Volle Kraft voraus in die Zukunft!
Mit modernisierter Ausbildungsordnung möchte die Hotellerie den Nachwuchs begeistern
von Daniela MüllerSeit dem 1. August 2022 sind die neuen Ausbildungsordnungen für die nunmehr sieben Hotel- und Gastronomieberufe in Kraft – mit der Fachkraft Küche kam ein neuer Ausbildungsberuf dazu. Alle übrigen wurden einer Auffrischungskur unterzogen, die längst überfällig war und nun für mehr Aufmerksamkeit bei jungen Menschen sorgen soll, die vor der Berufswahl stehen. Darauf hoffen auch die Mitglieder der Hoteldirektorenvereinigung Deutschland e.V. (HDV).
Aktuelle Themen finden Einzug
Der Branchenverband engagiert sich seit jeher für den Branchennachwuchs und hat mit der Einführung des Gütesiegels Exzellente Ausbildung schon im Jahr 2013 ein deutliches Zeichen für eine bessere Ausbildungs- und Arbeitsplatzqualität gesetzt. Rund 70 Hotels wurden seitdem mit dem Siegel ausgezeichnet. Sie alle erfüllen meist wesentlich mehr, als es die neue, modernisierte Ausbildungsordnung verlangt, dennoch ist die Freude groß, dass der lange Prozess der Neuordnung nun endlich erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Im Rahmen der Modernisierung hielten neue Metathemen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung Einzug in die Ausbildung. Außerdem wurde der Fokus auf Bereiche verstärkt, die in der Branche an Bedeutung gewonnen haben, wie Hygiene, Verbraucherschutz oder die Kommunikation mit dem Gast. „Es war dringend an der Zeit, diese Veränderungen vorzunehmen, damit wir in Zukunft für junge Menschen einen noch attraktiven Job bieten können“, ist sich Bernhard Langemeyer, General Manager des Sheraton Düsseldorf Airport Hotel und Mitglied im HDV, sicher. „Junge Leute sind heute praktisch permanent in der digitalen Welt unterwegs und erwarten dies natürlich auch von ihrem Arbeitsumfeld.“
Und tatsächlich hat die moderne Hotellerie hier jede Menge zu bieten. Die Auszubildenden im Sheraton Düsseldorf Airport etwa erleben in ihrem Arbeitsalltag nicht erst seit gestern, wie die digitale Zukunft der Hotellerie aussieht: von der Reservierung mit Smartphone und Kundenkarte bis hin zum Roboter für den Zimmerservice. Hier war die Realität den Ausbildungsordnungen also längst vorausgeeilt.
Eine weitere Neuerung: Ab sofort können Auszubildende erstmals bundeseinheitliche Zusatzqualifikationen erwerben. So wurde für die dreijährigen Gastronomieberufe und Hotelberufe die Zusatzqualifikation „Bar und Wein“ entwickelt. Für den dreijährigen Ausbildungsberuf Koch/Köchin gibt es die Zusatzqualifikation „Vertiefung vegetarische und vegane Küche“.
