10 Fragen an Christian Schulte-Loh
Im Luxushotel fällt es mir schwer, kreativ zu sein
von Sebastian BütowWenn Schulte-Loh nicht gerade zwischen England und Deutschland pendelt, bringt er Südamerika oder Dubai zum Lachen – mittlerweile tourte er durch über 30 Länder. Im TV begeistert er regelmäßig in Formaten wie „Nuhr im Ersten“, auch die Talkrunden von Markus Lanz und Maybrit Illner peppte er als etwas anderer England-Experte mit seiner Schlagfertigkeit auf.
- Nach Ihrem gefeierten ersten Buch „Zum Lachen auf die Insel – als deutscher Komiker in England“ haben Sie nun einen Roman veröffentlicht. Worum geht es in „Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig“?
Gott ist eine Frau, und sie ist ermüdet davon, dass die Menschen so macht- und geldgierig sind. Sie sehnt sich nach Unterhaltung und erhebt deshalb die Kunst zur neuen Währung. Und so kommt es, dass die Menschheit auf eine neue Art der Katastrophe zusteuert. Denn noch viel schrecklicher als eine Welt ohne Künstler ist eine Welt mit nichts als Künstlern! - Ihr Durchbruch als Comedian gelang Ihnen in England. Inwieweit unterscheidet sich das britische Publikum vom deutschen?
Die Engländer sind als Gesellschaft und als Volk einfach sehr lustig und humorerprobt. Der große Unterschied ist, dass dieses Publikum noch mehr Comedyerfahrung mitbringt als das deutsche. Wer als Stand-up-Comedian einen alten Gag aufwärmt, ist auf einer englischen Bühne schnell entlarvt. Und es kommen gerne mal Zwischenrufe wie im britischen Parlament. - Was die Performance zu einer besonderen Herausforderung werden lässt?
Absolut. Aber Dialog ist ja immer besser als Monolog. Die Zwischenrufe sind eine Art Test: Hat dieser Typ überhaupt das Recht, auf der Bühne zu stehen? Wer in diesen Momenten nicht schlagfertig kontert, hat beim Publikum sofort verloren. Als ich angefangen habe, musste ich in England durch schlimme bis traumatische Erlebnisse durch. Einmal wurde ich von der Bühne gebrüllt und musste durch eine Hintertür flüchten. - Klingt nach harter Schule. Der „Spiegel“ adelte Sie in einem Porträt mit der Überschrift „Deutsch, aber lustig“. Schön, oder?
So wird einer gelobt und gleichzeitig 83 Millionen beleidigt. Aber wir können eben genauso gut über uns selbst lachen wie die Briten. Das habe ich in England schnell gelernt, es empfiehlt sich, zunächst Witze auf eigene Kosten zu machen. Ist auch therapeutisch. - Kein anderer deutscher Komiker ist auch nur annähernd so international unterwegs wie Sie. Welches Hotel haben Sie als besonders spektakulär in Erinnerung?
Als ich im Rahmen meiner Auftritte im Grand Hyatt Hotel in Doha zu Gast war, wurde mir schnell klar, dass die Funktionäre aus aller Welt gar nicht anders konnten, als Qatar den Zuschlag für die Fußball-WM zu geben. Drei Nächte in dem Laden, und man unterschreibt alles. Auf dem Teppich meines Hotelzimmers fand ich sogar einen vermeintlichen Diamanten. An diesem Ort merkte ich, dass es mir schwerfiel, kreativ zu sein, umgeben von diesem unbeschreiblichen Luxus. Humor entsteht vielmehr an unperfekten Orten, von denen man wegwill. - Haben Sie ein Lieblingsrestaurant?
Es gibt im Londoner Westend eine kleine japanische Kantine namens Misato. Eine große Freude für jeden Puristen. Man kommt rein, bestellt, isst, bezahlt und geht. Das alles ohne Schnickschnack, Deko, Sitzkissen oder Beinfreiheit. Im Grunde der Gegenentwurf zum Grand Hyatt in Doha. Sehr sympathisch. Nicht nur schmeckt es im Misato lecker, es ist die Effizienz, die den Laden für uns Komiker so geeignet macht. Wenn man zwischen der Früh- und der Spätshow nur dreißig Minuten Zeit hat, weiß man: Misato schafft das. - Worauf legen Sie bei Restaurants wert?
Im Grunde gilt: Wenn ein Restaurant geöffnet hat, ist es ein gutes Restaurant. Gerade nach dem Auftritt, gegen 22:30 Uhr, sind die meisten Küchen schon kalt. Dann gibt es nur noch Pizza oder Frittiertes. Daher versuche ich, taktisch zu essen: tagsüber gesund, abends nach Verfügbarkeit. In der Bahn nutze ich das Bordrestaurant. Die Wahrscheinlichkeit, dass das gewünschte Essen vorrätig ist, liegt bei ca. 4/10. Hinzu kommen interessante Begegnungen mit Prominenten. - Wen haben Sie denn getroffen?
Einmal saß Fußball-Legende Otto Rehhagel am Nachbartisch und gönnte sich ein Nachmittagsbier. Es färbte ab, ich bestellte gegen meinen Willen auch eins. Ein andermal setzte sich beispielsweise der Philosoph Peter Sloterdijk an meinen Tisch. Wir philosophierten über das wichtigste aller Themen: Fußball in England wie in Deutschland. - Mit welcher berühmten Persönlichkeit – egal ob tot oder lebendig – würden Sie gerne mal ein paar Drinks an der Hotelbar nehmen?
Da ja Rehhagel und Sloterdijk abgehakt sind, bleibt nur Michelangelo. - Das Leben ist zu kurz, um …
… es zu planen.