Das Croissant im Exklusiv-Interview
Jetzt rede ich!
von Sebastian BütowSie gelten als französisches Nationalsymbol. Aber stimmt es eigentlich, dass Sie gar kein waschechter Franzose sind? Ihr Name lässt kaum etwas anderes vermuten.
Ich habe meinen Ursprung tatsächlich in Wien. Der Legende nach wurde ich erfunden, als die Stadt von den Osmanen belagert wurde, im Jahr 1683. Als die Bäcker dort mitten in der Nacht arbeiteten und hörten, dass die Belagerer einen unterirdischen Tunnel gruben, informierten sie die eigenen Truppen und zerstörten den Plan der Eindringlinge. Diesen Triumph verewigten die Bäcker, indem sie meine Wenigkeit erfanden: ein halbmondförmiges Hörnchen, das an das Symbol auf der osmanischen Flagge erinnert.
Wow, Sie sind also ein Symbol für ein historisches Ereignis?
Das haben Sie gesagt. Für die einen ist es eine romantische Legende, für die anderen ein Mythos. Mein jetziger Name, der sich von „lune croissante“, dem zunehmenden Mond ableitet, manifestierte sich erst später. Damals in Wien war ich nur ein „Kipferl“!
Bitte erzählen Sie, wie Sie als Croissant zum Weltstar aufstiegen!
Das habe ich keiner Geringeren als Marie Antoinette, der legendären österreichischen Erzherzogin und späteren Königin von Frankreich, zu verdanken. Sie war sehr angetan von mir, und als sie 1770 den Thronerben heiratete, befahl sie ihren Köchen, eine französische Version ihres geliebten Gebäcks zu kreieren. Das war mein Durchbruch.
Das heißt, Ihre Rezeptur hat sich dadurch verändert?
In der Tat, die französischen Bäcker fügten mir mehr Butter hinzu. Dadurch bekam ich meine berühmte luftige Textur, für die mich die Menschen heute auf der ganzen Welt verehren.
Was ist das Geheimnis eines exzellenten Croissants?
Handwerkliches Können! Bäcker würden sagen, dass die sogenannte laminierte Teigtechnik eine entscheidende Rolle spielt. Diese Methode bedeutet, dass mein Teig wiederholt ausgerollt und gefaltet wird, damit viele dünne Schichten entstehen. Denn das ist entscheidend für meine zarte, blättrige Textur.
Nicht nur Kinder lieben Sie mit Nuss-Nugat-Creme, Marzipan oder klassisch mit Marmelade gefüllt. Welche Variationen gibt es noch?
Als Gebäck-Klassiker von Weltformat bleibe ich von verrückten Kreationen natürlich nicht verschont. Da gibt es zum Beispiel den „Cronut“ – eine Mischung aus Croissant und Donut, bei dem mein Teig rund ausgestochen und frittiert wird. Oder „Cruffins“ – die Leute backen mich mit Muffinförmchen. Ich betrachte diese Abwandlungen als Hommage an mein Lebenswerk. Mein Geschmack ist eine verführerische Melodie aus Hefe und Butter, ich tanze auf der Zunge, wie es außer mir niemand vermag.
Dann dürfte es Sie auch erfreuen, dass in Frankreich regelmäßig Bäcker ausgezeichnet werden, denen das allerbeste Croissant gelingt …
Oh ja! Diesen Status habe ich mir verdient. Ambitionierte Bäckereien aus verschiedenen Regionen kämpfen um den Titel des besten Croissants, herrlich! Zu den bekanntesten Wettbewerben zählt der „Concours du Meilleur Croissant au Beurre AOC Charentes-Poitou“. Nur zertifizierte Butter aus der Region Charentes-Poitou darf für diese prestigeträchtige Auszeichnung verwendet werden. Mir geht das Herz auf, wie durch solche Wettbewerbe die Tradition und die hohe Qualität von feinen Backwaren wie mir gewürdigt werden.
Croissant, wir danken Ihnen für das Gespräch.