenzen werden in der neuen Ausbildungsordnung noch stärker abgebildet, denn gerade aus der Systemgastronomie ist die multikulturelle Zusammenarbeit nicht wegzudenken. »Sowohl im Managementbereich als auch in den Restaurants arbeiten Menschen vieler Nationen Hand in Hand. Das geht nicht ohne die entsprechenden kommunikativen Fähigkeiten«, erklärt Wiedemann. Mitarbeiterführung und -ausbildung haben einen enormen Stellenwert erhalten, auch dem soll die neue Ausbildungsordnung gerecht werden. »Grundsätzlich haben wir uns sehr weit nach vorne orientiert, sodass zukünftige Trends Platz finden«, so Wiedemann. »Die Systemgastronomie ist ja Trendsetter in vielen Bereichen und von daher bei der Neuordnung der Berufsbilder besonders stark gefordert – und es macht uns großen Spaß, die Zukunft auf diese Weise zu prägen.« Die Arbeit der Sachverständigengremien ist nun abgeschlossen, das Projekt »Neue Ausbildungsordnung« befindet sich auf der Zielgeraden – der Nachwuchs wird die Mühe danken.
Chancengeber für jede und jeden – diesem Motto bleibt die Branche natürlich weiterhin treu. Zukünftig soll das Ausbildungsangebot für junge Menschen in der Systemgastronomie noch mehr Auswahl bieten: Zusätzlich zur dreijährigen Ausbildung Fachmann/-frau für Systemgastronomie wird die bisherige »Fachkraft im Gastgewerbe« ebenfalls neu geordnet. Zukünftig kann man sich im Rahmen der neuen zweijährigen Ausbildung »Fachkraft für Gastronomie« auf die Bereiche Restaurantservice und Systemgastronomie spezialisieren.
Passendes Angebot für jeden
Ob duale Ausbildung, Weiterbildungsmöglichkeiten oder Studium – für jeden Nachwuchs-Systemer ist sicher ein Angebot dabei, das den eigenen Karrierewünschen entspricht. Wer es ganz nach oben ins Management schaffen möchte, kann seit 2018 mit der Studienrichtung »Systemgastronomie-Management« (Abschluss: Bachelor of Arts) an der Staatlichen Studienakademie in Plauen auf der Karriereleiter durchstarten. Die Spezifizierung des Studiengangs mit dem besonderen Schwerpunkt im Bereich Systemgastronomie hat der Bundesverband der Systemgastronomie ebenfalls maßgeblich mitbegleitet. Diese Neukonzipierung war ein folgerichtiger Schritt, die Manager der Zukunft innerhalb von drei Jahren entsprechend zu qualifizieren. Der schnelle Weg in die Führungsebene nach Abschluss des Studiums wird durch die regelmäßigen Praxisphasen während des Studiums noch gefördert.
Unser Studienangebot verbindet die betriebswirt-schaftliche Theorie mit Praxis und richtet sich an zukünftige Manager
»Das Studienangebot ist für alle geeignet, die betriebswirtschaftliche Theorie und Praxis miteinander verbinden wollen und vor allem Interesse an Management-Aufgaben in der Systemgastronomie mitbringen«, erklärt Studiengangsleiterin Prof. Dr. Juliane Fuchs. Darüber hinaus erwartet die Studierenden innerhalb der dreijährigen Studiendauer ein umfassendes Fremdsprachenangebot und eine intensive Qualifizierung in interkultureller Kommunikation und Kompetenz.
Studium als Karriere-Booster
Dabei bewegt sich der Lehrplan ganz am Puls der Zeit: Geboten werden Module zum Thema Nachhaltigkeit, Umwelt und Produktmanagement, Digitalisierung und neue Arbeitswelten, Geschäftsmodellentwicklung und Unternehmensgründung sowie Aufbau und Entwicklung von Franchise-Unternehmen. »Zukünftig wird es noch weitere Wahlpflichtmodule wie Social-Media-Marketing, aktuelle Themen der Lebensmittel- und Ernährungswirtschaft sowie zum Verbraucherschutz und zum Bereich Auditieren geben«, verrät Prof. Dr. Juliane Fuchs.