Gestreckte Abschlussprüfung
Nicht nur thematisch hat sich viel getan. Neu eingeführt wird in allen dreijährigen Berufen eine sogenannte gestreckte Abschlussprüfung: Der erste Teil der Prüfung findet im vierten Ausbildungshalbjahr statt – und ersetzt somit die Zwischenprüfung. Das Ergebnis zählt für die Abschlussnote. „Das finde ich sehr gut, da somit der erste Prüfungsteil endlich Gewicht bekommt“, so Nathalie Banhardt, Mitglied der Geschäftsführung im Familotel Feldberger Hof in Feldberg. Als sehr positiv bewertet sie zudem die Flexibilität, die die neue Ausbildungsordnung den jungen Menschen ermöglicht. „Wir haben z.B. gerade viele Azubis, die eine Ausbildung als Kauffrau oder -mann für Hotelmanagement starten, die vergleichsweise anspruchsvoll ist. Da die Ausbildungsinhalte in den ersten beiden Jahren weitestgehend ähnlich sind, können sie nach zwei Jahren immer noch problemlos ins Hotelfach wechseln.“
Sehr positiv bewertet die Personalerin, dass nun sowohl im Restaurant als auch in der Küche eine zweijährige Ausbildungsoption angeboten wird, die dann etwas weniger anspruchsvoll ist. „Wir erhalten derzeit sehr viele internationale Bewerbungen. Gerade für Kandidaten mit noch nicht so perfekten Deutschkenntnissen ist das eine spannende Sache.“
Soft Skills für die Manager von morgen
Viel Gutes ist also drin, in der neuen Ausbildungsordnung. Eine Sache fehlt aber doch, fragt man Nathalie Banhardt: „Der Bereich Stressmanagement wurde nicht berücksichtigt, dabei ist das gerade heute ein großes Thema bei Azubis, die frisch aus der Schule in den Berufsalltag kommen. Diese jungen Leute haben nie gelernt, wie sie mit dem Druck umgehen können, mehrere Dinge gleichzeitig tun zu müssen.“ Auch das Thema Persönlichkeitsentwicklung hätte noch stärker in die Ausbildungsordnung einfließen müssen, findet sie. Gerade in der Ausbildung zum Kaufmann/-frau für Hotelmanagement sei es wichtig, als spätere Führungskraft gelernt zu haben, wie das eigene Verhalten reflektiert werden kann und sollte.
Die 15 Azubis und Studenten des Familotel Feldberger Hof werden deshalb in diesen Themengebieten gezielt geschult und auf ihr späteres Berufsleben vorbereitet. In regelmäßigen Feedback-Gesprächen findet zudem eine individuelle Potenzial-Analyse für jeden Azubi statt. „Wir finden heraus, was ihnen Spaß macht, wo ihr Potenzial liegt und wie sie sich ihre berufliche Zukunft vorstellen. Und dann unterstützen wir sie dabei, ihre Ziele zu erreichen.“
Starkes Netzwerk
Ihre Ziele erreichen sollen auch die insgesamt 17 Azubis, die im Sheraton Düsseldorf Airport in ihr Berufsleben starten. Fünf Nachwuchstalente werden ihre Prüfungen bereits nach der neuen Ausbildungsordnung absolvieren. Bernhard Langemeyer: „Für uns intern bedeutet das, wir müssen die Inhalte des Ausbildungsrahmenplans jetzt entsprechend neu terminieren, sodass unsere Mitarbeiter von ihren Ausbildern für die Prüfung bestmöglich geschult und vorbereitet werden. Die jungen Leute sollen das Gefühl haben, dass sie bei uns gut aufgehoben sind und am Puls der Zeit ausgebildet werden.“ Wie ernst es Langemeyer mit diesem Wunsch ist, hat er nicht nur durch die Zertifizierung mit dem Gütesiegel Exzellente Ausbildung gezeigt. 2019 wurde das Hotel zudem zum Ausbildungsbetrieb des Jahres gekürt.
Unterstützung und wertvolle Informationen zum Thema Ausbildung holt sich Langemeyer dabei auch immer wieder aus seinem HDV-Netzwerk. Auch auf das Netzwerk der Betreibergesellschaft des Hotels, der MHP Hotel AG, konnte der General Manager dabei jederzeit zählen. Die neue Ausbildungsordnung ist für ihn ein wichtiger Schritt in die Zukunft der Branche – noch wichtiger ist für ihn am Ende aber vielleicht die folgende Erkenntnis: „Wir brauchen Talente! Wir müssen nicht zwangsweise fertige Mitarbeiter finden, sondern benötigen junge Menschen, die bereit sind, etwas zu bewegen. Dann erleben wir in unsere Branche die spannendsten Erfolgsgeschichten.“
Die neuen zweijährigen Berufe:
- Fachkraft Küche
- Fachkraft für Gastronomie (Schwerpunkt: Systemgastronomie oder Restaurantservice)
Die neuen dreijährigen Berufe:
- Koch/Köchin
- Fachmann/Fachfrau für Systemgastronomie
- Fachmann/Fachfrau für Restaurants und Veranstaltungsgastronomie
- Hotelfachmann/Hotelfachfrau
- Kaufmann/Kauffrau für Hotelmanagement