Der Leberkäse im Exklusiv- Interview
Jetzt rede ich!
von Sebastian BütowVor allem im süddeutschen Raum gelten Sie als traditionsreiche Kult-Fleischsorte. Ihr Name klingt allerdings reichlich irreführend, weil in Ihnen weder Käse noch Leber enthalten sind. Hand aufs Herz, kann es sein, dass es sich bei Ihnen um Etikettenschwindel handelt?
Im Prinzip haben Sie Recht, eigentlich habe ich nichts mit Käse zu tun, und Leber ist, wenn überhaupt, eher wenig in mir drin. Aber seien Sie vorsichtig mit Verallgemeinerungen! Wir sind eine riesige Familie. Den einen Leberkäse, der überall gleich ist, den gibt es nicht. »Stuttgarter Leberkäse« zum Beispiel muss mindestens fünf Prozent Leber enthalten. Wenn Sie wüssten, welche Vielfalt der Leberkäse-Föderalismus zu bieten hat!
Die meisten kennen wohl den bayerischen Leberkäse.
Leberkäs, bittschön! Ohne »e«! In dieser Variante enthalte ich in der Tat gar keine Leber, null Prozent. Es gibt viele verschiedene offizielle Verordnungen, die vorschreiben, dass ich diese in wenigstens geringer Menge enthalten muss – nur in Bayern, da nicht.
Wie erklärt sich dann, dass gleich zwei Zutaten in Ihrem Namen auftauchen, die nichts mit Ihnen zu tun haben?
Es gibt verschiedene Theorien, was die Herkunft meines Namens betrifft. Im Bayerischen wird eine kompakte essbare Masse als »Kas« bezeichnet, und so mutierte ich zum Käse. Die »Leber« erklärt sich durch das Wort »Laib«, welches auf den Brot-Laib anspielt. Offenbar haben meine Erfinder mit einem Dialekt gesprochen.
Wie lange gibt es Sie eigentlich schon?
Och, so ungefähr zweieinhalb Jahrhunderte. 1776 kam der Wittelsbacher Kurfürst Karl Theodor aus der Pfalz zu Besuch nach Bayern. Begleitet wurde er dabei von seinem Haus- und Hof-Metzger. Und der kam auf die Idee, fein gehacktes Schweine- und Rindfleisch in Brotformen zu backen. Das war meine Geburtsstunde!
Bitte verraten Sie uns, wie Sie hergestellt werden.
Gerne, nehmen wir mal den Leberkäse »Münchner Art«. Man nehme: Schweinefleisch von der Schulter und Rindfleisch, ebenfalls von der Schulter. Dazu Speck, Zwiebeln und zerkleinerte Eiswürfel, am besten Eis-Schnee. All das wird gemischt und zerkleinert, ähnlich der Hackfleischproduktion. Diese Masse kommt mit erneut etwas Eis und Salz in den Kutter, später kommen noch Gewürze, Speck und erneut Eis dazu. Das Ganze kommt dann in eine kuchenähnliche Form, wird gemütlich im Ofen gebacken – fertig!
Welche Gewürze kommen denn rein bei Ihnen?
Das ist eine sehr gute Frage. Was meine Würzungen betrifft, bin ich viel exotischer unterwegs, als so mancher vermutet. Je nach Region verleihen mir Ingwer, Koriander, Muskatblüte und Kardamom das gewisse Etwas. Wer mich für bieder und provinziell hält, hat doch keine Ahnung!
Im Jahr 2019, als die Leute noch ganz normal ins Kino gehen durften, eroberten Sie sogar die Leinwand…
Ja, die Komödie »Leberkäsjunkie« sahen allein in Deutschland mehr als 1,25 Millionen Zuschauer, auch in Österreich war der Film erfolgreich. Ich denke, mein internationaler Durchbruch ist nur noch eine Frage der Zeit.
Wirklich? Die Imbiss-Kette »Leberkas-Pepi« wollte Sie in London groß rausbringen, eröffnete eine Filiale in der Nähe des Hyde Parks, bot dort ein Dutzend Sorten von Ihnen an. Leider wurde das Outlet wieder geschlossen.
Erst der Brexit, nun auch noch diese Verschmähung der Briten, es ist ein Jammer. »Leberkas-Pepi« betreibt acht erfolgreiche Filialen in Wien und anderen Städten, London war eine Ausnahme. Sie produzieren irre viele und edle Sorten mit mir, sogar mit Steinpilzen und Trüffeln. Das ist die Liga, in die ich gehöre.
Leberkäse, wir danken Ihnen für das Gespräch.