Der Spargel im Exklusiv-Interview
Jetzt rede ich!
von Sebastian BütowAlle sind aus dem Häuschen, wenn Sie im Frühjahr aus dem Boden sprießen. Warum eigentlich nur dann?
Wissen Sie, meine Saison endet traditionell am Johannistag, dem 24. Juni, und das ist auch gut so. Wenn meine Ernte auch im Jahr drauf ertragreich sein soll, brauchen die Böden eine gewisse Zeit zum Regenerieren. Daran erinnern auch heute noch alte Bauernregeln wie „Kirschen rot, Spargel tot“ oder „Bis Johanni nicht vergessen, sieben Wochen Spargel essen“. Es ist doch herrlich, nur zu einer bestimmten Zeit verfügbar und dann dementsprechend begehrt zu sein. Willst du gelten, mach dich selten! (Lacht.)
Obwohl Sie unfassbar köstlich sind, muss man, im Gegensatz zu vielen anderen Leckereien, kein schlechtes Gewissen haben, Sie gelten geradezu als Schlankmacher ...
Absolut richtig! Kalorienärmer geht es kaum: Wer 100 Gramm von mir genießt, nimmt gerade mal 19 Kalorien zu sich. Was viele nicht wissen: Ich bestehe zu 90 Prozent aus Wasser. Und hey, es geht auch mal ohne Sauce Hollandaise. Mein feiner Geschmack allein ist erhaben genug.
Sie werden nach wie vor mit den Händen aus dem Boden gestochen. Warum gibt es noch keine Maschinen dafür?
Sie belieben zu scherzen! Die Vorbereitung der Böden, das Aufschichten der Erdwälle und das Einpflanzen geschieht längst mit maschineller Unterstützung. Aber ich verspreche Ihnen eines: Meine Ernte gelingt nur mit geübten Händen! Jeder zarte Spross meiner Wenigkeit muss zum richtigen Zeitpunkt einzeln von Hand gestochen werden. Dieses Feingefühl wird keine Maschine jemals entwickeln können.
Was ist eigentlich dran an Ihrem Image als Aphrodisiakum?
Was soll ich dazu sagen? Probieren Sie es aus! Liest man über die Antike und die alten Römer, dann spiele ich eine Rolle – darüber freue ich mich viel mehr. Festmähler schmückte ich als Delikatesse, und Kaiser Augustus soll ein so großer Verehrer von mir gewesen sein, dass er mich sogar bei seinen Befehlen ins Spiel brachte und sie mit dem Satz beendete: „… citius quam asparagus coqunatur“. Das bedeutet: Der Befehl soll schneller ausgeführt werden, als ich zum Kochen benötige.
Ihre Fans lieben Sie vor allem in Weiß, dabei gibt es Sie in dieser Farbe noch gar nicht so lange.
Das stimmt. Bis vor 200 Jahren genoss man mich vor allem grün. Meine Verwandlung geschah quasi durch einen Zufall. Erst Tonhauben, die man zur Wärmespeicherung und zum Schutz vor Ungeziefer über meine Triebe gelegt hatte, führten dazu. Dadurch entdeckte man, dass ich darunter bleich blieb. Und von da an kultivierte man diese Anbauweise.
Halten Sie es für falsch, Sie nur auf Weiß und Grün zu reduzieren?
In der Tat! Meines Erachtens komme ich in meiner violetten Pracht viel zu kurz in der öffentlichen Wahrnehmung. Der Trick ist, mich einfach länger auf dem Feld stehen zu lassen, dadurch erhalte ich diese wundervolle Farbe und einen würzigeren Geschmack. Wer davon noch nicht gekostet hat, sollte dies unbedingt nachholen!
Spargel, wir bedanken uns für das Gespräch.