10 Fragen an Gregor Schlierenzauer
»Ich bin ein absoluter Genussmensch«
von Clemens Kriegelstein- Ihr letzter Sieg im Weltcup ist jetzt knapp fünf Jahre her. Die letzten Saisons waren nicht optimal. Sehen Sie für die Zukunft noch das Potenzial, aufs Siegertreppchen zurückzukehren?
Natürlich glaube ich nach wie vor an mein Potenzial, sonst würde ich mich der Herausforderung nicht stellen. Mein Ziel für die kommende Saison ist es, es zurück an die Weltspitze zu schaffen. - Sie haben im Laufe Ihrer Karriere alles gewonnen, nur eine Olympia-Goldmedaille bei einem Einzelspringen ist Ihnen bis jetzt verwehrt geblieben. Ist Olympia in Peking 2022 daher für Sie noch ein Ziel?
Die Olympischen Spiele haben definitiv ihren Reiz, aber ich bin ein Mensch, der versucht, im »Jetzt« zu leben. Deshalb gilt der Fokus zunächst einmal der bevorstehenden Saison. - Was war für Sie persönlich der wichtigste Erfolg Ihrer Karriere? Der 47. Sieg, mit dem Sie Matti Nykänens Rekord gebrochen haben, der erste Sieg bei der Vierschanzentournee oder ein anderer?
Der wichtigste Erfolg meiner Karriere ist die Erkenntnis, gerade in herausfordernden Zeiten den Weg demütig weiterzugehen und nicht den Glauben an sich und seine Möglichkeiten zu verlieren. - Täuscht es oder ist die Zeit der langjährigen Dominatoren im Skisprung zu Ende? Aktuell hat man den Eindruck, dass regelmäßig Athleten aus dem Nichts auftauchen, alles gewinnen und wieder in der Versenkung verschwinden.
Skispringen ist eine von Haus aus sensible und komplexe Angelegenheit, Kleinigkeiten sind entscheidend. Durch die Regel- und Materialänderungen der letzten Jahre ist alles noch feinfühliger geworden. Die Spitze ist näher zusammengerückt, die Dichte enorm. Konstant langfristig ganz vorne mitzumischen, ist die große Kunst. - Gregor Schlierenzauer, Thomas Morgenstern, Andi Kofler, Wolfgang Loitzl – jahrelang hat Österreich das Skispringen dominiert, derzeit kann nur Stefan Kraft an der Spitze mithalten. Haben die Super-Adler das Fliegen plötzlich verlernt?
Nein, das sicher nicht, aber wie gerade erwähnt, Kleinigkeiten machen den Unterschied aus, es müssen einfach sehr viele Rädchen ineinander greifen. Da tun sich andere ebenso schwer. Eine gewisse Durststrecke ist nicht zu leugnen, aber ich bin davon überzeugt, dass sich das wieder ändern wird. - »Leicht fliegt gut« lautet eine alte Springer-Weisheit. Schließen sich Ihr Sport und die Lust am Genuss daher aus?
Nein, überhaupt nicht. Ich bin ein absoluter Genussmensch, auch wenn man mir das optisch nicht unbedingt ansieht. (Lacht.) - Wie sieht die Ernährung für einen Skispringer während der Wettkampfzeit aus? Und gibt es absolute No-Gos?
Klar gibt es die, aber mein Ernährungsplan zielt nicht speziell auf den Wettkampf ab, ich versuche mich das ganze Jahr über bewusst zu ernähren. Mein Hauptaugenmerk liegt dabei auf gesunder, leichtverdaulicher Kost, die mir schmeckt und Energie gibt. Manchmal kann es auch ein Schnitzel, eine Pizza oder ein Stück Kuchen sein. - Sorgt der Skiverband während der Wettkämpfe für einen eigenen Koch oder ernähren Sie sich von dem, was das jeweilige Hotel bereithält?
Das kommt ganz auf die Destination an. Im Normalfall reicht uns die gute Bewirtung der Hotels, aber ab und zu haben wir auch einen eigenen Koch mit dabei, der uns mit speziell zubereiteten Speisen verwöhnt. Wie zum Beispiel eine Karotten-Ingwer-Suppe vor dem Wettkampf – die schmeckt hervorragend und tut bei minus 15 Grad ganz besonders gut! - Ihr großes Hobby ist ja die Fotografie. Könnten Sie sich vorstellen, das Fotografieren nach dem Ende Ihrer Karriere professionell zu betreiben?
Fotografieren ist ein tolles Hobby. Ich gehe offener durch die Welt und kann meine Erlebnisse festhalten. Es hilft mir auch manchmal beim Abschalten. Ob es nach meiner sportlichen Karriere in diese Richtung geht, kann ich aktuell aber nicht sagen. - Bitte vervollständigen Sie diesen Satz: Das Leben ist zu kurz, um …
... sich in die eigene Tasche zu lügen.