Der Faschingskrapfen im Exklusiv-Interview
von Sebastian BütowFaschingskrapfen, Berliner Pfannkuchen, Kreppel und viele mehr – es kursieren unendlich viele Synonyme für Sie. Welches gefällt Ihnen am besten?
Bitte reduzieren Sie dieses Phänomen nicht nur auf den deutschsprachigen Raum. In Finnland sagen sie »Hillomunkki«, das klingt doch fein. In Frankreich nennen sie mich »Boule de Berlin« – Burner, oder? Ärgerlich finde ich nur, dass die Engländer »Jelly Doughnut« sagen – geht gar nicht! Die vergleichen mich mit diesem primitiven Ami-Zeugs. Das ist grauenhaft, entwürdigend geradezu. Aber wissen Sie, mit diesem Namensschicksal stehe ich nicht alleine da im Gebäckmilieu. Schauen Sie sich das Brötchen an.
Die Bayern sagen Semmel, die Berliner Schrippe …
Mir ist es wichtig, den Leuten ihr Leben ein bisschen süßer zu machen. Unter welcher Bezeichnung das geschieht – egal! Außerdem sorgen die verschiedenen Namen dafür, dass ich als Identifikationsfigur vielleicht noch ein bisschen mehr hergebe. Im Zeitalter der Globalisierung sehnen sich die Menschen nach Traditionen und regionalen Differenzierungen.
Jetzt schlägt wieder Ihre Stunde, die Karnevalszeit klopft an die Tür.
Yes! Aber vergessen Sie Silvester nicht. Dass ich in der Faschingszeit besonders gerne verspeist werde, hat einen historischen Hintergrund. Schon im Mittelalter aßen die Menschen in der Zeit vor dem Fasten besonders fetthaltige Nahrung; mit einem Polster lässt sich das besser aushalten. Sogar Geistliche haben mich aus diesem Grund empfohlen. Ich bin schon ein bisschen stolz darauf, dass mich noch niemand verdrängt hat.
Gibt es ernst zu nehmende Konkurrenten für Sie?
Ehrlich gesagt: nö! Ich bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass ich für immer und ewig Karneval und Co. regieren werde. Cake Pops, Whoopie Pies und wie die alle heißen, das sind One-Hit-Wonder. (Gähnt.)
Seit wann existieren Sie eigentlich schon?
Um mich ranken sich eine Menge Geschichten und Mythen. Belegt ist, dass in Schmalz gebackene Hefeballen im norddeutschen Raum schon im 16. Jahrhundert existierten, die Bezeichnung, »Craphun« tauchte sogar schon im 12. Jahrhundert in Klöstern auf. Der populärsten Legende nach wurden Berliner Pfannkuchen im Jahr 1765 von einem Berliner Zuckerbäcker erfunden. Dieser wollte als Kanonier unter Friedrich dem Großen dienen, war aber wehruntauglich und durfte nur als Feldbäcker ran. Dafür bedankte er sich mit den ersten Exemplaren meiner Wenigkeit. Süß, oder?
Wie viele Kalorien enthalten Sie?
Bis zu 400, aber die kann man ja wegtanzen. Jetzt treten Sie bitte nicht auf die Spaßbremse hier! Ihre Leser sollen kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie mich genießen. Bitte vergessen Sie die Zahl und drucken Sie das nicht.
Na, wir schauen mal. Wann würden Sie sagen, sind Sie rundum gelungen?
Die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Wenn ich innen schön flaumig bin, frisch – das ist ganz wichtig – und gut gefüllt natürlich.
Füllung ist ein gutes Stichwort. Welche liegen im Trend?
Krapfen, die als Clowns verziert werden, mit Vanille-Himbeer-Creme innen, werden immer populärer, ebenso welche mit Blaubeerfüllung. Ich bin ja sehr gespannt, ob ich als Donald Trump auftauchen werde. Schon einer seiner Vorgänger war ja ein Riesenfan von mir! (Lacht.)
Äh, ja … Gibt es angesichts Ihrer enormen Bandbreite überhaupt eine klassische Version von Ihnen?
Traditionell bin ich mit Marillenmarmelade gefüllt und mit Puderzucker bestäubt, aber mittlerweile gibt’s alles: Vanille, Kokos, Eierlikör, Topfen- oder Nugatcreme. Ein beliebter Faschingsscherz ist ja, mich mit Senf oder Zwiebeln zu füllen und mich unter normale Krapfen zu mischen. Dann ins Gesicht zu schauen, wenn reingebissen wird – herrlich!
Faschingskrapfen, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Der Original-Text aus dem Magazin wurde für die Online-Version evtl. gekürzt bzw. angepasst.
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