Nach dem Abschluss »Bachelor of Arts« sind die Absolventen in der Lage, kaufmännische Entscheidungen in den Bereichen Service, Qualität, Marketing, Controlling sowie Organisation und Personal unter Berücksichtigung der Prozess- und Lebensmittelsicherheit zu treffen. Sie können ihr Wissen und ihre Fähigkeiten einsetzen, um die Zukunft der Branche aktiv mitzugestalten. Eine Zukunft, auf die sich die Branche insbesondere nach den Turbulenzen und Unwägbarkeiten der Corona-Zeit nun endlich wieder freuen darf – besonders der Nachwuchs!
Nachgefragt: Janina Zeilhofer
Janina Zeilhofer ist Studentin des Dualen Studiengangs Systemgastronomie-Management an der BA Plauen. Mit HOGAPAGE hat sie sich über ihre Studienwahl und ihre Karrierepläne unterhalten.
Was hat Sie dazu bewogen, das Studium Systemgastronomie-Management in Plauen zu beginnen?
Das Studium wurde 2018 zum ersten Mal angeboten, das war genau die Zeit, in der ich nach dem Abitur auf der Suche nach meiner beruflichen Zukunft war. Schon während der Schulzeit hatte ich angefangen, nebenbei bei McDonald’s zu arbeiten, und es hat mir Spaß gemacht. Ich arbeite gerne mit Menschen und in der Gastro ist es einfach ein besonderes Zusammenarbeiten – man hat teilweise viel Stress zu bewältigen, aber wenn die richtigen Leute da sind, schafft man es immer und hat dabei sogar meistens noch was zu lachen. Ich habe mich dann bei mir in der Umgebung nach Möglichkeiten umgesehen und habe das Angebot von Allresto gefunden. Ein duales Studium für Systemgastronomie, das war für mich auf den ersten Blick gleich die richtige Richtung. Damals war mir schon klar, dass ich in dieser Branche etwas machen will. Die Idee eines perfekt funktionierenden Systems, welches es ermöglicht, so viele Gäste innerhalb kürzester Zeit zufriedenzustellen, finde ich faszinierend.
Was hat Sie an diesem Studiengang besonders überzeugt?
Was mir am dualen Studienmodell vor allem gefällt, ist, dass es eben nicht nur theoretisches Lernen ist, sondern auch ganz viel Praxis. Ich war in den verschiedensten Abteilungen der Firma in den drei Jahren eingesetzt und ich habe dort viel mitnehmen können. Man trifft so viele Menschen, die alle eine andere Herangehensweise haben, da lernt man überall etwas dazu. Ich war überwiegend in den Restaurants und habe dort gelernt, Schicht zu führen. Es ist am Anfang schwierig, die Verantwortung zu übernehmen für das Personal und alles was im Restaurant passiert, aber man wird mit der Zeit immer sicherer darin. In den Praxisphasen bringt man vollen Einsatz für sein Unternehmen und in der Theoriephase ist es wie beim ganz normalen Studium, man konzentriert sich überwiegend auf die Prüfungen. Natürlich gibt es Zeiten, in denen sich Arbeit und Lernen überschneiden, wie bei den Praxisarbeiten oder der Vorbereitung auf die Prüfungen nach den Praxisphasen, das wird dann mal richtig stressig. Da muss man ein gutes Zeitmanagement haben und sich richtig organisieren. Das habe ich in der Zeit auf jeden Fall gelernt.
Sie haben den Abschluss bald in der Tasche – wie geht es nun für Sie weiter? Und wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Ich wurde von meinem Praxispartner übernommen und werde ab Herbst erst einmal in die Administrative gehen, in den Bereich Projekte und Entwicklung. Durch das Studium und vor allem die Bachelorarbeit jetzt am Ende habe ich ein wenig Einblick in diese Richtung bekommen und bin jetzt sehr gespannt auf diese neue Erfahrung. Was in zehn Jahren sein wird, das weiß ich wirklich nicht, aber auf jeden Fall will ich weiter an der Entwicklung der Systemgastronomie beteiligt sein und mich darin voll einbringen. Ich hoffe, das Ende der Corona-Krise ist durch die Impfungen bald abzusehen, damit die Branche wieder auf die Beine kommt. Es wird sich vieles ändern, aber das muss man irgendwie auch als Chance sehen. Bei uns in der Firma gibt es zum Beispiel zahlreiche neue Ideen und Entwicklungen im Moment, Konzepte ändern sich teilweise komplett, das wird auf jeden Fall spannend.