Das Wiener Schnitzel im Exklusiv- interview
Jetzt rede ich!
von Daniela MüllerSie sind längst ein Stück österreichisches Kulturgut. Hollywoodstars pilgern während der Berlinale ins »Borchardt«, um Sie zu genießen. Wann haben Sie Ihren Durchbruch geschafft?
Ich würde sagen, um das Jahr 1900 herum, weil sich mein Name während dieser Zeit in den Kochbüchern etabliert hat. Während dieser Zeit entwickelte ich mich zu einer angesagten Wirtshausspeise. Und das bin ich noch heute!
Sie werden immer gern mit dem legendären Feldmarschall Graf Radetzky in Verbindung gebracht, der Sie nach Wien gebracht haben soll. Stimmt oder Stuss?
Ach, wissen Sie, es kursieren so viele Legenden um mich. Was ich Ihnen aber mit Sicherheit sagen kann: Als Radetzky seine ruhmreiche militärische Karriere beendete, wurde er 1849 zum Generalgouverneur des lombardisch-venezianischen Königreichs mit Sitz in Mailand ernannt. Dort machte Radetzky dann Bekanntschaft mit dem Costoletta milanese, dem Mailänder Kotelett. Er war so vernarrt in mich, dass er auch den Kaiser in den Genuss kommen lassen wollte, und schickte das Rezept an die Wiener Hofküche. Es könnte sein, dass diese Geschichte meine Karriere ein wenig angeschoben hat.
Das heißt, Sie sind eigentlich Italiener?
Schreiben Sie das nicht. Ich möchte doch keine Unruhe stiften. Zumal der Panade des Mailänder Koteletts in einigen Rezepten geriebener Parmesan hinzugefügt wird, und das wäre bei mir undenkbar.
Worauf kommt es bei Ihrer Zubereitung am meisten an?
Ein abendfüllendes Thema, aber ich versuche mich kurz zu fassen. Dass Kalbfleisch die beste Wahl ist, muss ich Ihnen hoffentlich nicht sagen. (Lacht.) Viele gute Köche schwören auf ein Stück mageres Kalbfleisch, möglichst ohne Fett oder Sehnen. Kommen Sie mir bloß nicht mit »Schnitzel Wiener Art«, sonst werde ich dieses Interview sofort abbrechen.
Okay. Starköche haben unterschiedliche Präferenzen, welches Fleisch vom Kalb am besten geeignet ist ...
Das stimmt! Steffen Henssler empfiehlt beispielsweise Schnitzel aus der Oberschale, sprich: einem Teilstück der Keule. Auch Kalbsnuss ist eine Option, von der oft die Rede ist – sie wird zum Beispiel von Christian Winkler in einer Folge der TV-Show »Kitchen Impossible« verwendet. Unterm Strich erscheint allerdings der Kalbsrücken die edelste Variante für mich zu sein. Obwohl die Schnitzel so etwas kleiner ausfallen.
So viel zum Fleisch. Worauf kommt es noch an?
Panade ist eine Wissenschaft für sich. Für mich stellt sie eine Art Königsdisziplin des Kochens dar, die ich nicht in wenigen Sätzen abhandeln kann, also lassen wir das an dieser Stelle. Welche Tipps ich Ihnen aber geben kann: Unbedingt Butterschmalz verwenden! Und beim Schnitzelklopfen rate ich, den Ball flachzuhalten. Wer zu grob zuschlägt, zerfetzt das Fleisch. Besser einen Klopfer mit glatter Oberfläche nehmen. Idealerweise werde ich bei 160–170 °C goldgelb in der Pfanne gebacken. Ich muss im Fett schon a bisserl schwimmen, sonst gare ich nicht gleichmäßig.
Hollywoodstars nennen das Berliner »Borchardt« liebevoll »The Schnitzel Place«. Mal ehrlich, sind Sie ein wenig stolz darauf?
Nun ja, Stars wie Tom Cruise, Nicole Kidman oder Jack Nicholson haben ihre erfolgreichsten Jahre schon hinter sich, wenn man mal ehrlich ist. Mithilfe meiner Wenigkeit haben Sie die Garantie, wieder im Rampenlicht zu stehen, deshalb stürmen all die Celebrities regelmäßig dieses Lokal. Filmstars kommen und gehen, verglühen mal schnell, mal weniger schnell. Mein Ruhm dagegen ist zeitlos.
Wiener Schnitzel, wir danken Ihnen für das Gespräch.